Schakale Gottes
solltest doch zum Eingang kommen.«
»Ja, natürlich«, erwiderte er schuldbewußt. »Ich hab aber …« Er reichte dem Pauliner das Blatt, an dem er gearbeitet hatte. »Würde Ihnen eine solche Monstranz gefallen?«
Die Augen des Paters weiteten sich. »Das ist ja …«
»… der Turm der Basilika.«
»Fabelhaft!«
»Ich schenke Ihnen die Skizze.«
Nach den in solchen Fällen üblichen Phrasen wie: Das kann ich nicht annehmen. – Können Sie die Zeichnung wirklich entbehren? – bedankte sich Pater Rochus überschwenglich und bat darum, die Geschwister zum Essen einladen zu dürfen. Davon wollte Natascha nichts wissen. Sie war so beeindruckt vom Bildnis der Schwarzen Madonna, von der Messe und von allem, was sie gesehen und gehört hatte, daß es ihr widerstrebte, nun ein Gespräch zu führen, das nicht ehrlich sein konnte, weil dahinter doch nur die Absicht stehen würde, den Pauliner für Fedors Pläne zu gewinnen. Das blieb freilich auch weiterhin ihr Wunsch. Nur jetzt im Moment wünschte sie sich nicht verstellen zu müssen. In ihr war etwas angeklungen, das sie sich nicht erklären konnte. Keinesfalls wollte sie an diesem Tage noch länger mit Pater Rochus beisammen sein. Sie bedankte sich deshalb für die Einladung und behauptete, daß sie Proviant mitgenommen hatten und mit dem nächsten Zug zurückfahren müßten.
Pater Rochus war enttäuscht. Als Natascha ihn jedoch nachdrücklich bat, sich bei seinem nächsten Aufenthalt in Warschau zu melden und zumindest einen Abend ihr Gast zu sein, konnte er seine Freude nicht verbergen. Er versicherte, der Einladung so bald wie möglich entsprechen zu wollen und es war deutlich zu spüren, daß er dies nicht nur aus Höflichkeit sagte.
Auf der Heimreise war Natascha so versponnen, daß sie aggressiv reagierte, als Fedor sie fragte, ob sie wisse, wer der heilige Rochus gewesen sei. »Das weiß ich doch nicht«, antwortete sie patzig und ärgerte sich gleich darauf über sich selbst. Warum verheimlichte sie, daß Pater Rochus ihr gesagt hatte, der heilige Rochus gelte als Schutzpatron gegen Viehseuchen. Paßte ihr das Patronat nicht? Befürchtete sie, Fedor könnte sich lustig machen? Was immer es sein mochte, Natascha wurde sich bewußt, daß der Pauliner einen stärkeren Eindruck auf sie gemacht hatte, als sie es sich eingestehen wollte. Sie bat den Freund um Entschuldigung für ihre Kratzbürstigkeit und forderte ihn auf, ihr irgend etwas zu erzählen.
Fedors Gedanken weilten aber ebenfalls noch bei Pater Rochus; sonst hätte er die Frage ja nicht gestellt. »Wie verhalten wir uns nun Babuschka gegenüber?« sagte er. »Wir werden nicht verschweigen können, daß wir uns als Geschwister ausgegeben haben. Wenn er uns besucht, kommt es heraus.«
Natascha rümpfte die Nase. »Da gibt es keine Schwierigkeiten. Babuschka weiß, worauf wir hinarbeiten. Sie wird somit für alles, was damit zusammenhängt Verständnis haben.«
Der alten Dame fiel sogar ein Stein vom Herzen, als sie erfuhr, daß Fedor sich als ihr Neffe ausgegeben hatte. Damit war sie der Peinlichkeit enthoben, sich eines Tages mit einem Mönch über die ›Wilde Ehe‹ ihrer Nichte unterhalten zu müssen.
»Hoffentlich kann euch der Pauliner wirklich weiterhelfen«, sagte sie, als Fedor von der Monstranz erzählte, die er in Form des Turmes der Basilika entworfen hatte.
»Davon bin ich überzeugt«, erklärte er siegesgewiß.
Natascha war nicht ganz so sicher. Sie wiegte bedächtig den Kopf. »Es wird zumindest lange dauern, bis es soweit ist. Warten wir erst einmal ab, ob Pater Rochus sich überhaupt meldet.«
Das tat er schon vier Wochen später. Er sandte einen Brief, mit dem er die Geschwister zum Abendessen ins Hotel Bristol einlud.
Fedor wurde ganz aufgeregt. »Ich sage euch, mein Entwurf hat wie eine Bombe eingeschlagen!«
Natascha ließ ihm seinen Glauben, war aber anderer Meinung. Sie hielt sich selbst für den Magneten, der Pater Rochus nach Warschau zog. »Leihst du mir deinen perlenbestickten Seidenbeutel?« fragte sie Babuschka.
Die alte Dame lächelte. »Mit oder ohne Inhalt?«
»In diesem Fall: ohne. Wir sind ja eingeladen. Und dank deiner Großzügigkeit erfolgt die Gegeneinladung nach hier.«
»Aber in meinem Namen!« betonte Babuschka. »Du bist zu jung, um einen Pater einladen zu können.«
Natascha umarmte ihre Tante. »Soll ich das graue oder das blaue Kleid anziehen?«
»Zum Abendessen würde ich das Blaue empfehlen.«
In den nächsten Tagen drehte sich
Weitere Kostenlose Bücher