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Schampanninger

Titel: Schampanninger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bronski
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Der Mann hatte keinen umgebracht, allerdings Geld geklaut, es aber überwiegend karitativen Zwecken zugeführt. Das einzige Problem war, dass auf der Sozialstation nicht Errichtet mit einer Spende der Münchner Bank draufstand. Die Bank hatte keinen ideellen Gegenwert für ihre unwissentliche Hochherzigkeit erhalten. Aber hat unsereiner denn schon mal eine Tafel gestiftet bekommen für seine Wohltaten an der Menschheit?
    Gedankenschwer langte ich bei meinem Laden an. Ein Mann meines Alters stand vor dem Schaufenster. Jeans samt ebensolchem Hemd, gefütterte Lederjacke und einen Swarovski-Brilli im Ohr. Ich tippte auf Streetworker und lag damit nur wenig daneben.
    – Bist du Gossec?
    – Ja.
    – Servus. Ich bin der Edi, ein Freund von Julius.
    Ich sperrte die Ladentür auf und machte eine einladende Geste, die meine gesamte Ware umfasste.
    – Zehn Prozent auf alles, was du hier findest, okay?
    Er drückte die Tür zu.
    – Wir haben ein Problem. Kannst du wieder zusperren?
    Ich schaute ihn skeptisch an.
    – Es geht um Julius, setzte er hinzu.
    Ich drehte den Schlüssel wieder um, winkte ihm und ging voraus in die Küche.
    – Setz dich. Also, was gibt es?
    Er kramte eine Zigarette aus der Tasche, zündete sie an und redete, ohne mir in die Augen sehen zu können.
    – Sie haben Julius geschnappt.
    – Wie bitte?
    – Geschnappt, eingeknastet. Er sitzt in der Ettstraße in U-Haft.
    Diese Nachricht riss mich hoch. Ich fasste in seine Brusttasche und holte mir auch eine Zigarette.
    – Also mal der Reihe nach und ganz von vorn.
    – Das mit dem Konzert von Jimmy Page an Silvester weißt du?
    – Klar.
    – Vor ein paar Tagen haben wir uns beim Hafner in der Kneipe getroffen, um noch ein paar organisatorische Details zu diskutieren. Beschallung, Licht, alles sollte ja minutiös geplant sein. Und so sind wir dann auch beim Brainstorming zwangsläufig auf das Koks gekommen.
    – Koks? Redest du irre?
    Er blies den Rauch nach oben und schaute mich abschätzig an.
    – Genau: Koks. Oder glaubst du, dass es unter den Granatengitarristen einen gibt, der ohne auf die Bühne geht? Und selbst wenn er kein Koks will – keine Ahnung auf welchem Trip der im Moment ist! –, kapiert er doch, dass das bei uns ein Superservice ist, wo an alles gedacht ist. Verstehst du? Performancemäßig könnte so was den Ausschlag geben.
    Er schaute mich Verständnis heischend an, blickte jedoch in ein absolut leeres Gesicht.
    – Dachten wir uns jedenfalls.
    – Also komm, Freund, nun leg mal einen Zahn zu. So eine Schnapsidee alleine bringt Julius nicht in den Knast.
    – Genau, erwiderte Edi. Wir haben die Jobs unter uns verteilt, wer was macht, Licht, Beschallung und so …
    – Und Julius sollte das Koks besorgen?
    – Genau. Weißt du, die meisten von uns sind ja im Staatsdienst, Lehrer, Bewährungshelfer. Wenn sie dich da mit so etwas erwischen, gute Nacht Abendland!
    Ich hatte die ganze Szene genau vor Augen. Sie hatten sich für diesen absurden Plan den gutmütigsten Trottel in der ganzen Runde ausgesucht. Und Julius hatte natürlich nicht ablehnen wollen.
    – Du bist Bewährungshelfer?
    Er nickte.
    – Ich bin mit Julius jetzt seit fast fünfzehn Jahren befreundet, da kennt man sich. Aber auch jemand wie du sollte doch merken, wie er tickt: gutmütig bis zur Selbstaufgabe. Hättest du da nicht eine Fürsorgepflicht gehabt?
    Edi brummte, zuckte die Achseln. Er wand sich sichtlich.
    – Que sera, sera.
    Das war zu viel. Ich haute ihm lieber gleich eine runter. Ermachte keine Anstalten sich zu wehren, hob nur die Hände und machte diese krampfig drückenden Bewegungen nach unten, die bedeuten, man solle sich abregen. Bewährungshelfer eben. Diese Kerle haben dank ihrer beruflichen Laufbahn den Pazifismus von Baldrianperlen im Leib.
    – Mann, Mann, sagte er schließlich, lass aus deinem Ego mal ein bisschen Luft ab, ja?
    – Hör mir bloß mit diesem Egoscheiß auf, mit diesem Getue, als hätten sie euch allen die Eier abgeschnitten. Lass dir gesagt sein: Das Ego abzubauen lohnt sich nur dann, wenn du früher mal eines hingestellt hast. Und bei dir sehe ich da nichts. Null! Wo ein Loch ist, kannst du nichts abbauen, sonst rutschst du nur noch tiefer ins Minus.
    Ich ging nach hinten und holte meine Jacke.
    – Wo wollte Julius Koks kaufen?
    – Von dem Typen, der ihm den Shit besorgt.
    – Mogli? Meine Fresse, ausgerechnet der!
    Mogli war ein charakterloses Arschloch, ein Kleingauner, der sich bei jedem Geschäft etwas vom Stoff abzweigte

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