Schängels Schatten
Um den Kaiser auf dem Deutschen Eck.«
»Was?«
»Das Denkmal!«
Mike sah sie erstaunt an. »Carola hat über das Denkmal auf dem Deutschen Eck recherchiert?«
Frau Ramann nickte. »Das hat auch was mit diesem Netz zu tun. Richard und Wilfried und der Kaiser.«
»Das verstehe ich nicht.«
Sie griff nach der Flasche, nahm einen Schluck und sah Mike ratlos an. »Mich dürfen Sie nicht fragen. Reden Sie noch mal mit Frau Zerwas.«
Entlang der Baustelle konnte er nur schleichen. Quälend langsam ging es in Richtung Rheinbrücke. In der Innenstadt angekommen, parkte Mike den Wagen in der Tiefgarage am Görresplatz und freute sich jetzt schon darauf, dass es später in dem Peugeot schön kühl sein würde. Dann suchte er die Fußgängerzone ab.
Am Altlöhrtor wurde er fündig. Die Buchhandlung Reuffel unterhielt hier ein Internet-Café. Das sagte zumindest ein Schild am Eingang über den Ramschtischen.
Mike betrat das Geschäft und ging über eine geschwungene Treppe in den ersten Stock. Über einem Grüppchen von vier Computerbildschirmen hing ein weiteres Schild. Eine halbe Stunde Internet kostete zwei Euro fünfzig. Das war zu verkraften. Er brauchte nur noch jemanden, der ihm beim Surfen half.
Im Moment ging sowieso nichts. Alle vier Rechner waren besetzt. An dreien saßen Jugendliche, an dem vierten war ein Mann mit einem Jungen zugange und gab Internet-Unterricht.
»Schön die Maus bewegen, Heinz. Und jetzt – Klick.«
Der höchstens acht Jahre alte Heinz klickte, und auf dem Bildschirm erschien so etwas wie die Zeichnung einer Schatzinsel – mit Schloss in der Mitte und kleinen Dörfern drum herum.
Mike tat so, als würde er sich für die Schulbücher neben den Computerterminals interessieren, und blickte den beiden über die Schulter. Sie waren auf der Website von Disneyland Paris. Mike ging auf die andere Seite und sah den drei anderen Surfern zu. Sie waren auf irgendwelchen englischen Seiten, die blitzschnell wechselten. Den Blick fest auf die Monitore gerichtet, bedienten die Jugendlichen die Mäuse so schnell wie ein Funker sein Morsegerät. Sie bemerkten Mike gar nicht.
Endlich war für das Vater-Sohn-Duo die halbe Stunde herum. Mike sprach mit einer Verkäuferin, beantragte ebenfalls dreißig Minuten und stand dann ratlos vor dem Bildschirm.
»Kannst du mir vielleicht helfen?«, sprach er einen der drei Jungs an. Er war blass und etwa fünfzehn Jahre alt.
»Meinen Sie mich?« Er nahm den Blick nicht vom Schirm. Mike nickte, obwohl der Junge es wahrscheinlich gar nicht richtig wahrnahm.
»Ich suche eine bestimmte Information, aber ich weiß nicht, wie das funktioniert.«
Der andere morste weiter. »In ein paar Minuten ist meine Zeit hier um, dann komme ich rüber.«
Mike wurde ungeduldig. Er wollte endlich aus dem Gerede der Frau schlau werden. »Komm sofort, und ich drück dir drei Euro in bar in die Hand.«
»Erst sehen.«
Mike ging auf die andere Seite und legte dem Jüngling eine Münze auf die Tastatur.
»Das ist nur ein Euro.«
»Den Rest gibt’s, wenn du mir geholfen hast.«
Ohne den Blick vom Bildschirm zu nehmen, griff er mit der Linken nach dem Geldstück und ließ es in der Hosentasche verschwinden. »Und-finito.«
Er kam zu Mikes Computer. »Was suchen Sie denn?«
Mike erklärte ihm, dass es eine Internetseite eines gewissen Richard Nair geben müsse. »Das ist wahrscheinlich ein Industrieller aus den USA.«
»Absolut easy. Versuchen wir es erst mal mit Google.«
Mike konnte nicht nachvollziehen, was der Junge da alles eintippte und wo er sich durchklickte.
Es ging rasend schnell. »Hallo!«, sagte er, kaum dass er angefangen hatte. »Da haben wir was. Das ist es.«
Er hielt die Hand auf. Mike ignorierte ihn. Im oberen Bereich des Bildschirms waren in schwungvoller Schrift die Worte »Fantasy World« zu lesen. Dann begann, von Fotos durchsetzt, ein längerer Text in englischer Sprache.
»Was ist jetzt mit dem Geld?«, drängte der Junge.
»Kann man das irgendwie ausdrucken?«, fragte Mike.
»Kein Problem. Nur hier oben auf das Druckersymbol klicken. Und hier an der Seite können Sie weiter nach unten rollen. Die unterstrichenen Felder bringen Sie weiter. Auf andere Seiten. Alles klar? Ich muss jetzt weg.«
Mike gab ihm ein Zwei-Euro-Stück, und der Junge verschwand.
So weit Mike den Text verstand, war »Fantasy World« die Firma, die Richard Nair in den fünfziger Jahren gegründet hatte. Was hier stand, war die Firmengeschichte. »Fantasy World« sorgte
Weitere Kostenlose Bücher