Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska
Hastig, wie um sich nochmals zu vergewissern, strich er ihr das brünette Haar aus dem Gesicht.
Mit einer plötzlich aufwallenden Panik zog Leonid ihr den Anzug samt Flossen vom Körper, bis sie schmal und zerbrechlich in einem dunkelblauen Badeanzug vor ihm lag. Seine Finger fuhren wissend über ihren Hals und ihr Herz. Sie atmete nicht mehr, und er hatte nicht die geringste Ahnung, wie lange ihr Herz schon stehengeblieben war.
|94| Leonid versuchte es mit einer Herzmassage. Fast brutal ging er zu Werke. Abwechselnd beatmete er sie. Eins … zwei … drei … Unselige Erinnerungen stiegen in ihm auf. Ein Bild von einer Achtzehnjährigen, die nicht weniger halb tot in seinen Armen gelegen hatte – mit dem Unterschied, dass er nichts mehr tun konnte, weil es eine russische Handgranate gewesen war, die ihr innerlich die Lunge zerfetzt hatte und sie an ihrem Blut ertrinken ließ.
Einer Eingebung folgend, hob er den zierlichen Körper an und drehte ihn mit dem Kopf nach unten, dann walkte er den Brustkorb der Frau solange durch, bis sich ein Schwall von Wasser über seine Beine ergoss. Doch die Frau rührte sich immer noch nicht. Ihre Arme baumelten reglos zu Boden.
Als er sie anhob, kippte der Kopf kraftlos in den Nacken. Seine Hand lag auf dem Bauch der jungen Frau, als ob er sie durch bloße Berührung retten könnte, und wie in einer Vision spürte er plötzlich, dass ihre Seele sich auf und davon machen wollte, den Körper zu verlassen.
Leonid begriff sofort, dass er das nicht zulassen durfte. Er dachte an Taichin und was er ihm raten würde zu tun.
Er konzentrierte sich kurz, wie er es von seinem Lehrmeister gelernt hatte, und schon befand er sich in dieser Welt aus Licht und Schatten, in die normalerweise nur ein initiierter Schamane Eintritt fand. Mit einem Mal wurde Leonid von einer eisigen Kälte umfangen, die ihn erschaudern ließ. Ein schwarzer Wirbelwind huschte über die Böschung. Er konnte ihn riechen, und wenn er die Augen schloss, konnte er ihn sogar sehen – ein boshafter Gnom, ein Dämon der Unterwelt, der wie ein Aasfresser auf die Seelen von schutzlosen Verstorbenen lauerte. Schleichend näherte sich seine hässliche Fratze und seine Klauen erschienen schärfer als die eines Falken.
»Du bekommst sie nicht«, entschied Leonid mit düsterer Miene. Er verspürte keinerlei Angst, obwohl eine solch merkwürdige Begegnung auch für ihn nicht alltäglich war. »Mach, dass du verschwindest!« Gedankenfetzen schwirrten ihm durch den Kopf. Was er nun zu tun gedachte, hatte er noch niemals zuvor getan, und im eigentlichen Sinne war es ihm auch verboten.
Während er das schöne, bleiche Gesicht der Frau betrachtete, zog er sich eilig die Stiefel aus und riss sich die nasse Kleidung vom Leib, bis |95| er vollkommen nackt war. In einer fließenden Bewegung befreite er die Frau von ihrem Badeanzug.
Das schamanische Ritual schrieb ihm vor, dass er sich mit ihr vereinen musste, um sie in dieser Welt halten zu können. Körperlich – wie es normalerweise unter Liebenden üblich war.
Nur so würde es ihm möglich sein, ihre Seele vor dem sicheren Tod zu bewahren. Für einen winzigen Moment stockte er, weil ihn die Vorstellung, sie gegen ihren Willen zu nehmen, zurückhielt. Kam so etwas nicht einer Vergewaltigung gleich? Und doch blieb ihm keine andere Wahl. Das letzte Mal hatte er vor Jahren mit einem Mädchen aus Liebe geschlafen. Und auch, wenn die meisten Menschen es nicht glauben wollten, so wusste er doch, dass die Seelen von Mann und Frau sich untrennbar miteinander verbanden, wenn sie sich körperlich so nahe gekommen waren. Diesmal hatte es nichts mit Liebe zu tun, wie sie unter Männern und Frauen üblich war und schon gar nicht mit Lust. Nein, es war vielmehr die reinste Form der menschlichen Zuwendung. Nur wenn die Seele der jungen Frau untrennbar mit seiner eigenen Seele verschmelzen würde, konnte er ihren Tod abwenden.
Wie durch einen Nebel nahm Leonid ihre festen Rundungen und den anmutigen Körper wahr. In einer eigenartigen Routine, mit der er sich selbst die Aufregung nahm, schob er ihre schmalen Schenkel soweit zur Seite, bis er ihr Geschlecht sehen konnte. Dann kniete er sich vor sie hin und spuckte sich in die Hände. Vier, fünf Mal rieb er sein Glied, bis es hart genug war, um mühelos in sie eindringen zu können.
Sacht berührte seine Brust die ihre, während seine Arme schützend zwischen Blättern und Ästen neben ihrem Kopf ruhten. Für einen Moment spürte er die
Weitere Kostenlose Bücher