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Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska

Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska

Titel: Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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öffnete mit einem Riegel die Tür, dabei verzichtete er darauf, ihr den Vortritt zu lassen, weil im Inneren des Hauses Ajaci offenbar sehnsüchtig seine Rückkehr erwartete. Bisher hatte er hier nur Familienangehörige empfangen, und man konnte nie wissen, wie der Rüde auf den – in seinen Augen – ungebetenen Besuch reagierte.
    Wie erwartet empfing der Hund Leonid mit einem lauten Winseln, und indem er immer wieder an ihm emporsprang, zeigte er seine pure Freude. Viktoria hingegen beschnupperte er nur, während sie dastand, als ob sie zu Stein erstarrt wäre.
    »Er tut dir nichts«, beschwichtigte Leonid sie und schloss die Tür hinter ihr.
    Zögernd begann Viktoria das Fell des Hundes zu kraulen, und dabei machte sie sich schneller einen Freund als gedacht. Wie eine Katze schmiegte sich das schöne Tier an ihren Oberschenkel und stupste sie mit der Nase an, wenn sie mit dem Kraulen aufhörte.
    |225| Leonid lachte und gab Ajaci einen Klaps. »He, Freund, das ist mein Besuch, damit wir uns da nicht missverstehen.«
    Schnell entfachte er ein Feuer, und Viktoria kehrte in Gedanken zu ihrem seltsamen Traum zurück. Ihr Blick fiel auf das fellbezogene Bett, und sie spürte, wie sie unwillkürlich errötete. Dann wanderten ihre Augen weiter durch den großen quadratischen Raum, in dem sich weder ein Tisch noch Stühle befanden, sondern nur ein paar zerschlissene große Sitzkissen und ein kleines quadratisches Holzbrett, das am Boden lag und offenbar einen Esstisch ersetzte. Überall an den Wänden hingen Tierfallen und archaische Waffen – anders konnte man die Ausrüstung aus einem großen Langbogen und einem Köcher mit Pfeilen wohl nicht nennen. Neben dem gemauerten Kamin stand ein Ofen mit einer gusseisernen Platte und einem Kochtopf mit Henkel und einer emaillierten Kanne darauf.
    »Möchtest du einen Tee?« Leonid hielt einen Emaillebecher in die Höhe. Er war wieder ins Russische verfallen. Eine rührende Unsicherheit zeichnete sich auf seinem Gesicht ab.
    »Gerne«, erwiderte sie und musste plötzlich die gleiche seltsame Befangenheit, die er offenbar empfand, an sich selbst feststellen.
    »Setz dich doch«, sagte er mit einem flüchtigen Lächeln, dabei zeigte er auf das ausladende Bett aus hellem Holz, das sie bereits in ihrem Fiebertraum gesehen hatte. Ajaci war mit einem Satz darauf gesprungen und machte es sich auf den Fellen gemütlich. Während Leonid einem Eimer Wasser entnahm, um es in dem Kessel zu kochen, starrte der Hund sie auffordernd und mit hechelnder Zunge an.
    Sie zögerte einen Moment, den Blick immer noch auf das Bett gerichtet.
    »Es ist garantiert frei von Ungeziefer«, bemerkte Leonid lächelnd und scheuchte den Rüden mit einer entschlossenen Handbewegung auf seinen angestammten Platz am Kamin. Trotzdem konnte sie Leonid ansehen, dass auch er nicht ganz frei war von Bedenken.
    »Was für ein Tee war das, den du mir eingeflößt hast?« Sie wich seinem Blick aus. »Er schmeckte bitter und heiß, aber er hat nicht nur meiner wunden Kehle gut getan.« Sie versuchte sich an einem Lächeln.
    »Es muss dir nicht peinlich sein«, gab er schmunzelnd zurück. »Ich habe ihn nach den Originalrezepten meines alten Onkels gebraut. |226| Dieses Gebräu aus Belena, Fliegenpilz und Liebstöckel unterstützt den Schamanen nicht nur, wenn er einen Menschen ins Leben zurückholen will. In abgewandelter Dosierung dient es dazu, die Bereitschaft zur Zeugung neuen Lebens anzuspornen. Seine Wirkung auf Frauen ist erwiesen. Wenn sie diese Mischung vor ihrer Hochzeitsnacht zu sich nehmen, würden sie sich in der Not sogar mit einem Rentierhirsch paaren.« Er grinste breit. »Tut mir leid, ich habe in all der Aufregung um dein Überleben nicht daran gedacht.«
    Viktoria sah ihn fassungslos an. »Du bist also ein waschechter Schamane und hast mir ohne meine Zustimmung eine Droge verabreicht?« Düster erinnerte sie sich an die Worte des Arztes in Vanavara.
    »So ähnlich.« Leonid kniff die Lider zusammen, als ob er von ihrer Seite einen tätlichen Angriff erwartete. »Bist du mir böse?«
    Viktoria begann lauthals zu lachen, bis sie sich schließlich, immer noch von Lachsalven geschüttelt, auf seinem Bett niederließ und zu ihm aufschaute. »Hast du noch was von dem Zeug? Dann sofort her damit.«
     
    »Ich wusste es«, stieß sie atemlos hervor, »es geht auch ohne Tee.« Splitternackt lag sie in Leonids Armen. Sie hatten ein wenig herumgealbert, und dann hatte er sie plötzlich geküsst. Ein Gefühl, noch

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