Schakale Gottes
überheblichen Unterton.
Babuschka blickte erwartungsvoll zur Tür. Am liebsten wäre sie jetzt mit Fedor allein gewesen.
Er erschien mit einem goldenen Tablett, auf dem ein schlanker, gehämmerter Kelch stand, den ein schlichtes Kreuz aus Lapislazuli zierte. Der obere Rand war glatt und poliert; er hob sich gegen den ansonsten stumpfen Körper wie ein Heiligenschein ab. Den Abschluß des Fußes bildete ein Lapis-Sockel, der die Schwere des Goldes aufzuheben schien. Neben dem Kelch standen zwei gleichgestaltete kleine Gefäße für Wein und Wasser.
»Fedor!« rief Natascha überrascht und sprang auf.
Sein Gesicht war anders als sonst. Ruhig. Männlich. Voller Stolz. »Wenn du nicht gewesen wärst, hätte ich diese Arbeit nie schaffen können«, sagte er und verneigte sich spöttisch.
Natascha starrte ihn aus geweiteten Augen an. Wollte er bekennen, daß sie ihm das Geld für das Material gegeben hatte?
»Erst durch dich kam Pater Rochus auf den Gedanken, uns zum Wohltätigkeitsball einzuladen; wo ich den ersten persönlichen Kontakt zu meinem Chef fand.«
Natascha konnte ihre Erleichterung nicht verbergen. Sie hatte schon das Schlimmste befürchtet.
Ihr wechselndes Mienenspiel entging Babuschka nicht. Im Augenblick aber beschäftigten sie der Kelch und die zu ihm gehörigen Gefäße mehr als ihre Nichte.
Fedor stellte das Tablett vor ihr ab.
»Mein Gott; ist das schön«, sagte sie sichtlich ergriffen. Pater Rochus beugte sich vor. »Das ist mehr, als ich erwartet habe.«
Fedor reizte es, den Widerspruch zu wecken. »Mein Chef ist etwas enttäuscht. Ihm ist die Arbeit zu schlicht. Er meint, angesichts der pompösen Gewänder am Altar müßte auch das ›Handwerkszeug‹ üppig und sprießend sein.«
Pater Rochus nickte. »Ich verstehe das, bin jedoch der Auffassung, daß es nicht schaden kann, die Üppigkeit etwas einzuschränken. Denken Sie nur an die Edelsteine im Gewand der Schwarzen Madonna! Nicht zu zählen sind sie. Dabei gibt es sogar zwei Gewänder: eines, das mit Diamanten besetzt ist, und eines, das vor lauter Rubinen rot funkelt. Beide sind von unbeschreiblicher Schönheit.«
»Sie meinen von nicht abzuschätzender Kostbarkeit!« warf Fedor bissig ein. Es verstimmte ihn, daß angesichts des von ihm geschaffenen Werkes die Gewänder der Schwarzen Madonna gepriesen wurden.
»Nunja …« Pater Rochus lächelte gequält. »In diesem Fall ist die Kostbarkeit wohl höher zu bewerten als die Schönheit.«
»Eben. Aber da wir gerade von Jasna Góra sprechen, habe ich eine Frage: Wäre es möglich, daß ich meine Arbeit dem Prior einmal zeigen darf?«
Der Pauliner wurde unsicher. »Gewiß. Ich befürchte nur … Ich habe Natascha schon gesagt …«
»… daß das Kloster alles geschenkt bekommt und selbst nichts kauft!«
»So hart wollte ich mich nicht ausdrücken. Ich möchte lediglich davor warnen, sich zu große Hoffnungen zu machen.«
Fedor wurde aggressiv. »Große Hoffnungen mache ich mir inzwischen auf einem ganz anderen Gebiet.«
Natascha bekam eine Gänsehaut. Sie ahnte, woran Fedor dachte. Würde er es wagen, Pater Rochus zu erpressen?
»Ich will in der Sache aber nicht vorgreifen«, fuhr Fedor wie von oben herab fort. »Vielleicht unterhalten wir uns darüber, wenn Sie von Rom zurück sind.«
Babuschka blickte verwundert auf. »Sie fahren nach Rom?«
Fedor wandte sich mit erstaunter Miene an Natascha. »Hast du nicht darüber gesprochen?«
In ihren Augen lag Haß. »Ich bin noch nicht dazu gekommen.«
Er lachte abfällig. »Natascha begleitet Pater Rochus.«
Babuschka schaute von einem zum anderen. Was wurde hier gespielt?
Nataschas Wangen glühten. »Wenn Fedor nicht so taktlos gewesen wäre, hätte ich dir heute abend alles erzählt. Bitte, belassen wir es dabei. Ich spreche nachher mit dir.«
Nicht einmal Fedor wußte, warum er Natascha in Verlegenheit gebracht und den Abend für alle unerträglich gemacht hatte. Viele Dinge waren zusammengekommen. Seine Hoffnung, von den Paulinern Aufträge zu erhalten, war nur noch gering. Schlimmer aber war, und das verwirrte ihn am meisten, daß er zum erstenmal in seinem Leben Eifersucht verspürte. Und das ausgerechnet in einem Augenblick, da er eine Chance sah, mit Pater Rochus in ein dubioses Geschäft zu kommen. Natascha sollte von der Sache nichts erfahren. Wenn etwas schiefging, durfte sie nicht in die Schußlinie geraten. Es ärgerte ihn, daß er sich aus Nervosität falsch und dumm verhalten hatte.
Doch das hatte auch sein
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