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Schafkopf

Schafkopf

Titel: Schafkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Föhr
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starr in eine Richtung, nahm die Brille ab, putzte sie mit einem Zipfel seines Hemds, sah wieder in die gleiche Richtung und neigte dabei den Kopf hin und her.
    »Was ist?«, fragte Vera.
    »Ich hab da grad was gesehen. Jetzt ist es weg.«
    »Was hast du gesehen?«
    »Etwas Metallisches. Auf dem Waldboden da vorn.«
    Wallner wiegte erneut den Kopf und scannte den laubbedeckten Waldboden. Dann entdeckte er, was er suchte, und ging darauf zu. Ein Stück Metall lag im Laub. Ein Projektil. Er ging vor dem Fund in die Knie und betrachtete das Objekt eine Weile.
    »Eine Gewehrkugel?«, fragte Vera.
    »Sieht so aus.«
    »Vielleicht von der Jagd?«
    »Vielleicht. Sieht aus wie eine Sieben-Komma-zweiundsechzig-Millimeter-Patrone. Die werden bei der Jagd, aber auch militärisch verwendet. Könnte auch aus der Tatwaffe stammen.« Wallner sah nach oben in Richtung Kapelle. Die Flugbahn war durchaus im Bereich des Möglichen. »Hattest du nicht eine Packung Papiertaschentücher dabei?«
    Vera zog die Packung aus ihrer Jacke und reichte sie Wallner. Der nahm die Taschentücher heraus und gab Vera alle bis auf eins zurück. Mit dem Tuch nahm er vorsichtig die Patrone vom Boden auf und ließ sie in den Plastikbeutel fallen.
    »Hat der Mörder zwei Mal geschossen?«
    »Kreuthner hat nur einen Schuss gehört. Aber das heißt nichts. Wer weiß, ob der überhaupt nüchtern war. Ich lass die Kugel auf alle Fälle untersuchen.«
    Fünf Minuten später standen sie auf dem Gipfel. Unter ihnen ein Meer von Watte, aus dem die Gipfel der Berge um den Tegernsee ragten wie die Inseln eines riesigen Atolls. Nach Norden hin verschmolz das Meer mit dem Horizont. Im Süden konnte man bis zu den Zillertaler Gletschern und nach Italien sehen, im Südosten bis zum Großvenediger. Weiße Gipfel auf weißer Watte, eine jungfräulich weiße Welt in der Herbstsonne.
    Sie waren alleine dort oben am Kirchlein. Vera blickte verzückt auf die Märchenwelt unter ihr und vergaß darüber die Kamera. »Schön«, sagte sie. »Wunderschön.«
    Wallner stellte sich hinter sie und legte seine Hand auf ihre Hand, die auf dem eisernen Geländer ruhte. Ihre Finger verschlangen sich ineinander. Sie lehnte sich zurück. Wallner konnte jetzt seine Nase in ihr Haar versenken. Es roch nach Kokos und etwas Exotischem und war weich und heiß von der Sonne.

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25 . Kapitel
    D er Nebel war im Lauf des Tages noch dichter geworden. Sie hatten fast eine Stunde bis Rosenheim gebraucht. Auf der A 8 hatte es wegen der schlechten Sichtverhältnisse mehrere Auffahrunfälle gegeben. Die Meteorologen hielten es für möglich, dass sich der Nebel für länger einrichtete. Grund sei eine außergewöhnlich stabile Inversionslage. Das Land vor den Alpen versank in Dunst und Dämmer. Der Nebel nahm dem Tag so viel Licht, dass sich mittags die Straßenlaternen einschalteten.
    Vera und Wallner hatten sich nach einigen Augenblicken der Nähe wieder Dienstlichem zugewandt, und Vera hatte die Areale am Fuß des Riedersteins abgefilmt, die als Standort des Schützen in Betracht kamen. Die Lichtverhältnisse waren bestens. Kein Detail entging Veras neuem Teleobjektiv. Gegen Mittag hatte Wallner Vera in Miesbach abgesetzt. Sie wollte noch ein bisschen bleiben, sich trotz Nebels den Ort ansehen und ihre Aufnahmen sichten. Wenn es keine Zwischenfälle mit der älteren Verwandtschaft gab, war geplant, zusammen zu Abend zu essen. Um Viertel nach zwölf holte Wallner Mike im Büro ab und fuhr mit ihm nach Rosenheim. Auf der Fahrt berichtete Mike von seinen Bemühungen, Peter Zimbeck aufzutreiben. Im Wirtshaus »Mangfallmühle« war er nicht. Das machte am Montag erst abends auf. Er habe dem Mann mehrfach auf die Box gesprochen, aber keinen Rückruf erhalten. Inzwischen habe er Zimbecks Kfz-Kennzeichen an alle Streifenwagen übermitteln lassen, mit der Bitte, den Burschen nach Miesbach zu bringen, wenn man ihn sehe. Bei dem Nebel sei es aber unwahrscheinlich, dass jemand Zimbecks Wagen sichtete. Da müsste schon einer direkt drauffahren.
    Gregor Pikowski hatte seine Detektei in einem Neubau am Rande der Rosenheimer Altstadt. Die Einrichtung war sachlich, schlicht. Schreibtisch und Regale in Weiß gehalten, Computer ebenfalls. Hightech. Die Professionalität, die die Einrichtung vermitteln sollte, stand im Kontrast zu dem Umstand, dass hier außer dem Detektiv niemand zu arbeiten schien. Pikowski war, wie er zu Protokoll gab, tatsächlich von Kummeder engagiert worden, um Kathi Hoogmüller zu finden.

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