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Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska

Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska

Titel: Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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Verzweiflung, falls sein Versuch misslingen sollte. Wange an Wange nahm er tief in ihrem Innern die tödliche Kälte wahr. Seine Atmung kam stoßweise aus dem unteren Bauch heraus. Mit geschlossenen Augen legte er seinen Mund auf ihre halb geöffneten Lippen. Rascher und rascher flößte er ihr seinen heißen Atem ein. Konzentriert sammelte er all seine Energien in der Mitte seines Körpers und murmelte unentwegt magische Worte, die er bisher nur aus den Lehren der Alten kannte.
    Mit einem Ruck, der all seine Muskeln in Wellen durchlief, vermochte er zu spüren, wie seine Seele den Körper verließ und unvermittelt mit |96| der Seele des Mädchens Kontakt aufnahm, die nur noch durch einen gespinstartigen Faden mit deren Körper verbunden war. Aus einer merkwürdig anmutenden Vogelperspektive konnte er sehen, wie er den zierlichen Körper mit seiner eigenen, viel größeren Gestalt bedeckte, und er sah den Dämon in respektvollem Abstand. Dessen Miene war zu einer abstoßenden Fratze erstarrt.
    In einem gleißenden Lichtblitz riss Leonid die Seele der Frau mit sich, empor in eine andere Welt, die sie warm und freundlich empfing, flankiert von den Geistern seiner Ahnen. Eindringlich appellierte er an ihre Verpflichtung, ihm zu helfen. Es musste wohl seine eigene Mutter gewesen sein, die ihn schließlich mit der wunden Seele des Mädchens verband. Trotz des Triumphes verspürte er einen unsagbar starken Schmerz in der Brust und die Gewissheit, dass er auf ewig mit dieser jungen Frau verschmelzen würde, wenn er sich nicht rechtzeitig zurückzog.
    »Willst du das?«, echote eine ferne Stimme aus einem unendlichen Nichts und gleichzeitig erfasste Leonid die Gegenwart des Bösen und dass die Seele des Mädchens auf immer verloren sein könnte, falls er die Frage verneinen würde.
     
    Kolja hatte seine Aufmerksamkeit auf den See gerichtet und glaubte für einen Moment an eine Halluzination – vielleicht eine wahrhaft erschreckende Auswirkung von zu viel Alkohol am Tag zuvor und einem heimlich gerauchten Joint.
    Er kniff die Augen zu, um sich von der unglaublichen Vorstellung in seinem Hirn zu befreien, doch als er sie wieder öffnete, rauschte ein gewaltiger Wasserberg auf ihn zu, der sich unter einem dumpfen Beben wie ein vorsintflutliches Ungeheuer aus der Mitte des Sees erhoben hatte.
    Es blieb keine Zeit, zu brüllen oder überhaupt irgendeine Warnung auszurufen. Der Katamaran, der eben noch auf der Mitte des Sees vor sich hingedümpelt hatte, hielt wie ein großes Surfbrett auf einer schäumenden Welle auf das Ufer zu. Von der Mannschaft war nichts mehr zu sehen. Ebenso war das kleine Schlauchboot hinter einer Wand aus Wasser verschwunden. Sämtliche wissenschaftlichen Mitarbeiter, die sich in der Nähe des Ufers befunden hatten, versuchten |97| verzweifelt, sich in Sicherheit zu bringen. Die beiden russischen Studentinnen liefen laut kreischend Richtung Camp, verfolgt von einer stetig steigenden Flut, die ihnen bereits nach kurzer Zeit bis zu den Hüften reichte. Kolja packte eine von ihnen bei der Hand, die zweite am Arm und zog beide mit sich fort, bis hin zu einem Baum, dessen tiefhängende Äste einen hastigen Aufstieg ermöglichten. Nacheinander half er den jungen Frauen in den Wipfel des Baumes hinauf, bevor er sich selbst in Sicherheit brachte.
    Von hier oben konnte er sehen, wie die beiden Professoren um ihr Leben rannten und sich am Sendemast der gut fünf Meter hohen Satelliteneinrichtung aus Stahl festklammerten. Bashtiris Luxusdomizil stand gut einen Meter unter Wasser; die Zelte seiner Bewacher hatten sich bereits aus ihrer Verankerung gelöst und schwammen wie aufgeplusterte Ballons mit Tarnfleckmuster umher. Die Bodyguards selbst hatten sich auf das Dach des provisorischen Ladens gerettet. Dort oben ließen sie ihre beeindruckenden Armmuskeln spielen, um zuerst Bashtiris halb nackten Gespielinnen und dann ihrem völlig entgeisterten Chef in seinem pitschnassen roten Hausanzug auf das Dach zu hieven. Zitternd kauerten die Frauen auf dem Dachsims. Mit ihren dünnen Ärmchen und Beinchen und der beinah durchsichtigen französischen Seidenunterwäsche, die wie nasses Papier über ihren künstlichen Rundungen klebte, sahen sie aus wie drei klitschnasse Katzen.
    Adnan, der kasachische Ladenbesitzer, klammerte sich verzweifelt an einen Dachvorsprung und verfolgte mit aufgerissenen Augen, wie Kisten mit Lebensmitteln und Getränken davonschwammen.
    Die wertvollen elektronischen Ausrüstungsgegenstände waren

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