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Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska

Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska

Titel: Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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ein.
    »Können Sie einen Wagen fahren, Kind?«, flüsterte sie heiser.
    Viktoria nickte verstört.
    »Dann fahren wir beide jetzt zum Chekosee. Hier können wir ohnehin nichts mehr tun. Dort müssen wir ein Leben retten. Wir haben keine Zeit zu verlieren.«
     
    Wie ein alter Traktor holperte der Lada durch die Nacht. Vera Leonardowna saß schweigsam auf dem Beifahrersitz, und obwohl Viktoria 1001 Fragen an sie gehabt hätte, getraute sie sich nicht, auch nur eine davon zu stellen.
    »Sag Babuschka zu mir, Kind«, sagte die Großmutter aus heiterem Himmel.
    »Gerne«, antwortete Viktoria. Ihre Stimme war belegt, und sie wagte es kaum, der alten Frau in die Augen zu sehen.
    »Er hatte seine Seele verloren, als er aus Tschetschenien zurückgekommen ist«, begann Vera Leonardowna mit einem Mal von ganz alleine. »Er war abgemagert bis auf die Knochen, und seine Augen waren stumpf. Es lag kein Funken Glanz mehr in ihnen. Er hat Tag und Nacht geweint und war drogenabhängig. Anders konnte er das Erlebte nicht verarbeiten. Es hat zwei Jahre gedauert, bis Makar und ich ihn davon abbringen konnten, ständig irgendwelches Kraut zu rauchen oder selbstgemischte Mixturen aus Pilzen und Pflanzen zu sich zu nehmen. Nicht, dass das unter angehenden Schamanen nicht üblich wäre, aber er tat es nicht, um die Geister zu rufen, sondern um sie zu vertreiben. Ein Grund mehr, warum wir nicht wollten, dass sein Onkel ihn zu einem heiligen Mann ausbildete. Ein weiterer war, dass er nicht auffallen durfte. Die Leute im Dorf hatten ihn jahrelang nicht gesehen. Weil er sich auch äußerlich verändert hatte, konnten wir ihn als einen entfernten Cousin unseres verstorbenen Enkels ausgeben, der gelegentlich zu uns zu Besuch kam. Ich wusste, dass er geflohen war und dass er sich in Lebensgefahr befand, wenn es die falschen Leute herausfinden würden. Kannst du dir vorstellen, Kind, wie furchtbar das ist, |369| wenn du jemanden sosehr liebst und ständig Angst um sein Leben haben musst.«
    Viktoria nickte und spürte gleichzeitig, wie sich ihr die Kehle zuschnürte. Nicht fähig, etwas zu antworten, richtete sie ihren Blick auf die Straße, die allein wegen der vielen Schlaglöcher den Namen kaum verdiente.
    »Und was hast du jetzt vor, Babuschka? Wir können doch nicht einfach in das Camp einmarschieren und die Herausgabe der Geisel fordern.« Sie sah Vera Leonardowna kurz an und bemerkte, dass die Alte etwas aus ihrer Schürzentasche fischte, das sie zuallerletzt in den Händen einer russischen Großmutter vermutet hätte.
    »Eine Makarov PM, Kaliber 9 x 18, mit einem 12er Magazin«, erklärte die alte Frau ungerührt und hielt die Faustfeuerwaffe demonstrativ in die Höhe, damit Viktoria sie auch richtig sehen konnte.
    Abrupt trat Viktoria auf die Bremse und verlangsamte das Tempo, bis der Wagen schließlich zum Stehen kam.
    »Was willst du mit dem Ding? Wo hast du diese Waffe überhaupt her?«, fragte sie voller Entsetzen. »Soweit ich weiß, ist es Privatpersonen in Russland verboten, eine solche Waffe zu besitzen.«
    »Fahr weiter, Kind!« Die alte Frau sah sie mit schmalen Lidern an, dabei hielt sie die Pistole so, dass Viktoria mit einem Mal das Gefühl beschlich, gekidnappt zu werden. Mit zitternden Knien setzte sie die Fahrt fort.
    »Wenn es nötig wird, werden sie alle dran glauben müssen«, knurrte Vera Leonardowna düster. »Lebenov, Bashtiri und die ganze verdammte Bande. Bevor sie Leonid etwas antun können, werde ich sie alle zu den Dämonen der Unterwelt schicken. Diese Teufel haben mir meinen Mann genommen, und ich werde nicht zulassen, dass sie mir auch noch meinen einzigen Enkel nehmen.«
    »Ich habe Angst. Nicht nur um Leonid, sondern auch um dich, Babuschka. Du weißt doch bestimmt nicht, wie man mit so einem Ding umgeht. Was ist, wenn Lebenovs Leute uns entdecken und zuerst schießen?«
    »Um mich brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Ich war im Krieg und schon mit fünfzehn im Widerstand. Ich habe mehr Menschen auf dem Gewissen, als Gott der Herr mir verzeihen könnte.«
    |370| »Haben wir einen Plan?« Viktoria konnte immer noch nicht glauben, was Vera gesagt hatte. »Wie sollen wir es schaffen, Leonid zu retten, bevor uns jemand bemerkt?«
    »Unser Herz wird uns lenken, Kind. Mich und dich erst recht. Leonid hat dir das Leben gerettet. Du bist mit ihm auf ewig verbunden, du weißt es vielleicht nur noch nicht.«
    Viktoria atmete tief durch. Ja, sie wusste, dass sie mit Leonid auf eine eigentümliche, intensive Weise

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