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Schaerfer als Wasabi

Schaerfer als Wasabi

Titel: Schaerfer als Wasabi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Rank
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an. „Was meinst du, wie lange ich gebraucht habe, mich daran zu gewöhnen, dass er mich auf offener Straße nicht umarmen oder gar küssen wollte.“ Sie kicherte leise. „Das war völlig unvorstellbar für ihn. Aber er ist ein guter Mensch und liebt seine Familie mehr als alles andere.“
    Katsuro senkte den Blick und zuckte mit den Schultern.
    „Ja, aber Mitsuko umarmt und verhätschelt er ja auch.“
    „Ach sie ist erst elf – und mit Töchtern spinnen Väter immer besonders herum.“ Sie strich ihm über die Wange. „Mach dir nicht so viele Gedanken, Katsuro. Nimm deinen Vater einfach so, wie er ist.“
    Katsuro nickte. Sie verstand ihn nicht – was hatte er auch erwartet?“
    „Du wirkst allgemein sehr nachdenklich und ruhig. Was ist los, Schatz? Fühlst du dich unwohl in der Wohngemeinschaft? Oder in der Universität?“ Sie musterte ihn besorgt. Katsuro schüttelte den Kopf.
    „Das ist es nicht.“ Er zuckte mit den Schultern. „Es … geht um einen meiner Mitbewohner.“ Katsuro fuhr mit dem Zeigefinger die feine Maserung des Mahagoni-Tisches nach. Seine Wangen brannten, er spürte, dass er rot wurde. „Ich mag ihn, aber … ich bin mir nicht sicher, ob ich schon darüber reden will, bitte sei mir nicht böse. Vielleicht zu einem anderen Zeitpunkt.“
    „Ich bin dir nicht böse, wenn du versprichst, dass ich mir keine Sorgen machen muss.“
    „Das musst du ganz bestimmt nicht.“ Er grinste verspannt.
    In diesem Moment wurde die Wohnungstür aufgeschlossen.

    Katsuros Vater war ein stattlicher Mann mit bereits leicht ergrauten Schläfen.
    „Da bist du ja endlich, Liebling. Wir haben schon auf dich gewartet.“ Katsuro und seine Mutter erhoben sich, um das Familienoberhaupt zu begrüßen. Anna küsste ihn auf die Wange, er quittierte dies mit einem knappen Lächeln. Dann kam er auf Katsuro zu.

    „Katsuro-Kun … wie ist es in München?“, fragte er auf Japanisch. Er streckte Katsuro die Hand entgegen. Katsuro erwiderte den Gruß in seiner Muttersprache und deutete eine Verbeugung an.
    „Otosan. Es ist besser, als ich gedacht hatte. Ich komme gut zurecht, danke.“
    „Schön, das freut mich.“ Katsuros Vater sah sich im Raum um. „Wo ist mein kleiner Sonnenschein?“
    „Sie schläft. Mitsuko war schon sehr müde“, antwortete Anna, während sie ein Glas aus dem Wohnzimmerschrank nahm und es auf den Tisch stellte.
    „Oh“, machte Katsuros Vater, seine Enttäuschung war offensichtlich. Dann blickte er auf seine Armbanduhr und nickte. „Wieder sehr spät heute, aber gutes Training.“ Sein Deutsch klang etwas abgehackt, aber er war immer bemüht, sich mit seiner Familie in zwei Sprachen zu unterhalten. Während Anna in die Küche ging, um das Essen für ihn aufzuwärmen, musterte er Katsuro. „Möchtest du Sonntag wieder Anfänger unterrichten, Katsuro-Kun?“
    Katsuro nickte. „Ja gerne. Ich freue mich schon darauf.“
    Zeit mit ihm zu verbringen genoss Katsuro sehr, im Dojo war ihre Verbindung viel enger als zu Hause. Wenn es um Karate ging, hatten sie immer etwas zu besprechen, doch bei privaten Dingen hielt sich sein Vater sehr zurück – besonders seit er von Katsuros Homosexualität wusste. Es war als hätte er Angst, dass Katsuro ihm etwas davon erzählte.
    Anna kam mit einer Flasche Weißwein und Mineralwasser zurück und setzte sich wieder. Sie versuchte stets zu vermitteln und das Gespräch aufzulockern, doch das gelang ihr nicht immer. In solchen Momenten kam sich Katsuro manchmal fast wie ein Eindringling in der eigenen Familie vor.

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    Nick saß im Wohnzimmer auf dem Sofa und starrte gedankenverloren vor sich hin. Der Zustand seines Zimmers hatte ihn so aufgewühlt und verwirrt, dass er am liebsten sofort wieder abgereist wäre. Doch er war geblieben, um sich die Gründe des „Umbaus“ anzuhören. Er schrak auf, als die Wohnungstür zufiel und Stimmen zu hören waren. Seine Mutter betrat gut gelaunt und kichernd das Wohnzimmer, gefolgt von Stefan. Als sie Nick erblickte, hob sie die Mundwinkel zu einem gezwungenen Lächeln, ihre Augen sprachen die Wahrheit.
    „Oh, bist du schon lange da? Hast du meinen Zettel gesehen?“ Sie kam auf ihn zu und streckte ihm die Hand hin. Die Hand!
    Nick erhob sich und verschränkte demonstrativ die Arme vor der Brust.
    „Ja, habe ich. Aber erstens mag ich keine alten Schnitzel und zweitens, was ist mit meinem Zimmer passiert?“
    Als Stefan abfällig grinste, ballte Nick die Fäuste und knirschte mit den Zähnen. Er musste sich

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