Schakale Gottes
sehen. Ich laufe sonst Gefahr …« Er rang nach Luft. »In welchen Sumpf sind wir geraten! Aber ich muß an die eigene Brust klopfen. Mea culpa, mea culpa, mea maxima culpa! Ich hätte durchgreifen müssen, als einige meiner Ordensbrüder …« Er vergrub sein Gesicht in den Händen.
In seiner Ratlosigkeit sagte Pawel Bobak: »Verschüttetes Wasser kann man nicht auffangen.«
Der Prior hob den Kopf und sah ihn verwundert an.
»Wappnen Sie Ihr Herz und lassen Sie Pater Bazil rufen. Ich muß ihn sprechen, möchte es aber nur in Ihrer Gegenwart tun.«
Zögernd griff der Ordensvorsteher zur Glocke. Er glich einem gebrochenen Mann. Mühsam hielt er sich aufrecht. Als sein Sekretär in den Raum trat, bat er mit einer Stimme, die stumpf wie Blei war, ihm den stellvertretenden Custos zu schicken. Danach blickte er starr vor sich hin und sagte kein Wort, bis der Herbeigerufene erschien.
Dessen Miene verriet, daß ihm Böses schwante.
Prior Rejman ging auf ihn zu, als wäre er in einen schweren Panzer gezwängt. »Ist dir Propst Jordanski bekannt?«
Die Augen Pater Bazils weiteten sich. »Ja.«
»Und du hast ihm gestern«, er hielt ihm das Formular unter die Nase, »diese Depesche geschickt?«
Der stellvertretende Custos wurde bleich. »Ich …«
»Ja oder nein?« forderte der Ordensvorsteher mit einer Stimme, die plötzlich alle Kraft zurückgewonnen hatte.
»Ja.«
»Dann erkläre mir, was dich dazu bewogen hat. Du weißt, daß Pater Rochus im Verdacht sieht, einen Mord begangen zu haben.«
»Eben das ist es, was ich für unmöglich halte«, verteidigte sich Pater Bazil, nunmehr überraschend selbstsicher. »Ich kenne ihn seit zwölf Jahren und kann nicht glauben, daß dieser gütige und stets hilfsbereite Mensch zum Mörder geworden sein soll. Das ist doch absurd.«
Erstaunlich, wie schnell er sich gefangen hat, dachte Pawel Bobak verblüfft.
»Pater Rochus ist niemals fähig, einen Mord zu begehen«, fuhr der stellvertretende Custos mit Nachdruck fort. »Deshalb habe ich versucht, mit ihm in Verbindung zu treten.«
»Du meinst, ihn zu warnen!«
»Ich fühlte mich dazu verpflichtet.«
»Das wird Sie teuer zu stehen kommen!« fiel Kriminalmeister Bobak grob ein. Die Arroganz des Mönches empörte ihn. »Zumindest Fluchthilfe haben Sie geleistet! Ganz zu schweigen von dem Schaden, den Sie dem Kloster zugefügt haben.«
»Begreifst du denn nicht?« erregte sich der Prior. »Ohne dein Eingreifen hätte sich eine Fahndung erübrigt! Jetzt wird sie nicht mehr zu vermeiden sein. Alle Welt wird erfahren, daß du, der stellvertretende Custos unseres berühmten Klosters, den Gesuchten gewarnt hast.«
Pawel Bobak ergriff das Wort. »Aus dem Text Ihrer Depesche geht hervor, daß Sie nicht mit Sicherheit wissen, wo sich Pater Rochus aufhält. Weshalb vermuten Sie ihn bei Propst Jordanski?«
»Weil uns dieser würdige Vater im Laufe der Jahre ein echter Freund geworden ist.«
Der Blick des Ordensvorstehers glich plötzlich dem eines Habichts. »Ein Geistlicher außerhalb des Ordens wurde euch zum Freund? Wie soll ich das verstehen? Wer ist Propst Jordanski überhaupt?«
»Er verwaltete früher in Posen das Stift der ›Damen vom Herzen Jesu‹. Heute lebt er zurückgezogen in Myszkow. Wir lernten ihn auf einer Wallfahrt kennen.«
»Und was machte ihn zu eurem Freund?«
Pater Bazil wurde wortkarg. »Das hat sich so ergeben.«
»Ihr habt ihn regelmäßig aufgesucht?«
»Von Zeit zu Zeit.«
Prior Rejmans Augen wurden zu Schlitzen. »Wurde er euer Beichtvater?«
Der stellvertretende Custos blieb die Antwort schuldig.
Die Lippen des Ordensvorstehers bebten. »Wenn ihr außerhalb des Klosters gebeichtet habt, muß es schlecht um euch bestellt sein. Dann habt ihr euch nicht getraut, einem Confessionarius unseres Ordens eure Sünden einzugestehen.« Er wandte sich an den Kriminalisten. »Ich erspare es mir, bei Ihrer weiteren Befragung zugegen zu sein. Ein Gebet erscheint mir sinnvoller.« Wie ein Fliehender verließ er den Raum.
Pawel Bobak trat ans Fenster. Ohne sich umzuwenden sagte er: »Sie wissen so gut wie ich, daß Sie mir seinerzeit nicht die Wahrheit gesagt haben. Sollten Sie heute in den gleichen Fehler verfallen, würde ich mich gezwungen sehen, Sie wegen Fluchthilfe anzuzeigen. Hiervon kann ich nur Abstand nehmen, wenn ich den Eindruck gewinne, daß Sie nicht nochmals versuchen werden, in das Räderwerk der Gerechtigkeit einzugreifen.«
»Verstehen Sie mich doch! Ich habe
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