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Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska

Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska

Titel: Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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hieß Sverdlowsk – jedenfalls hegte Viktoria diese Hoffnung, als der Zug dort im Güterbahnhof anhielt und einfach stehen blieb. Endstation – zumindest, was die Schafe betraf, und auch Leonid machte sich Gedanken, wie sie weiterkommen konnten, ohne bemerkt zu werden..
    Es war später Nachmittag, als Leonid ihr rasch aus dem widerwärtig stinkenden Waggon half, noch bevor sich einige Arbeiter näherten, um die Tiere auf einen Lastwagen umzuladen. Er trug Viktoria über den Schotter, um ihre zarten Fußsohlen vor den spitzen Steinen zu bewahren, weil sie seit Omsk ihre Pumps vermisste. Im Bahnhof von Sverdlowsk erstand sie ein Paar pinkfarbene Flipflops, damit sie nicht weiter barfuß laufen musste.
    Doch das Wichtigste waren zwei Fahrkarten, die sie mit dem nächsten Eilzug nach Moskau bringen würden.
    »Leider gibt es keine Platzkarten mehr«, erklärte die Schalterbeamtin mit einem bedauernden Augenaufschlag. Leonard nickte und machte eine wegwerfende Handbewegung.
    »Bedeutet das etwa – wir müssen die letzten tausend Kilometer im Stehen zurücklegen?« Viktoria runzelte fragend die Stirn.
    Leonid hob schnuppernd seine große Nase. »Ich denke, wir haben Glück«, scherzte er. »Wir werden ohne Worte jeden Fahrgast vertreiben, ganz gleich, wo wir hingehen.«
    »Stinke ich etwa?« Viktorias Blick drückte pures Entsetzen aus.
    |462| »Nein …« Leonid schüttelte treuherzig den Kopf. »Du riechst nur ein bisschen.«
    Bevor sie etwas erwidern konnte, lief der Zug ein. Die Waggontüren öffneten sich automatisch. Leonid half ihr beim Einsteigen und ließ Ajaci den Vortritt, dann folgte er den beiden in den engen Gang.
    Tatsächlich waren alle Abteile besetzt, und mit dem Hund durften sie nicht in den Speisewagen. Schließlich fanden sie einen Waggon mit zwei älteren Damen.
    »Dürfen wir uns zu Ihnen setzen?« Leonid ließ seinen ganzen Charme spielen, was keine besondere Kunst war, weil er ein strahlendes Lächeln besaß, das nicht nur Viktoria schwach werden ließ.
    Die Frauen nickten erfreut, sie hofften wohl auf etwas Abwechslung bei ihrer eintönigen Bahnfahrt.
    »Was für ein schönes Tier!«, rief eine der beiden weißhaarigen Frauen, als sie Ajaci erblickte. Sie streckte ihre schlanken Hände aus und kraulte mit ihren kostbar beringten Fingern das Fell des Laika-Rüden.
    »Wollen Sie auch nach Moskau?«, fragte die andere Frau. Auch sie war weißhaarig, jedoch draller und viel kleiner als ihre Gefährtin. Ihre neugierigen, kleinen Augen scannten Viktoria und Leonid regelrecht ab.
    Leonid nickte freundlich. »Wir sind auf der Hochzeitsreise«, log er ungeniert und zog Viktoria, nachdem sie sich beide auf der gegenüberliegenden Sitzbank niedergelassen hatten, zu sich hin, um ihr einen Kuss auf die Wange zu drücken.
    »Wie romantisch!« Die Hagere konnte sich kaum einkriegen vor Begeisterung. »Wo kommen sie beide denn her? Aus Sverdlowsk? Ich hatte mal einen Onkel in Sverdlowsk. Er war ein hohes Tier in der Partei. Wir verbrachten als Kinder unsere Ferien …«
    Viktoria hörte nicht mehr zu. Während die Alte endlos zu erzählen begann, nickte sie ein.
    »Und was machen Sie beide beruflich?« Diese Frage ließ Viktoria aus ihrem Halbschlaf hochschrecken.
    »Ich bin Schäfer«, antwortete Leonid mit der allergrößten Selbstverständlichkeit. »Meine Frau hilft mir. Unsere Familie besitzt eine große Herde in Krasnojarsk und einen entsprechenden Hof.«
    |463| »Ah, ich hatte gleich so eine Idee, als sie zu uns hereinkamen. Daher auch der Hund.«
    Viktoria musste ein Grinsen unterdrücken und fragte sich, warum Leonid eine solch krude Geschichte erfand. In jedem Fall ließ sich damit wunderbar der strenge Geruch begründen, den sie sicher immer noch verbreiteten und der auch den beiden älteren Damen nicht entgangen sein konnte. Doch dann sah sie die Zeitung neben der hageren Frau liegen. Sie war zusammengefaltet, trotzdem konnte sie mühelos das Phantombild auf der Titelseite erkennen. Es war eine Fotomontage von ihr mit hellblonden, kinnlang geschnittenen Haaren. Dazu das Bild von Leonid als geschniegelter Offizier, dem er mit seinem Dreitagebart und den ungekämmten Haaren nicht mehr sonderlich ähnlich sah.
    Wenn man nun Leonids Geschichte und den Gestank zusammennahm, würden die Frauen nicht auf die Idee kommen, sie mit den Gesuchten zu vergleichen.
    Die Nacht im Zug verlief nicht so ganz romantisch, wie die älteren Damen es Leonid und Viktoria wohl gegönnt hätten – auch weil die beiden in

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