Schafkopf
dagewesen.« Er senkte den Kopf und schob ihn hinein in den Blick von Johann Lintinger, dessen Augen sich in der Tischmitte eingerichtet hatten. »Ich hätt ja zahlen können. Is net wie bei arme Leut bei uns. Aber deine Tochter hat ja gemeint, sie gibt mein Geld lieber der Kathi.«
Lintinger schwieg, wusste nicht, welche Antwort von ihm erwartet wurde.
»Jetzt is die Kathi weg, ’s Geld is weg. Und ich steh saublöd da, weil ich dem Vater von meiner Freundin die Spielschulden net zahlen kann. Wo ja Ehrenschulden sind, wie er immer sagt.«
Lintinger schluckte, starrte weiter auf ein Brandloch, das eine Zigarette vor Jahren auf dem Wirtshaustisch hinterlassen hatte, überlegte, ob er sagen sollte, dass es Kreuthner gewesen war, der das mit den Ehrenschulden gesagt hatte, entschied sich schließlich dafür, den Mund zu halten.
»Was mach ma denn da? Sei so gut und gib mir an Rat – Schwiegervater.«
»Mei – musst es ja net gleich zahlen. Morgen g’langt’s ja auch noch.«
»Was?! Morgen zahlen?! Beim Schafkopfen wird gleich zahlt. Immer schon. Hab ich recht oder wie?«
»An sich schon. Aber man könnt ja mal a Ausnahme machen.«
»Dass du dann rumlaufst und jedem erzählst, mit mir könnt man net schafkopfen. Das tät dir passen.«
Johann Lintinger spürte, dass das Gespräch eine ungute Richtung eingeschlagen hatte. Nur – wohin sie gerade unterwegs waren, das wusste er nicht. Die Unsicherheit machte ihn nervös. »Es erfährt doch keiner. Ist doch Ehrensache.«
»Nein, nein, nein, nein! Du glaubst doch net, dass ich dir altem Gauner auch nur für a Fünferl übern Weg trau. Gezahlt wird jetzt. Du wartst hier. Ich hol’s Geld.« Zimbeck stand auf und ging hinter den Tresen.
»Fährst zum Geldautomaten? Dann wart ich halt. Is doch kein Thema net.«
»Tja – mit dene Geldautomaten is des so a Sach. Die geben mir nix mehr. Zumindest net auf meine Karte.«
Lintinger dachte nach, was Zimbeck ihm damit sagen wollte. Möglicherweise lief das Ganze auf einen vertrackten Deal hinaus, bei dem Zimbeck sein Gesicht wahren konnte, ohne wirklich zu bezahlen. »Soll ich dir meine leihen? Dann kannst uns auszahlen und das, was du geliehen hast, zahlst halt später zurück.«
Zimbeck lächelte. Lintingers Worte erheiterten ihn offenbar. Er schenkte sich hinter dem Tresen einen Obstler ein, kippte ihn runter und verkündete: »Willst mich beleidigen oder was? Des is ja wohl das Blödste, was ich je gehört hab. Wenn ich sag, ich zahl meine Schulden, dann zahl ich sie auch.«
Mit diesen Worten öffnete Zimbeck eine Schublade unter der Arbeitsplatte, griff hinein und fuchtelte unmittelbar darauf mit einer Pistole herum. Beide Lintingers zogen die Augenbrauen hoch.
»Ich organisier jetzt die Kohle. Du wartst hier, und der Harry kommt mit. Da kann er was lernen fürs Leben.«
Lintinger lachte fassungslos und mit einem Unterton von Angst. »He, du bist ja echt a Wahnsinniger!«
»Des glaubst!«, sagte Zimbeck.
»Mir is des wurscht, was du da machst. Mir warten halt hier und halten die Stellung«, schlug Lintinger vor.
»Net
ihr!
Du! Du wartest!« Er sah Harry an, der mit Ehrfurcht auf die Waffe in Zimbecks Hand starrte. »Harry – wie schaut’s aus? Willst amal a richtiger Sauhund werden oder a Weichei wie dein Vater?«
Der alte Lintinger sagte nichts, sah nur seinen Sohn mit Sorge an. »Ich weiß net, ob ich des kann«, sagte Harry.
»Das kann jeder. Für so was brauchst nur eins: a paar Eier in der Hos’n. Also?«
Harry zögerte. Zimbeck warf ihm quer durch den Raum die Waffe zu. Der alte Lintinger sagte leise: »Überleg dir des.« Aber es war kein Nachdruck hinter seinen Worten. Harry betrachtete fasziniert die Pistole.
»Ist die geladen?«
»Probier’s aus.«
Harry Lintinger streckte den Arm aus und zielte auf die Eingangstür.
»He! Net hier herin. Spinnst jetzt?«
Harry ließ die Waffe sinken. Zimbeck kam hinter dem Tresen hervor und nahm Harry die Waffe aus der Hand. »Keine Ahnung, ob die noch geht. Die hat mein Opa dem alten Kreuthner abgenommen.«
»Geh weider! Dem Vater von eahm da?« Lintinger wies mit dem Kopf zur Tür, durch die Kreuthner gerade das Lokal verlassen hatte.
»Na. Am Kreuthner seinem Uropa. Der war Dorfpolizist in Dürnbach. Strammer Nazi. Hat g’meint, er müsst an Heldentod sterben, wie die Amis gekommen sind. Der Depp hat sich mitten auf die Straß gestellt, wie sie einmarschiert sind.«
»Und? Hat er noch a paar erwischt?«
»Quatsch. Die ham ihn einfach
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