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Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska

Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska

Titel: Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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tranken Malzkaffee.
    Ein Treck von Arbeitern wanderte vorbei und fesselte Leonards Aufmerksamkeit. Plötzlich hörte er seinen Namen, und ein blendend weißes Lächeln erhellte die Düsternis zwischen den Tannen.
    »Tschirin?« Er konnte es kaum fassen und fiel dem Tungusen mit klopfendem Herzen in die Arme. Minutenlang hielt er den ehemaligen Jämschtschik an sich gedrückt. »Es ist schön, dich zu sehen«, sagte er schließlich. »Ich befürchtete schon, es gäbe dich nicht mehr.«
    »Ich habe Arbeit gefunden«, erklärte ihm Tschirin atemlos, »und meine Frau erwartet das dritte Kind.«
    |412| »Dann geht es dir gut?« Leonard freute sich aufrichtig, dass es den freundlichen Tungusen nicht schlimmer erwischt hatte.
    »Es ist so gekommen, wie ich gesagt habe. Mein Vater hat mich aus der Sippe verbannt. Und du?« Er hob seine Brauen und sah ihn erwartungsvoll an.
    Mit wenigen Worten erzählte Leonard von seinem unverhofften Glück – von einer Frau, einem Kind und dass das Warten auf das zweite bald schon ein Ende haben würde.
    »Das Schicksal der meisten Männer wird nicht durch die Geister bestimmt, das Schicksal der meisten Männer bestimmt eine Frau«, erklärte Tschirin ihm lachend. »Und was machst du hier draußen?«
    Mit gedämpfter Stimme erinnerte ihn Leonard an das geheime Experiment. »In wenigen Tagen ist es soweit«, erklärte er flüsternd, »bis dahin bauen wir unsere Zelte hinter dem Fluss Kimchu auf.«
    »Dann hat Maganhir also Wort gehalten?«
    »Es sieht ganz danach aus.«
    »Hütet euch vor meinem Vater.« Tschirin sah ihn durchdringend an. »Wenn er davon erfährt, wird seine Rache fürchterlich sein.«
    »Wie sollte er davon erfahren, es sei denn, du sagst es ihm.«
    »Ich?« Tschirin machte eine abwehrende Geste. »Ich habe keinerlei Verbindung mehr zu ihm, aber du darfst nie vergessen, er ist ein Schamane, er besitzt die Fähigkeit, Gedanken zu lesen, auch über viele Werst entfernt.«
    »Maganhir ist auch ein Schamane«, erinnerte ihn Leonard beschwichtigend. »Wenn beide tatsächlich so mächtig sind, wie du sagst, werden sie sich gegenseitig in Schach halten.«
    »Sehe ich dich irgendwann wieder, Bruder?« Tschirin hatte eine Hand auf Leonards Schulter gelegt.
    »Wenn das Experiment gelingt, bestimmt. Ich hoffe, dass man uns die Freiheit schenkt, wenn wir liefern, was man von uns verlangt.«
    »Die Ahnen sollen mit dir sein.« Tschirin umarmte ihn noch einmal, bevor er sich umdrehte und seinen Mitstreitern im Laufschritt folgte, bis er mit ihnen im Wald verschwunden war.
     
    Der Weg bis zum Kimchu war überaus beschwerlich. Bäume so weit das Auge reichte, dazwischen tückische Sümpfe, brackiges Wasser und |413| Myriaden von Stechmücken. Leonard empfand Erleichterung, als er von weitem auf einem Hügel den dreißig Meter hohen Antennenmast sehen konnte. Von dort aus wurden die eingehenden Signale des Luftschiffes in die Haupteinsatzzentrale weiter unten am Fluss gefunkt. Unterhalb des Hügels hatten die Arbeiter einen Bunker in den steinigen Untergrund getrieben. Mit Isoliermaterial ausgekleidet und vollkommen verputzt, wirkte der sichere Unterschlupf in einer Tiefe von zwölf Meter und einem Ausmaß von ungefähr fünfhundert Quadratmeter wie ein weit verzweigter Kaninchenbau. In sicherer Entfernung zum eigentlichen Schauplatz wollte man hier den Fortgang des Experimentes koordinieren. Etwa zehn Werst südöstlich würde die Bombe regelrecht platzen – oder auch nicht, falls Maganhir nicht hielt, was er versprochen hatte. Von einem Hochplateau aus würde er seine Kräfte auf eine Weise einsetzen, die ausschließlich Aslan und Weinberg bekannt war. Es schien niemanden zu kümmern, dass man nicht Genaueres über die Fähigkeiten des Mannes mit den listigen Augen erfuhr. Trotz aller Untersuchungen war es weder Primanov noch Weinberg gelungen, hinter das wahre Geheimnis des tungusischen Schamanen zu kommen. Fest stand, dass er in der Lage war, gleißende Kugelblitze zu erzeugen, denen er sogar eine Richtung verleihen konnte. Aslan schwärmte unentwegt, dass die elektrischen Kräfte, die dabei freigesetzt wurden, tatsächlich gigantisch waren. Die Energie, die der Schamane auf das Versuchsluftschiff richten sollte, würde noch stärker sein als alles, was er bisher zustande gebracht hatte. Einzige Bedingung war, dass ihn kein Russe auf den ausgesuchten Berg begleiten durfte. Um mit einem Gott zu verhandeln, bedurfte es keiner Zeugen, sie würden die Zeremonie nur stören.
    Leonard war

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