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Schalck-Golodkowski: Der Mann, der die DDR retten wollte (German Edition)

Schalck-Golodkowski: Der Mann, der die DDR retten wollte (German Edition)

Titel: Schalck-Golodkowski: Der Mann, der die DDR retten wollte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schumann , Heinz Wuschech
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habe auf diese Weise das Leben der zweiten deutschen Republik verlängert. Das gaben sie ihm auf dem CSU-Parteitag im Juli 1983 klar zu verstehen. Er erzielte mit 77 Prozent das schlechteste Ergebnis in den 22 Jahren, in denen er der Partei vorstand. 197 der 859 Delegierten verweigerten Strauß die Gefolgschaft.
    Auch Honecker blies der Wind kalt ins Gesicht. Er wurde von Generalsekretär Tschernenko im August 1984 nach Moskau einbestellt und musste sich anhören, dass die DDR auf dem falschen Wege sei. Am 4. September wollte das DDR-Staatsoberhaupt nun endlich den bereits zweimal verschobenen Besuch in der Bundesrepublik antreten. Und: Am 25. Juli hatte die Bundesregierung die Bürgschaft für den zweiten »Milliarden-Kredit« – er hatte tatsächlich das Volumen der erneut verpfändeten Transitpauschale von 950 Millionen D-Mark – übernommen.
    Am Gipfeltreffen in Moskau nahmen auch der sowjetische Verteidigungsminister Ustinow und der ZK-Sekretär für Landwirtschaft Gorbatschow teil. Er war bei Honeckers Abkanzelung der Scharfmacher, was sich nachhaltig auf die Beziehungen der beiden Politiker auswirken sollte. Der 72-jährige Honecker fühlte sich nicht nur politisch ungerecht behandelt, sondern von dem 53-jährigen, also vergleichsweise jungen Gorbatschow düpiert.
    Seit vier Monaten bereits lief in der sowjetischen Öffentlichkeit eine Kampagne mit scharfen Attacken gegen den Revanchismus in der BRD. Die Kritik richtete sich allerdings in erste Linie gegen die Führung der DDR. Ursache war deren ablehnende Haltung gegenüber den sowjetischen Gegenmaßnahmen zur NATO-Hochrüstung. In Beiträgen in der
Prawda
, dem Parteiorgan, war auch die wirtschaftliche Zusammenarbeit der DDR mit der BRD angegriffen worden.
    Honeckers Politik einer »Verantwortungsgemeinschaft« mit der Bundesrepublik berührte nach Ansicht Moskaus vitale Lebensinteressen der Sowjetunion, während mit Recht die Berliner Spitze die propagandistische Intervention der Sowjetführung als grobe Einmischung in die inneren Angelegenheiten der DDR betrachtete. »Bis zum Sommer 1987 setzte Moskau die 1984 eingeleitete ›Politik der Stagnation und der Bestrafung‹ gegenüber der BRD fort. Beweise dafür findet man in den Aufzeichnungen über die Gespräche Gorbatschows mit Honecker aus den Jahren 1986 und 1987«, heißt es in den Erinnerungen des letzten DDR-Botschafters in der UdSSR, Gerd König, zur Deutschlandpolitik Moskaus Mitte der 80er Jahre. »Im April 1986 kritisierte Gorbatschow im Gespräch mit Honecker die Politik der Bundesregierung in scharfen Worten, weil sie nach seiner Meinung am aktivsten von allen westeuropäischen Ländern den Neoglobalismus der USA unterstütze. Es erhebe sich sogar die Frage, so Gorbatschow, ob wir es nicht mit einer Kreuzung des Revanchismus der BRD mit dem Kurs der sozialen Revanche der USA zu tun haben. Auch Kohl kam nicht gut weg, er bewege sich nicht nur im Fahrwasser der USA, sondern verhalte sich wie ihr Lakai, der sich mit Reagan und dessen SDI-Plänen vollkommen solidarisiere. Daraus zog er die Schlussfolgerung, dass angesichts der westdeutschen Unterstützung für die USA die Politik Bonns nicht noch gefördert werden sollte. Die Termine für die Besuche Honeckers und Gorbatschows in der BRD sollten offen bleiben, um sie später zum Bestandteil des sowjetischen Spiels zu machen. Beide verständigten sich darüber, die Beziehungen zur BRD auf der Grundlage einer gemeinsamen Konzeption zu gestalten. Konkrete Festlegungen wurden jedoch nicht getroffen.« Soweit Botschafter König.
    Honecker setzte sich 1987 darüber hinweg und reiste im September in die Bundesrepublik, was Gorbatschow ihm auch persönlich übel nahm. Er wollte als erster Führer des Ostblocks fahren und den Kurswechsel in der Politik gegenüber der BRD demonstrieren. Honecker hingegen realisierte endlich eine Einladung, die bereits vor sieben Jahren ausgesprochen worden war.
    Nicht zum ersten Mal verletzte Honecker mit einer Auslandsreise Gorbatschows Eitelkeit. Im Oktober 1986 war Erich Honecker als erster Staatsgast nach mehr als zwei Jahrzehnten Eiszeit, die Moskau seinerzeit sich und seinen Verbündeten verordnet hatte, nach Peking geflogen. Auch diese Mission hatte sich Gorbatschow als erster Mann der Führungsmacht vorbehalten – doch Honecker kannte erstens den Generalsekretär der chinesischen KP seit 1953, als sich damals die beiden Jugendfunktionäre erstmals trafen, und zweitens hatte die SED nie die Probleme mit den

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