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Schakale Gottes

Titel: Schakale Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bergius C.C.
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Büffettfräulein eines am Stadtrand von Olkusz gelegenen Speiserestaurants das herrische Auftreten eines mit einem Fell bekleideten Fuhrmanns mißfiel, der eine Flasche Wodka verlangte, jedoch nur den normalen Ladenpreis zahlen wollte. Sie erklärte ihm weniger freundlich, als es sonst ihre Art war, er solle sich den Schnaps gefälligst im Monopolgeschäft kaufen. Daraufhin nannte er sie eine eingebildete Ziege, spuckte auf den Boden und verließ das Lokal. Empört über sein Benehmen und in der Absicht, ihm eine Grobheit nachzurufen, lief sie zum Fenster. Sie machte ihr Vorhaben aber nicht wahr, weil sie auf dem Fahrerbrett des Kastenwagens einen Mann sitzen sah, dessen feingeschnittenes, blasses Gesicht sie faszinierte. Er hatte sich eine Wolldecke übergeworfen und hielt die Zügel wie jemand, der nicht damit umzugehen versteht. Der Fuhrmann stieg krakeelend auf den Wagen und griff unwirsch nach der Pferdeleine, wodurch die Wolldecke seines Begleiters für einen Moment auseinanderfiel und die Soutane eines Priesters sichtbar wurde.
    »Jessuss!« entfuhr es der Mamsell. »Das ist ja …« Sie griff sich erschrocken an den Mund. Sollte sie einen Mann verraten, der so sympathisch aussah? Wie in Trance kehrte sie zum Buffet zurück, wo sie versponnen ihrer Arbeit nachging, bis sich das Restaurant mit den Mittagsgästen füllte. Unter ihnen befanden sich auch einige Honoratioren der Stadt, und sie konnte plötzlich der Versuchung nicht widerstehen, sich in den Mittelpunkt zu stellen. Sie erzählte, was sie gesehen hatte, und dramatisierte ihre Schilderung so gut wie möglich.
    Ein unerwarteter Tumult war die Folge. Der Kreissekretär hielt es für seine Pflicht, sofort die Polizei zu verständigen, doch der Wirt war dagegen. Er traute seiner Angestellten nicht, vermutete Wichtigtuerei. Das führte zu einem Streit, in dessen Verlauf die meisten Gäste den Standpunkt des Wirtes einnahmen. Dies wiederum veranlaßte den um sein Ansehen besorgten Kreissekretär, von seinem Vorhaben Abstand zu nehmen.
    Später aber, als er in sein Büro zurückgekehrt war, informierte er die Polizei. Diese alarmierte Kriminalmeister Bobak, der in Anbetracht der Tatsache, daß das Restaurant an der Straße nach Trzebinia lag, unverzüglich die dortige Gendarmerie verständigte und sich mit einer schnellen Droschke in die fast an der Grenze gelegene Stadt bringen ließ. Doch er kam zu spät. Man eröffnete ihm, daß der Fuhrmann, den man mühelos hatte stellen können, ohne Begleitung gewesen war. Er streite nicht ab, einen Priester als Fahrgast gehabt zu haben, und sei stolz darauf gewesen, ihn zu dem in der ganzen Gegend bekannten Grenzgänger Wadas gebracht zu haben. Beide hätten sich noch in der gleichen Stunde auf einem Schleichweg in das von Österreich besetzte Gebiet begeben. Abschließend habe er zu Protokoll gebracht: ›Mein Fahrgast war ein echter Priester. Er hat während der ganzen Fahrt im Brevier gelesen. Und er hat Wadas und mir je zwanzig Rubel gegeben, was beweist, daß er kein Verbrecher, sondern ein feiner Herr ist.‹
    Da Pawel Bobak sich in Galizien nicht betätigen durfte, rief er schweren Herzens das Kriminalamt in Krakau an und bat den zuständigen Kommissär, den Fall für ihn zu übernehmen. »Viel werden Sie nicht zu tun bekommen«, tröstete er den Beamten. »Ich gehe jede Wette ein, daß Pater Rochus nach Krakau fahren wird. Natürlich als Priester verkleidet. Wenn Sie den Bahnhof bewachen, läuft er Ihnen in die Arme. Er ahnt ja nicht, daß er auch drüben verfolgt werden kann.«
    Seine Vermutung traf zu. Es dauerte allerdings drei Tage, bis der österreichische Kriminalist, der von Stund an die Ankunft jeden Zuges persönlich überwachte, einen blassen, feingliedrigen Geistlichen auf sich zukommen sah. Der Kommissär trat an ihn heran, als wolle er einen alten Bekannten begrüßen. »Sie san Pater Rochus, net woahr?« sagte er schlicht.
    Der Ausdruck der glanzlosen Augen des Pauliners veränderte sich nicht. Ohne mit der Wimper zu zucken, antwortete er: »Ja, der bin ich.«
    »Dann muß ich Sie verhaften. Sie stehn im Verdacht, einen Mord verübt zu haben.«
    Pater Rochus tat einen Seufzer. »Ich bin gekommen, um mich festnehmen zu lassen. Deshalb habe ich heute auch den Zug benutzt.« Er nahm seine Brille ab. »Ich kenne meinen Steckbrief und bin gestern und vorgestern mit einem Bauernfuhrwerk nach Krakau gefahren.«
    »Sie waren schon in der Stadt?«
    »Ja.«
    »Und was haben Sie dort gemacht?«
    Die

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