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Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska

Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska

Titel: Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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seinen Rucksack steckte. Routiniert hob er die Frau vom Boden auf und legte sie sich wie eines der jungen Rentiere über die Schulter, die er ab und an schleppen musste. Sein Herz schlug hart, und während er seinen Griff noch einmal festigte, blickte er in die Ferne und stellte sich erneut die Frage, was die plötzliche Flut ausgelöst haben konnte.
     
    Im Camp war das Wasser so rasch zurückgegangen, wie es gekommen war. Olguth hatte sich mit Koljas Hilfe und der Unterstützung von Bashtiris Männern trotz eines mulmigen Gefühls im Magen mit zwei |100| Motorschlauchbooten zur Mitte des Sees begeben. Ausgestattet mit Schwimmwesten und Rettungsringen, suchten sie nach der Besatzung des Katamarans und den vier Tauchern, von denen jedoch weit und breit nichts zu sehen war.
    Bashtiri hatte einen seiner Männer zu seinem Helikopter geschickt, damit man von dort aus Verbindung zu einem Rettungsdienst in Krasnojarsk aufnehmen konnte, der Verletzte und – was keiner laut auszusprechen wagte – auch Tote barg.
    Professor Rodius hatte Tränen der Erleichterung in seinen Augen, als man in einem Schilfgürtel Sven Theisen, erschöpft, aber lebend aus den Fluten rettete.
    »Wo ist Viktoria?« Seine Stimme versagte ihm beinahe den Dienst, so sehr zitterte sie.
    »Ich weiß es nicht …« Theisen brachte nur ein heiseres Flüstern zustande. »Ich habe sie noch gesehen, als …«
    Mit erstaunlicher Kraft packte Rodius seinen deutschen Kollegen bei den Oberarmen und schüttelte ihn. »Verdammt Theisen, Sie sollten auf Viktoria aufpassen. An welcher Stelle waren Sie beide zuletzt, bevor das Unglück geschah?«
    Theisen, der Taucherbrille und Haube mit zittrigen Händen abgenommen hatte und nun schwer atmend am Motorblock des Bootes lehnte, schnäuzte sich geräuschvoll.
    »Wir waren da unten«, brach es aus ihm hervor. »Sie hat mir das Leben gerettet. Es ist alles meine Schuld.«
    »Was soll das heißen? Es ist Ihre Schuld?« Rodius, der ihm gegenübersaß, sah ihn verständnislos an. »Vermutlich war es eine riesige Gasblase, die sich vom Grund des Sees gelöst hat. Dafür können Sie doch nichts.«
    »Nein«, stieß Theisen hervor. »Da war etwas anderes. Bevor die Blase emporschoss, habe ich einen seltsamen Gegenstand entdeckt. Er ragte aus einem Geröllvorsprung empor. Es sah aus wie eine Aluminiumstange. Vielleicht ein Teil eines Gerüstträgers. Ich wollte die Stange unbedingt bergen. Als ich daran zog, geriet der Uferhang ins Rutschen.«
    »Ein Gerüstträger?« Rodius warf Olguth, der im Bug des Bootes kniete und immer noch Ausschau nach Vitaly hielt, einen fragenden Blick zu. Interessiert beobachtete der Russe, wie Bashtiris Männer das zweite Boot zu einer Uferzone hinlenkten.
    |101| Olguth, der nur halb zugehört hatte, zog ratlos die Schultern hoch. Offenbar lag ihm weit mehr am Schicksal seines Dozenten als an irgendeinem mysteriösen Aluminiumteil.
    »Da treibt etwas!« schrie Kolja plötzlich und fuchtelte so wild mit seinen Armen, dass das Schlauchboot gefährlich ins Wanken geriet.
    Alle Augen wanderten zum Heck, doch es war nicht Vitaly oder gar Viktoria, die an der Wasseroberfläche trieben. Von Ferne sah es vielmehr wie ein großes Stück gegerbtes Leder aus. Olguth griff hastig zum Paddel und manövrierte das Boot in Richtung des merkwürdigen Gegenstands.
    »Es sind zwei«, flüsterte Kolja, nachdem das Boot näher herangekommen war. Die Umrisse des seltsamen Fundes schienen eindeutig menschlich zu sein, auch wenn es aussah, als hätte man ihnen die Haut gegerbt.
    »Es sind Menschen«, stieß Rodius verblüfft hervor.
    »Es waren Menschen«, verbesserte ihn Olguth atemlos. »Jetzt sind es Mumien … oder Moorleichen …«
     
    Mit dem Fuß entriegelte Leonid die Tür zu seiner Hütte. Mit einer Sanftheit, die man ihm aufgrund seiner riesenhaften Statur niemals zugetraut hätte, legte er die junge Frau auf seinem Bett ab, dessen Matratze mit einer Decke aus Rentier- und Wolfsfellen überzogen war. Ajaci sprang wie selbstverständlich zum Fußende des Bettes, um es sich neben der Frau gemütlich zu machen, und wurde sogleich wieder verscheucht. Beleidigt verzog er sich in die Nähe des gemauerten Kamins und legte sich nieder, die Schnauze auf die Vorderpfoten gebettet. Mit beleidigter Miene verfolgte er jede kleine Regung seines Herrn.
    Rasch holte Leonid ein dunkelgrünes Sweatshirt aus seiner Kleiderkiste und eine Hose aus dem gleichen Stoff, die seinem unfreiwilligen Gast zwar viel zu groß sein würde,

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