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Schängels Schatten

Titel: Schängels Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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noch im Knast gelandet. Wegen Unterschlagung von Beweismitteln oder so was.«
    »Dafür stecken sie Minderjährige nicht in den Knast.«
    »Du weißt ja gut Bescheid.«
    Mike seufzte, und Carola schwieg. »Mir kommt das alles so unwirklich vor«, sagte er leise.
    »Das verstehe ich.« Sie nagte einige Momente an ihrer Unterlippe. »Gut«, sagte sie dann. »Ich gebe dir einen Hinweis. Ich hoffe, der überzeugt dich. Auf der Klettertour, auf der ich den Koffer versteckt habe, wurde ich beobachtet.«
    »Und?«
    »Die Sache stand etwas später in der Zeitung.«
    »Was? Dann ist das Geld doch garantiert weg. Wenn die Zeitung dahinter gekommen ist.«
    »Ich wurde nicht erkannt. Es haben nur ein paar Leute die Polizei gerufen. Die Polizisten haben mich von weitem gesehen, als ich die Tour schon fast hinter mir hatte. Und dann bin ich abgehauen. Niemand weiß, dass ich dabei etwas versteckt habe.«
    »Hast du es etwa im Denkmalsockel am Deutschen Eck deponiert?«, fragte Mike.
    »Nur weil ich damals da rauf bin? Ganz kalt. Da müsste man ja damit rechnen, dass es bei irgendwelchen Umbauarbeiten gefunden wird. Mehr sage ich nicht. Entscheide dich.«
    »Was soll denn das für ein Hinweis sein? Zeig mir den Zeitungsartikel.«
    »Nein. Dann weißt du, wo es ist.«
    »Ist das dein letztes Wort?«
    »Ja.«
    »Und was erwartest du jetzt von mir?«
    »Dass du versprichst, mir zu helfen, und die Sache durchziehst.«
    »Zeigst du mir den Artikel, wenn ich zusage?«
    »Vielleicht.«
    »Und wenn ich mich dann aus dem Staub mache?«
    Carola sah ihn ruhig an. »Das machst du nicht. Da müsste ich mich schon sehr in dir täuschen.«
    Plötzlich überkam ihn ein Gefühl, das er damals oft empfunden hatte, das aber in Vergessenheit geraten war. Das Gefühl, dass Carola viel mehr über sein Innenleben wusste als er über ihres. Mein Gott, was war das nur für eine Frau. Sie wusste, was sie wollte, und sie machte es möglich. Sogar, nachdem sie durch den Unfall die Niederlage ihres Lebens hatte einstecken müssen.
    »Warum traust du mir dann jetzt nicht und erzählst mir alles?«, fragte er.
    »Weil du mir schon ein bisschen entgegenkommen musst.«
    Mike fiel etwas ein. »Du hast mir noch nicht gesagt, warum du Erkundigungen über mich eingeholt hast.«
    »Ich musste dich finden. Ich musste überlegen, ob es überhaupt Sinn hat, dich anzurufen.«
    Er nickte. Das war eine Erklärung. »Wie lange müsste ich in Koblenz bleiben?«
    »Weiß ich nicht genau. Ich hoffe, dass in einer Woche alles über die Bühne ist.«
    »So lange?«
    Carola sah Mike prüfend an. »Riskier es«, sagte sie. »Riskier endlich mal was in deinem Leben. Du bist doch ein Schängel, oder?«
    »Was?«
    »Du bist in Koblenz geboren. Also bist du ein Schängel.«
    »Und was hat das damit zu tun?«
    Ihr Blick änderte sich. Plötzlich grinste sie hintergründig. »Du kennst doch das schöne Lied ›Dat Kowelenzer Schängelche‹.«
    »Wer kennt das nicht? Hör mir doch damit auf.« Sie wollte ihn auf den Arm nehmen, und er konnte nichts dagegen tun.
    Carola lächelte ihn verschwörerisch an und sang die Melodie, die Mike seit Ewigkeiten nicht mehr gehört hatte. Schließlich kam sie an die Stelle, wo es heißt: »Es es vur kainem bang, / On singt sei Lewe lang …« Dann lachte sie und sagte: »Singen tust du zwar nicht, aber dafür spielst du Klavier – das kann man gelten lassen. Aber deine Bangigkeit; die solltest du als echter Schängel endlich mal loswerden.«
    Mike schwieg betreten. Und Carola machte weiter. Sie hob den Zeigefinger. »Und was ist mit der Stelle? Pass auf: ›Et niemols dä Humor verleert, / Dä Kopp nie hänge lässt. / Et singt on pfeift, es kreuzfidel, / On heppt grad wie en Spatz, / On wer met imm käi Spaß verstieht, / Dat es en Bullewatz‹.« Sie senkte den Finger wieder. »Ich glawe, dau bes en Bullewatz, Mike.«
    Mike seufzte. Tatsächlich. Das war die alte Carola.
    Wie hatte er daran nur zweifeln können?
     
    Eine Viertelstunde später saßen sie in Carolas VW Passat-Kombi und fuhren zur Mosel hinunter. Mike hatte gestaunt, wie geschickt sie mit Hilfe von zwei Krücken aus dem Rollstuhl gestiegen war, ihn zusammengeklappt ins Auto verfrachtet und sich dann hinter das Steuer gesetzt hatte. Neben dem Lenkrad sah Mike ein paar Spezialhebel. »Behindertengerecht«, erklärte Carola nur, als sie seinen Blick sah.
    »Wo wir uns so lange nicht gesehen haben, sollten wir wenigstens zur Feier des Tages essen gehen«, hatte Carola gesagt. Zum Glück

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