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Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska

Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska

Titel: Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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bei aller Begeisterung skeptisch. »Habt ihr euch überlegt, was geschieht, wenn er versagt?«, flüsterte er Weinberg zu, nachdem sie die hypermoderne Schaltzentrale unten im Bunker mit einem Gläschen Wodka eingeweiht hatten. Weinberg hob eine Braue und antwortete nicht sofort. Hinter ihm besichtigte die Delegation des Zaren das Neueste, was man an Funktechnik auf dem Markt finden konnte.
    »Marconi«, murmelte einer der Offiziere anerkennend, als er mit hinter dem Rücken verschränkten Händen den großen Schaltschrank inspizierte. »Wie haben Sie das alles hierher bekommen?«
    |414| Lobow grinste stolz. »Wir haben es nach den Vorschlägen der anwesenden Wissenschaftler beschafft und mit Rentier-Schlitten in die Taiga transportiert. Das meiste davon im Winter, weil es einfacher war.«
    »Wenn die Sache danebengeht, können wir uns warm anziehen«, murmelte Pjotr, der den Enthusiasmus Lobows gegenüber der Zarendelegation mit gemischten Gefühlen verfolgte.
    Leonard stieß einen Seufzer aus. »Weiß unser hoher Besuch eigentlich, was wir genau vorhaben?«
    Weinberg entrollte einen Gebietsplan und schüttelte kaum merklich den Kopf. »Soweit mir bekannt ist, hat Lobow davon Abstand genommen, bei seinen Erläuterungen ins Detail zu gehen. Entweder weil er es selbst nicht ganz verstanden hat – oder weil er dachte, wenn es nicht funktioniert, könnte man die ganze Sache als kleines Malheur vertuschen und die Aufmerksamkeit der Beobachter auf bereits bestehende Errungenschaften lenken.«
    Leonard wandte sich mit einem unguten Gefühl ab und kümmerte sich um die Funksignale, die nun pausenlos hereinkamen. Sie zeigten ihm, dass das Luftschiff immer noch auf Kurs war, und zwar auf vier Werst Höhe. Am späten Nachmittag war es in Kirensk gestartet; von dort aus sollte es einem Zickzackkurs folgen, und am nächsten Morgen wurde es mit einer Sinkgeschwindigkeit von einhundert Werst in der Stunde am vereinbarten Treffpunkt erwartet. Maganhir richtete sich nicht nach einer Uhr, sondern nach dem Stand der Sonne. Der Wetterbericht für die nächsten Tage schien günstig. Ein zuverlässiges Hochdruckgebiet überlagerte die gesamte steinige Tunguska, und somit würde im entscheidenden Augenblick Sichtkontakt bestehen.
     
    In der Nacht bereitete sich Maganhir auf eine besondere Begegnung vor. Auf einem Hügel, dessen Kuppe das gesamte Flusstal überragte, wollte er Ogdy, den Gott des Donners und des Lichtes, um die Steigerung seiner außerordentlichen Kräfte bitten. Am Fuß des Berges hatte er Wachen aufgestellt, damit niemand seine heiligen Kreise störte. Wölfe heulten in die mondlose Nacht, und nur die Sterne am Firmament erleuchteten den nicht gar so dunklen Junihimmel.
    Der Gehilfe reichte dem Schamanen einen besonderen Trunk und |415| schlug vor einem knisternden Lagerfeuer leise die Trommel, solange, bis sein Meister im Aufleuchten der Flammen in eine tiefe Trance versunken war.
    Bis zum frühen Morgen erwachte er nicht aus seinem allumfassenden Traum; erst mit dem Aufgang der Sonne öffneten sich seine schmalen Lider.
    Unruhe war in seinen Augen zu erkennen, erst recht als er sich erhob, um in die Ferne zu schauen. Obwohl das große, silberne Objekt noch nicht zu sehen war, konnte er es spüren. Der Himmel war klar, und mit der zunehmenden Kraft der Sonne spürte er die Kraft in seinem Innern. Sie würde stark genug sein, um nicht nur die Wünsche der Russen, sondern auch seine eigenen zu erfüllen.
    Bereits jetzt spürte er, wie das Licht seinen Körper durchdrang und sich in seiner Mitte sammelte.
    Seine Konzentration steigert sich, bis unvermittelt ein huschender Schatten die Wärme verdeckte. Er meinte, den Flügelschlag eines Raben gesehen zu haben, und fuhr erschrocken herum. Der Wind fegte durch sein Haar, und sein Gehilfe war mit einem Mal verschwunden.
    Statt seiner baute sich eine große, hagere Gestalt vor ihm auf. Mit der Nase eines Falken und den glühenden Augen eines Dämons sah ihm Tschutschana direkt ins Gesicht.
    »Du bist etwas vorschnell, Bruder. Dachtest du wirklich, ich lasse mir dein Vorgehen einfach so gefallen?«
     
    Gegen vier Uhr in der Frühe trat Leonard seinen Dienst im Bunker an.
30. Juni 1908
, schrieb er in eine Art Logbuch, in dem der Ablauf der Versuchsreihe minutiös protokolliert werden musste. Während die Feder über das Papier kratzte, wurde ihm bewusst, an was sie alles hatten denken müssen, bevor der Stützpunkt überhaupt seine Einsatzbereitschaft melden konnte. Einsam

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