Schaerfer als Wasabi
hätte Katsuro gerne etwas geschenkt. Nick nahm das Päckchen, und sie sahen sich einige Sekunden lang in die Augen, ohne ein Wort zu wechseln. Darauf folgte schüchternes Lachen. Bildete Nick sich das nur ein, oder benahmen sie sich gerade wie pubertäre Mädchen im Zahnspangenalter? Er blickte auf seine Armbanduhr, um irgendetwas Sinnvolles zu tun, als Katsuro das Schweigen brach.
„Das macht doch nichts. Ist ja auch wirklich nur eine Kleinigkeit. Hey, mach es einfach auf, wenn wir zurückkommen, okay? Wir sind spät dran und es läuft ja nicht weg.“
„Okay.“ Nick steckte das Päckchen in seine Reisetasche und folgte Katsuro nach unten. Katsuro klopfte bei seinen Eltern, kurz darauf öffnete Mitsuko die Tür. Sie zog eine Schnute und verschränkte die Hände vor der Brust.
„Ich will auch mal auf eine richtige Sylvesterparty“, schmollte sie und blickte Nick mit ihren großen, schwarzen Knopfaugen an.
„Mitsuko-chan.“ Anna erschien lächelnd hinter ihr und legte eine Hand auf ihre Schulter.
„Wenn du älter bist, nimmt dich Katsuro bestimmt einmal mit. Wir sehen uns um zwölf mit Papa das Feuerwerk an, okay?“
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Als sie die Haustüre hinter sich schlossen, pfiff ihnen ein eiskalter Wind entgegen und sauste in die Krägen und Ärmel ihrer Anoraks.
„Brrrr … es muss mindestens fünf Grad unter Null haben“, stellte Nick fest, während er seinen Schal bis zum Kinn hinauf zog.
Katsuro nickte. „Es ist nicht weit, etwa zehn Minuten zu Fuß.“ Er steckte die Hände in die Taschen seines Anoraks. „Danach können wir uns ja von innen aufwärmen.“
„Auf jeden Fall!“, stimmte ihm Nick zu.
„Weißt du, in Japan gibt es kein Sylvester in dem Sinne, so wie ihr es feiert.“
„Nein?“, entgegnete Nick erstaunt.
Katsuro schüttelte den Kopf. „Wir feiern nicht am 31. Dezember. An diesem Tag wird man bei uns eher sehr still und besinnlich – ähnlich wie bei euch an Heiligabend. Am 1. Januar und die darauffolgenden Tage wird das neue Jahr mit verschiedenen Festen begrüßt. Es gibt auch kein Feuerwerk – das hab ich das erste Mal hier in Deutschland gesehen.“
„Wow … das wusste ich gar nicht.“
„Deswegen freue ich mich darauf auch am Meisten!“, grinste Katsuro.
Vierzehn
„Mein Cousin hat sie manchmal nicht alle“, warnte Katsuro Nick mit einem Augenzwinkern. „Aber er ist echt okay, du wirst ihn mögen.“ Er musste ein paar Mal klingeln, bevor jemand die Türglocke hörte. Die Party war offensichtlich bereits in vollem Gange, was die laute Musik und das Stimmengewirr im Inneren des Hauses verriet. Ein Typ mit einer Bierflasche in der Hand
öffnete die Tür. Als er Katsuro sah, stieß er einen Freudenschrei aus.
„Heeeeyyyy Alter, krass, dass du da bist! Das wird so geil, ich schwör’s dir!“ Er zog ihn mit der freien Hand an seine Brust und umarmte ihn kurz. „Jetzt siehst du endlich mal, wie dein Cousin das neue Jahr begrüßt – zieh dich warm an, das wird ’ ne fette Party!“
Katsuro klopfte ihm auf die Schulter und lachte auf. Dann warf er einen Blick zurück und fixierte Nick.
„Sag ich doch“, flüsterte er und rollte belustigt mit den Augen.
„Das ist mein Cousin Andy. Andy, das ist Nick.“
„Hey Nick, was geht?“ Der Typ, der ihm die Hand reichte, sah seinem Vater Tobi sehr ähnlich, die gleichen grauen Augen musterten ihn gut gelaunt. Andy war etwas jünger als Nick und Katsuro – vielleicht siebzehn oder achtzehn.
„Hi!“ Nick fiel vor Nervosität nichts Besseres ein. Super. „Ähm … ich hab eine Kleinigkeit mitgebracht.“ Er reichte Andy die Tasche mit dem Bier und den Knabbereien, die Katsuro und er noch eingekauft hatten.
„Geil, danke.“ Andy zog die beiden ins Haus und schloss die Tür. „Schmeißt eure Jacken irgendwo hin, ist alles schon voll.“ Er deutete auf die Garderobe, die tatsächlich sehr überfüllt war. Viele Jacken lagen bereits auf dem Boden. Sie warfen ihre dazu und gingen hinüber ins Wohnzimmer. Der Raum war groß, ein paar Leute tanzten bereits, andere standen herum und unterhielten sich lautstark, während Robbie Williams „Let me entertain you“ aus den Lautsprechern schmetterte.
„Wow, tolle Stimmung hier!“, sagte Nick laut, damit Andy ihn trotz der Musik verstehen konnte. Gleich darauf verfluchte er sich innerlich. Wo war seine Coolness geblieben? Wann und wo hatte er sein Selbstbewusstsein verloren?
Andy nickte jedoch zustimmend. Der Raum war etwas abgedunkelt, Lichtmaschinen und eine
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