Schafkopf
Interesse an seinem Tod, dass …« Falcking senkte die Stimme und sah sich erneut um. In der Dunkelheit war aber ohnehin nichts zu erkennen. »Dass er einen Killer anheuert?«, flüsterte er. »Da bleiben außer Ihnen nicht viele Möglichkeiten.«
Susi atmete in kurzen Stößen. Sie war in Gefahr zu hyperventilieren. Falcking nahm ihre Hand. »Das wird nicht passieren. Die haben den Mann wegen eines anderen Mordes verhaftet. Und vielleicht ermitteln sie wegen diverser Verbrechen, die er schon begangen hat. Die Sachen, die er noch vorhatte, interessieren die Polizei nicht.«
Susi nickte und atmete etwas langsamer.
»Der Mann wird nichts verraten. Der ist Profi. Der lebt von seiner Verschwiegenheit.«
»Was ist mit dem Geld?«, hauchte Susi.
In Falckings Blick lag der Schmerz eines Mannes, den seit langer Zeit Magengeschwüre quälen. »Ich will Ihnen nichts vormachen. In der Branche gibt’s kein Geld zurück.«
Die junge Frau schluckte. Ihr Vater und ihr Bruder hatten sich die zehntausend Euro Anzahlung bei drei verschiedenen Geldverleihern gegen Wucherzinsen geborgt. Für die Tilgung des Darlehens hätte man auf die hundertsiebzigtausend zurückgegriffen, die Zimbeck jetzt im Keller des Wirtshauses in einem Stahlschrank aufbewahrte. Susi hatte gesehen, wie er das Geld darin verstaut hatte. Es war kein Panzerschrank. Aber er war so massiv, dass Susi keinen Gedanken daran zu verschwenden brauchte, ihn zu öffnen. Mit etwas Zeit und einem Schweißgerät hätten Harry und ihr Vater die Tür aufbekommen. Vorausgesetzt, Zimbeck wäre tot gewesen. Man hätte sich freilich beeilen müssen. Die Polizei hätte sehr bald nach dem Anschlag das Wirtshaus durchsucht. Jetzt war Zimbeck noch am Leben und die Lintingers hatten zehntausend Euro Schulden bei Leuten, die nicht den Gerichtsvollzieher schickten, um ihre Forderungen einzutreiben, sondern Männer, die einem die Arme brachen. Weitere zwanzigtausend schuldeten sie Zimbeck. Auch Zimbeck verstand sich aufs Armebrechen.
»Ich brauch das Geld zurück«, flehte Susi Lintinger. »Es passiert ein Unglück, wenn ich das Geld nicht wiederbekomme.«
»Es tut mir furchtbar leid«, sagte Falcking. »Ich bin durch diese Sache selbst in Schwierigkeiten geraten. Das können Sie mir glauben.«
Susi wusste nicht genau, was für Schwierigkeiten Falcking meinte, fragte aber lieber nicht nach.
»Es war ein Fehler. Wir hätten das nie tun sollen. Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist. Es ist unglaublich!« Falcking lachte hysterisch auf. »Ein unbescholtener Anwalt lässt sich mit Verbrechern ein! Ich kann das immer noch nicht fassen!«
Er ließ das Gesagte ein wenig nachklingen. Ein Käuzchen sorgte für dramatische Untermalung. Den nächsten Satz presste Falcking mit erstickter Stimme hervor: »Sie haben mir einfach so leidgetan.«
Er schaffte es, Susi mit vor Leid verzerrtem Gesicht in die Augen zu sehen. Susi liefen zwei Tränen die Wangen hinunter. Ein letzter schicksalsergebener Blick auf den Boden. »Ich hoffe, wir kommen da beide mit heiler Haut raus. Ich hoffe es wirklich.« Falcking drückte ihr kurz mit beiden Händen die Schultern, dann wandte er sich ab und ging zu seinem Wagen.
Zwanzig Minuten später saß Falcking in seinem Bürostuhl, trank billigen Whisky und hielt ein Bündel Geldscheine in der Hand. Reich wurde man mit der Masche nicht. Zwanzigtausend im Jahr, wenn’s gut lief, fünfzig. Steuerfrei. Man konnte leben und einen Teil seiner Schulden abbezahlen. Falcking war fast quitt mit der Leitzachziegel AG . Fünftausend Euro standen noch aus. Er zählte zweitausendfünfhundert von dem Geldbündel ab und legte den Betrag auf die Seite.
Das Geschäft war mühsam und risikoreich. Die meisten Frauen brachte er nicht dazu, laut über einen Mord nachzudenken. Sie verließen sein Büro, und er schrieb sie ab. Die, mit denen er über das Thema Killer gesprochen hatte, meldeten sich meistens nicht mehr, wenn ihnen klar wurde, auf was sie sich einlassen würden. Ganze fünf Frauen hatten sich entschlossen, bis zum Äußersten zu gehen, und ihm Geld gegeben. Vier davon hatten nie wieder von sich hören lassen, nachdem er ihnen von dem verhafteten Killer erzählt hatte. Ob sie ihm glaubten oder nicht, wusste Falcking nicht. Es war auch belanglos, solange sie stillhielten. Eine hatte ihre beiden Brüder geschickt, die drohten, das Geld aus Falcking herauszuprügeln, wenn er es nicht freiwillig zurückgab. Er gab es zurück.
Susi Lintinger ging ihm nicht aus dem
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