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Schakale Gottes

Titel: Schakale Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bergius C.C.
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kostbaren Ringen geschmückt. Gewiß war es kein Zufall, daß sie sich mit dem Angestellten eines Juweliers liiert hatte.
    Dieser hieß Fedor Zadek, besaß das Diplom eines Goldschmiedes und war ebenfalls von einem krankhaften Ehrgeiz besessen. Ungeduldig wartete er auf den Tag, der ihm die Chance zum großen Sprung nach oben bringen sollte. Er hoffte, eine Frau kennenzulernen, die in der Lage sein würde, ihm die Mittel zur Verfügung zu stellen, die ihm fehlten. Seine athletische Gestalt, sein pechschwarzes Haar, seine brennenden Augen und sein auf Kultiviertheit getrimmtes Auftreten waren seiner Meinung nach dazu angetan, sich in ihn zu verlieben. Natürlich würde so schnell keine Frau mit der gertenhaften Natascha konkurrieren können. Aber was hatte er von ihrer Schönheit? Abrackern mußte er sich und konnte ihr dennoch nicht einmal die kleinsten Wünsche erfüllen.
    Aber vielleicht geschahen noch Wunder. Ihr Bruder Roman hatte ja tolle Pläne. Postraub! Dieser blauäugige Idealist! Sah wie ein Wikinger aus und wollte es dem großen Freiheitskämpfer Pilsudski gleichtun, der Züge überfallen hatte, um die Ausbildung seiner in Galizien stehenden Einheiten finanzieren zu können.
    Fedor Zadek war noch nicht davon überzeugt, daß Roman Górski es wirklich riskieren würde, einen Postzug zu überfallen. Sollte er es aber tun, dann wollte er mit von der Partie sein. Für die Beteiligten würde bestimmt ein schöner Batzen abfallen.
    Es war absurd, daß der Goldschmied Nataschas Bruder zutraute, sich bei dem in Aussicht genommenen Überfall selbst zu bereichern. Schon das zu Beginn eines jeden Kameradschaftstreffens von Roman gesprochene Gebet: ›Um den großen Krieg aller Völker, der allein Polen noch befreien kann, bitten wir dich, o Herr!‹, hätte ihm deutlich machen müssen, daß er es mit jemandem zu tun hatte, dessen Fanatismus und Gläubigkeit jeden Gedanken an einen eigenen Vorteil ausschlossen.
    Babuschka liebte ihren Neffen Roman heiß. Am liebsten hätte auch sie noch für die Freiheit ihres Landes gekämpft. Sie haßte die Russen, die jedes polnische Eigenleben im Keim erstickten und dem einstmals stolzen Reich sogar den Namen geraubt und es in ›Weichselland‹ umbenannt hatten. Mehr aber noch empörte sie sich über das früher von ihr so geachtete Deutschland. Sie konnte nicht vergessen, daß Bismarck in einer Ansprache erklärt hatte: ›Man sollte gegenüber Polen und Sozialdemokraten das Kriegsrecht anwenden‹. Und es wurde behauptet, er habe in einem Brief geschrieben: ›Haut die Polen, daß sie am Leben verzagen. Ich habe volles Mitleid für ihre Lage, aber wir können, wenn wir bestehen wollen, nichts anderes tun, als sie ausrotten.‹ { * }
    Ausrotten! Nicht irgendwer, ein deutscher Staatsmann hatte diesen Vorschlag gemacht.
    Babuschka freute sich deshalb über alles, was ihr Neffe gegen die Besatzungsmächte unternahm. Sein neuer Plan faszinierte sie so sehr, daß ihr Herz schneller schlug, als er eines Tages in ihr Boudoir stürzte, ihre Wange küßte und ihr ins Ohr flüsterte: »Es ist soweit! Schick Anusja fort.«
    Sie wurde lebhaft, als sei ihr ein großes Geschenk gemacht worden. Ihr gestärktes weißes Leinenhäubchen geriet in Schwingungen und drohte, ihr schütteres Haar sichtbar werden zu lassen. »Wird erledigt«, erwiderte sie gedämpft. »Anusjas Freund hat heute abend sowieso frei.« Mit geröteten Wangen und einem für ihr Alter erstaunlichen Elan erhob sie sich und rauschte davon. Es rauschte wirklich, da sie ausschließlich Taftkleider trug. Eben weil diese so schön rauschten.
    »Anusja!« rief sie, noch bevor sie die Küche erreichte. »Wäre es möglich, daß du heute abend hierbleibst und dafür morgen frei nimmst? Roman hat mir eben gesagt, daß Nataschas Freund zum Essen kommen wird.«
    Die Sluschanka machte ein langes Gesicht. »Heute hat Wadim Petrowitsch frei!«
    Die alte Dame griff sich an die Stirn. »Wie hab' ich das bloß vergessen können. Ja, dann darf ich dich natürlich nicht zurückhalten. Die Liebe ist das Amen des Universums.« Sie griff in die Falten ihres Taftrockes und förderte einen mit Glasperlen bestickten Seidenbeutel zutage, dem sie ein Fünfkopekenstück entnahm. »Ein Fläschchen Kwaß und ein Schächtelchen Papirossy werden euch gefallen, wie?«
    Anusja klatschte in die Hände. »Ihr seid so gut zu mir.«
    Babuschka warf die Münze in die Luft. »Wo Armut herrscht, wohnt Reichtum im Herzen. Ich wünsche euch einen vergnügten

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