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Schafkopf

Schafkopf

Titel: Schafkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Föhr
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schockiert.«
    »Du bist schockiert?!«, fragte Wallner, nicht ohne eine gewisse Sorge in der Stimme. »Das heißt, die wollte nicht mit dir ins Bett?«
    »Die wollte einfach nur das scharfe Gefühl, mit einem echten Mordermittler auszugehen. Aber dafür auch was tun – da denkt die gar net dran. Früher hätt’s das nicht gegeben. Da haben die Mädels noch einen Anstand gehabt. Heute nützen sie dich nur aus. Mit einem Wort: Ich hab die Sache vorzeitig abgebrochen und bin jetzt im Büro.«
    »Scheint wirklich nicht so prickelnd gewesen zu sein.«
    »Dafür hab ich grad was entdeckt. Und zwar bin ich die Anrufe noch mal durchgegangen, die auf dem Handy vom Kummeder waren. Da sind natürlich auch etliche vom Zimbeck dabei. Und der letzte davon ist äußerst interessant. Der war nämlich exakt zu der Zeit, als der Kummeder erschossen wurde. Da ist der Kummeder nicht mehr drangegangen.«
    »Glaubst du, das deutet auf Zimbeck als Täter hin?«
    »Schwer zu sagen. Aber vielleicht magst du die Nacht mal drüber nachdenken.«
    »Der Zimbeck ist immer noch nicht aufgetaucht?«
    »Nein.«
    »Die sollen weitersuchen. Wir sehen uns morgen früh.«
    Wallner hielt einen Augenblick inne: Zimbeck ist nicht auf dem Riederstein, obwohl er mit Kummeder dort verabredet ist. Er ruft seinen Freund genau zu dem Zeitpunkt an, als der erschossen wird. Was hatte das zu bedeuten? Vielleicht klärte sich alles auf, wenn der Anwalt endlich seine Aussage machte. Aber Wallner hatte so ein Bauchgefühl, dass die Dinge noch komplizierter werden würden.

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21 . Kapitel
    A m nächsten Morgen, einem Montag, lag dichter Nebel über dem Land. Eine undurchdringliche Suppe, die im Gesicht und auf den Brillengläsern haften blieb. Wallner legte den Weg ins Büro zu Fuß zurück, die Hände in den Taschen der Daunenjacke. Die Wollmütze hatte er nicht aufgesetzt, damit die feuchte Luft ihm das Gesicht erfrischte und beim Aufwachen behilflich war. Wallner hatte die halbe Nacht gegrübelt und war zu dem Schluss gekommen, dass er Manfred direkt nach dem Mädchen fragen musste, da sein Großvater offensichtlich im Begriff war, eine Dummheit zu begehen. Das hatte nichts mit Vorurteilen zu tun. Wenn man ehrlich war: Was konnte eine junge Frau schon an Manfred interessieren – außer Geld? Heute Morgen war Manfred vor Wallner wach gewesen, hatte Feuer im Schwedenofen gemacht und Kaffee zubereitet, hätte also für eine vertiefende Befragung zu seinen gestrigen Aktivitäten zur Verfügung gestanden. Dennoch verzichtete Wallner auf eine erneute Vernehmung, denn er war müde und sein Blutdruck im Keller.
    Nach dem viertelstündigen Spaziergang durch das neblige Miesbach und drei Tassen Kaffee war Wallner so weit hergestellt, dass er vor die Sonderkommission treten und den Fahrplan für die weiteren Ermittlungen skizzieren konnte. Die Suche nach Zeugen war nur bedingt erfolgreich gewesen. In der Tat konnten Dutzende Wanderer und Anwohner ausfindig gemacht werden, die verdächtige Personen mit verdächtigen Rucksäcken, Taschen oder gar Gewehren gesehen hatten. Oder glaubten, verdächtige Personen und Gewehre gesehen zu haben. Brauchbares war unter den Aussagen aber noch nicht aufgetaucht.
    Auch fehlte nach wie vor ein Motiv. Es gab diesen vagen Zusammenhang mit dem Verschwinden der Freundin des Opfers zwei Jahre zuvor. Aber wie das zu einem Tatmotiv führen sollte, war unklar.
    Der nächste Punkt waren die Telefongespräche, die Kummeder in den Tagen vor seinem Tod von seinem Handy aus geführt hatte. Janette hatte Wallner eine Liste mit den Nummern und den dazugehörigen Teilnehmern zusammengestellt. Die Liste wurde verteilt. In der Hauptsache habe Kummeder mit seinem Freund Peter Zimbeck telefoniert, referierte Wallner. Der letzte Anruf sei gestern Morgen um sechs Uhr zweiundvierzig eingegangen, aber nicht beantwortet worden. Das dürfte ziemlich genau die Uhrzeit gewesen sein, zu der Kummeder erschossen wurde. Peter Zimbeck habe man noch nicht erreicht, hoffe aber, ihn demnächst befragen zu können.
     
    Nach der Besprechung versammelte Wallner Mike, Tina und Lutz in seinem Büro, um im inneren Kreis über das weitere Vorgehen zu reden. Die Deckenlampen brannten. Der Nebel draußen hatte den Tag in Dämmerung getaucht. Der Dunst war dick, feucht und braun, und kein Laut drang durch. Stille lag über dem Land. Im Zimmer hing Kaffeegeruch. Darin mischten sich Zimt- und Orangennoten. Tina hatte seit einiger Zeit die Angewohnheit, Früchtetees zu trinken.

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