Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska

Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska

Titel: Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
Vom Netzwerk:
verbunden war. Sie hatte es gewusst, seit sie im Krankenhaus von Vanavara erwacht war. Nur wie es so rasch dazu kommen konnte, war ihr immer noch schleierhaft. Aber für die wahre, große Liebe gab es in den seltensten Fällen eine Erklärung.
    Nach über einer Stunde Fahrt gelangten sie in jenen Teil des Waldes, den Viktoria nach ihrem heimlichen Treffen im Camp bereits mit Leonid zu Fuß durchquert hatte.
    »Die Straße führt nicht bis zum See«, erklärte Viktoria der alten Frau mit unsicherer Miene. »Wir müssen den Wagen hier abstellen und ein ganzes Stück gehen. Der Weg führt über eine alte Brücke über den Kimchu. Wir müssen verdammt aufpassen, damit man uns nicht entdeckt.«
    »Ich weiß, Kind.« Die Großmutter lächelte sie an. »Schließlich bin ich hier zu Hause.«
    Viktoria parkte den Lada zwischen zwei Baumriesen in einer natürlichen Schneise. Der Gedanke, mit einer alten Frau mitten in der Nacht durch einen unwegsamen Wald zu schleichen, beunruhigte sie beinahe so sehr wie der Gedanke an das, was noch folgen konnte. Was würde geschehen, wenn Vera Leonardowna stürzte und sich ein Bein brach?
    Doch die alte Partisanin hatte vorgesorgt. Mit einem triumphierenden Lächeln zückte sie eine moderne LED-Taschenlampe.
    »Denk nicht, Kindchen, dass ich hinter dem Mond lebe«, erklärte sie völlig ruhig. Überhaupt war sie für eine Frau, deren Mann soeben verstorben war und deren Enkel in Lebensgefahr schwebte, beängstigend gefasst.
    Lautlos pirschten sie über einen ausgetrampelten Pfad zu jener hölzernen Brücke hin, die den Kimchu überquerte. Gebückt huschten sie über die Planken und tauchten am anderen Ende wieder in den dichten |371| Nadelwald. Vera Leonardowna hielt die Lampe halb verdeckt zu Boden gerichtet, damit man sie von weitem nicht erkennen konnte. In der Nähe des Camps machte sie halt und ging für eine Achtzigjährige erstaunlich flink in die Hocke. Dabei packte sie Viktoria am Ärmel ihrer Jacke und zog sie mit nach unten. Die Umgebung der Baracken war hell erleuchtet. Zwei Wachen standen vor dem Gebäude, in dem man Leonid am Nachmittag festgesetzt hatte. Die uniformierten Männer rauchten und unterhielten sich angeregt. Dabei galt ihre Aufmerksamkeit kaum der Umgebung und schon gar nicht dem Ausgang von Leonids Gefängnis. Weiter hinten, in Bashtiris Behausung brannte ebenfalls noch Licht. Offenbar hatte er sich mit seinen Leuten zur Beratung zurückgezogen. Jedenfalls stand – anders als sonst – keiner der Bodyguards draußen und bewachte den Eingang zur Unterkunft des Oligarchen.
    »Was ist, wenn sie Leonid etwas angetan haben?« Viktorias Stimme zitterte, weil sie kaum auszusprechen wagte, wovor sie sich am meisten fürchtete.
    »Wenn er tot wäre«, sinnierte Leonids Großmutter kühl, »würden die beiden wohl kaum da draußen stehen und Wache halten. Oder gibt es einen weiteren Gefangenen?«
    »Nein. Soweit ich weiß, nicht.« Viktoria seufzte erleichtert. »Aber wie sollen wir da hineinkommen, ohne dass uns jemand bemerkt, und wie sollen wir Leonid dort herausholen? Und selbst wenn wir es schaffen würden, an den Wachen vorbeizukommen – wo sollten wir anschließend hingehen, damit man uns nicht findet?«
    Die Augen der Großmutter funkelten angriffslustig, während sie die Pistole entsicherte. »Das ist das geringste Problem, mein Kind.«
     
    In einem Vorraum von Bashtiris Büro stand das gesamte nachrichtentechnische Equipment des Camps, streng bewacht von einem Bodyguard. Der Mann sorgte dafür, dass ankommende E-Mails unverzüglich ausgedruckt und geheftet an seinen Chef weitergeleitet wurden.
    Andrej Lebenov hatte – gleich nach Erhalt – das Tagebuch des Schenkendorff fotokopiert, eingescannt und per E-Mail nach Irkutsk übersandt. Doktor Swerew, ehemaliger Dozent an der Universität von Moskau und nun wissenschaftlicher Leiter im biologischen Forschungsinstitut von GazCom , gehörte zu der Sorte Menschen, für die |372| es keinen Feierabend gab. Daher verwunderte es Lebenov nicht, dass er bereits eine Stunde nach seiner Anfrage an Swerew dessen Analyse in Händen hielt.
    Er blätterte noch in den einzelnen Seiten, während er Bashtiris Privatgemächer betrat.
    »Swerew schreibt etwas von kalter Fusion und natürlicher Kernspaltung«, erklärte Lebenov mit Blick auf Bashtiri. »Er ist der Auffassung, dass Schenkendorffs Hinweis ein bemerkenswertes Zeugnis dafür liefert, was hier wirklich vor einhundert Jahren geschehen sein könnte. Er will sich noch

Weitere Kostenlose Bücher