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Schafkopf

Schafkopf

Titel: Schafkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Föhr
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Kopf. Es war nicht das erste Mal, dass es Tränen gegeben hatte. Sie waren entweder apathisch oder heulten, wenn er ihnen die Geschichte vom verhafteten Killer erzählte. Mit der Zeit hatte er angefangen, seine Klientinnen zu verachten. Im Grunde waren es feige Kreaturen, die lieber einen Profikiller bezahlten, als sich mit Anstand von ihrem Partner zu trennen. Er betrachtete sich inzwischen gar als Teil einer höheren Gerechtigkeit, die solchen Menschen für ihr schändliches Ansinnen eins hinter die Löffel gab.
    Falcking goss den Rest der Flasche ins Glas. Er war ganz unten angekommen. Er war eine Schmeißfliege und ernährte sich von Scheiße.
    Susi Lintinger hatte ihn mehr angerührt als die anderen Frauen, die er um ihr Geld betrogen hatte. Falcking wusste nicht genau, warum. Vielleicht wurde er alt und rührselig. Vielleicht war es, weil er der Frau ansehen konnte, dass man sie von Geburt an um ihr Leben betrogen hatte. Aber das traf auf die meisten zu, die ihm Geld gaben, damit er ihnen wenigstens das schlimmste Joch ihrer armseligen Existenz abstreifte. Da war noch etwas anderes: Susi Lintinger war nicht nur verzweifelt – sie war auch verliebt. Er kannte den Kerl nicht. Womöglich war er nicht besser als der, den sie gerade loswerden wollte. Aber irgendetwas sagte ihm, dass der neue anders war. Dass er die junge Frau liebte und sie gut behandeln würde. Wenn es da nicht den einen gäbe, der zwischen ihnen stand. Susi Lintinger hatte die Chance, ihrem Leben endlich ein bisschen Glück abzuringen. Und sie wollte es so verzweifelt, dass sie bereit war, sich einen Mord aufs Gewissen zu laden.
    Ironischerweise hätte auch Falcking nichts dagegen gehabt, wenn jemand Peter Zimbeck aus dem Weg geräumt hätte. Der Mann hatte ihm fast zweihunderttausend Euro gestohlen, hatte seine Karriere beendet und seine Ehe ruiniert. Wegen Zimbeck lag Falckings Leben in Trümmern. Falcking fragte sich, ob von dem Geld noch etwas übrig war und wenn ja, wo es sein mochte. Vermutlich hatte Zimbeck es verschleudert oder verzockt. Aber vielleicht war ja doch noch etwas da. Schließlich hatte Zimbeck die meiste Zeit seit damals im Gefängnis verbracht. In dem Fall hätte man mit Susi Lintinger – falls sie überhaupt etwas von dem Geld wusste – einen Deal machen können. Etwa: Die Hälfte des Geldes zurück gegen den Tod von Peter Zimbeck. Nur – Falcking war kein Mörder. Auch keiner, der einen Mord in Auftrag gab. Er war ein Betrüger, Leutebescheißer, Parasit, der in den Exkrementen der Gesellschaft wühlte. Das war er, ohne Zweifel. Aber Mord war nicht sein Ding. Dafür müsste er eine ganz andere Grenze überschreiten. Und vor einem solchen Schritt hatte er unüberwindliche Angst.
    Falcking trank den letzten Schluck Whisky. Vermutlich war Susi Lintinger nicht einmal klar, dass ihr Freund Zimbeck ihn vor zwei Jahren ausgeraubt hatte. Die Sache mit der EC -Karte war nur eine von vielen Straftaten gewesen, die Zimbeck begangen hatte. Und gewiss eine der harmloseren.
     
    Zur gleichen Zeit hockten drei Menschen in einem verrauchten Bürocontainer, denen ein Mord weniger Probleme bereitete als Falcking. Jedenfalls, solange sie nicht selbst den Finger am Abzug hatten und solange das Opfer Peter Zimbeck hieß.
    »Jetzt verhaften die den Killer! Mir ham aber auch ein Pech, des gibt’s ja gar net«, jammerte Harry Lintinger.
    »Ja Herrgott noch amal! So blöd wie du kann doch keiner sein!«, tobte Johann Lintinger. Sein Sohn sah ihn fragend an.
    »Ja schau net so deppert. Der Rechtsverdreher hat uns übern Leisten zogen. Der hat die Kohle eing’strichen und sauft grad an Schampus auf unser Wohl, der Dreckhammel, der elendige.«
    »Das glaub ich net, Papa. Der is wegen der G’schicht jetzt selber in Schwierigkeiten«, sagte Susi.
    »Ja, ja. Freilich.« Johann Lintinger hustete verärgert und nahm einen Schluck Bier aus der Flasche. »Lasst du dich von dem auch einseifen oder was? Hast denn gar nix g’lernt von mir?«
    »Ja Scheiße. Und was mach ma jetzt?«, maulte Harry Lintinger. »Die zehn Riesen kannst jedenfalls haken.«
    »Jetzt wird’s Zeit, dass mir uns die hundertsiebzig im Wirtshauskeller untern Nagel reißen.«
    »Wie des jetzt?«
    »Denk amal nach.«
    Harry Lintinger dachte nach. So lange, bis ihm eine Idee kam. »Mir locken den Zimbeck weg und schweißen den Schrank auf – so mach ma’s, oder?« In Harry keimte Hoffnung auf.
    »Red halt net so an Schmarrn!«, bügelte Johann Lintinger seinen Sohn zurecht.

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