Schafkopf
»Der wenn des entdeckt, samma alle drei tot. Am besten haltst einfach’s Maul und hörst zu, okay?«
Harry Lintinger zuckte mit den Achseln.
»Zwischen uns und der Kohle stehen genau zwei Dinge: eine nicht besonders dicke Stahltür – und der ehrenwerte Herr Zimbeck. Die Stahltür kriegen mir selber weg. Und für die Beseitigung vom Herrn Zimbeck hamma bereits bezahlt.« Lintinger blickte triumphierend in die Runde. Aber die Lösung, die er im Kopf hatte, vermittelte sich den beiden anderen offenbar nicht ohne weiteres.
»Und?«, fragte Harry Lintinger verwirrt.
»Wenn ich was bezahl, dann will ich’s auch haben. Ganz einfach.«
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58 . Kapitel
L utz hatte sich durch den Nebel ins Mangfalltal gekämpft. Nur noch wenige hundert Meter, und das Wirtshaus käme in Sicht. Lutz hatte Angst, dass ein Wagen davorstehen würde, den er nicht kannte, ein Wagen, mit dem Zimbeck gekommen war. Zimbecks eigener Wagen befand sich in Polizeigewahrsam. Aber für einen wie Zimbeck war es ein Leichtes, sich ein anderes Auto zu besorgen. Als der Parkplatz vor dem Wirtshaus aus dem Nebel auftauchte, stand nur ein einziges Fahrzeug darauf: das von Susi. Susi kniete daneben und schien etwas unter dem Wagen zu suchen.
Was folgte, ging schnell. Susi stand auf und wollte den Wagen öffnen, da kam Zimbeck hinter dem Haus hervor und rannte auf Susi zu. Lutz gab Gas. Kurz bevor Zimbeck Susi erreicht hatte, schob Lutz seinen Wagen zwischen die beiden. Zimbeck prallte gegen die Fahrertür, Susi begriff und stieg zu Lutz in den Wagen, bevor Zimbeck sie daran hindern konnte. Lutz fuhr los, und sie verschwanden im Nebel.
Zimbeck sah den beiden nach. Er keuchte und ballte die Fäuste. Den Mann hinter dem Steuer hatte er gestern schon gesehen. Es war einer von der Polizei. Spurensicherer, wenn er das richtig mitbekommen hatte. Und anscheinend war der Mann auch Susis Neuer, vermutlich ebenjener Lutz, der auf ihrem Handy angerufen hatte. Susis Handy hatte Zimbeck noch. Er konnte die Nummer von Lutz ausfindig machen. Aber das würde nichts nützen. Er würde die Adresse des Mannes nicht mit Hilfe der Handynummer ermitteln können. Vielleicht konnte er mit dem wenigen, das er wusste, im Internet etwas über den Mann herausfinden. Der Computer im Haus war kaputt. Zimbeck hatte ihn bei seinem letzten Wutanfall, in dessen Verlauf er auch Susis Arm gebrochen hatte, gegen die Wand geschleudert. Abgesehen davon war es nicht ratsam, sich weiter im Wirtshaus aufzuhalten. In wenigen Minuten würde es hier von Polizei wimmeln. Zimbeck fiel das iPhone ein, das er zusammen mit dem Wagen erbeutet hatte.
Susi Lintinger zitterte, obwohl Lutz die Heizung im Wagen hochgedreht hatte. Lutz hatte versucht, sie zu beruhigen. Sie würden jetzt zu ihm nach Hause fahren, dort bekomme sie einen heißen Tee und ein warmes Bett. Er würde selbst darüber wachen, dass ihr nichts geschah. Und wenn Zimbeck sich dort blicken ließe, würde er unverzüglich verhaftet werden.
»Ist das eine gute Idee, dass ihr zu dir fahrt?«, fragte Wallner, der in seinem Büro am Telefon saß.
»Was soll ich mit ihr im Büro machen? Sie in die Teeküche setzen?«, sagte Lutz. »Zimbeck hat keine Ahnung, wer ich bin und wo ich wohne. Und wenn er schlau ist, da schaut er, dass er hier wegkommt, solange der Nebel da ist.«
»Na gut. Ich kann dich nicht zwingen. Aber ich schick dir jemanden vorbei, der auf das Haus aufpasst. Sobald ich jemanden entbehren kann. Die sind natürlich jetzt alle auf der Suche nach Zimbeck.«
»Mach dir keinen Stress. Ich pass auf mich auf.«
Wallner legte mit gemischten Gefühlen auf. Lutz hatte recht. Zimbeck wusste nicht, wo Lutz wohnte, und wahrscheinlich nicht einmal, wer er war. Und er hatte vermutlich Besseres zu tun, als nach seiner Exfreundin zu suchen. Aber die Menschen taten nicht immer, was vernünftig war. Vor allem wenn sie unter Stress standen oder Emotionen im Spiel waren. Auf Zimbeck traf beides zu.
Zimbeck war kein Computer-Nerd. Aber er wusste, wie man mit einem iPhone ins Internet gelangte. Zimbecks Zellengenosse hatte illegal ein iPhone besessen. Ganze Nächte hatten sie im Internet gesurft und sich Pornoseiten angesehen, was wegen des kleinen Displays ein eher karges Vergnügen, aber letztlich besser als nichts war. Zimbeck hatte sich immer gefragt, wer eigentlich die Telefongebühren bezahlte. Vermutlich die Jungs, die der Zellengenosse nicht verpfiffen hatte und die da draußen das bei dem Kaufhauseinbruch erbeutete Geld
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