Schandtat
begangen wurde?«
»Ich hab’s Ihnen doch gesagt, das war kein mutmaßlicher Angriff.«
»Bitte beantworten Sie die Frage.«
»Es ist passiert.«
Er ließ sich nicht irritieren. »Haben Sie einen Verdacht, warum?«
Ich erzählte ihm von der Ohrfeige, die ich Anna verpasst hatte und dass Colby einfach davon ausgegangen war, Velveeta sei es gewesen.
»Und darum sind Sie in die Jungentoilette gegangen?«
»Ja, klar. Als ich sah, wie sie ihn hineinzerrten, wusste ich, dass etwas geschehen würde. Warum tun Sie so, als würden Sie nicht glauben, was passiert ist?«
»Ich weiß, dass etwas geschehen ist, Ms Holly, aber ich weiß nicht, was geschehen ist. Und es ist mein Job, das herauszufinden.«
»Warum fragen Sie nicht Velveeta oder Colby oder die halbe Football-Mannschaft? Die waren doch auch dabei.«
»Das habe ich bereits. Sie sind die Einzige, die darüber spricht.«
»Na, dann ist Velveeta auf dem Jungenklo wohl von einem Geist auf übelste Weise zusammengetreten worden. Mr Halvorson
ist doch auch noch reingekommen. Er hat ihn unter dem Waschbecken liegen sehen.«
»Mr Halvorson war kein Tatzeuge, und nach Aussage Ihres Freundes Andrew hat es keinen Angriff gegeben. Er behauptet, er sei gefallen.«
Ich brauchte einen Augenblick, bis mir einfiel, dass Vels richtiger Name Andrew war. »Das ist doch ein Riesenhaufen Scheiße. Sie wissen, was passiert ist.«
»Ich mag glauben, es zu wissen, aber das Opfer kooperiert nicht.«
»Wird der Bezirksstaatsanwalt Anklage erheben?«
»An diesem Punkt, nein. Das Opfer weigert sich auszusagen, dass es überhaupt zu einem Angriff gekommen ist, und natürlich beharrt der Verdächtige auf seiner Unschuld.«
»Und was passiert dann jetzt?«
»Solange ich keine Aussage von Andrew bekommen kann, gar nichts. Der Bezirk wird eine Verletzung verzeichnen, weil der Betreffende ausgerutscht und gestürzt ist, genau wie er ausgesagt hat.«
Ich betrachtete ihn eingehend. »Colby Morris wird ihn umbringen. Das wissen Sie doch, oder?«
»Davon weiß ich nichts, Ms Holly. Ich weiß nur, dass irgendetwas geschehen ist und dass zwischen den beiden Jungen böses Blut herrscht, aber dagegen kann ich nichts machen.«
»Es herrscht kein böses Blut zwischen den beiden, das alles kommt nur von Colby Morris, und der ist ein Psychopath. Velveeta hat ihm nichts getan. Außerdem sitze ich doch hier und sage Ihnen, dass Colby Morris im Klo war und dass er es getan hat.«
Er schüttelte den Kopf. »Ohne eine Aussage von Andrew hat das leider kein Gewicht, Ms Holly.«
»Mein Dad hat mir erzählt, der Bezirksstaatsanwalt könne, wenn er wolle, auch ohne Velveeta Anklage erheben.«
»Nicht ohne den Beweis, dass sich der Verdächtige zumindest am selben Ort wie das Opfer aufgehalten hat.« Er beäugte mich über seine Brille hinweg. »Andrew hat eine ziemlich traumatische Vergangenheit, nicht wahr?«
»Was hat das denn damit zu tun?«
Er ignorierte mich und fuhr fort. »Hat er mit Ihnen über Colby Morris gesprochen? Hat er überhaupt etwas über ihn gesagt?«
»Worauf wollen Sie hinaus?«
»Falls Andrew tatsächlich von Colby Morris verprügelt wurde, so können wir wohl davon ausgehen, dass es eine irgendwie geartete, verhaltenstypische Provokation oder Vorgeschichte gab. Colby Morris ist jedoch bei der Polizei für ein etwaiges Fehlverhalten bisher nicht aktenkundig geworden, er zählt zu den besten Schülern, und diverse Colleges ziehen ihn für ein Football-Stipendium in Erwägung. Falls er Andrew tatsächlich angegriffen hat, muss es dafür ja irgendeine Vorgeschichte gegeben haben. Irgendeinen Grund.« Er musterte mich. »Ist zwischen Ihnen beiden vielleicht irgendetwas vorgefallen? Gab es irgendwelche Konflikte?«
Ich konnte kaum glauben, was da vor sich ging. » Jetzt verstehe ich.«
»Was verstehen Sie, Ms Holly?«
»Sie haben gar nicht vor, Colby zu schnappen, Sie sind nur darauf aus, die ganze Sache unter den Teppich zu kehren.«
»Ich ziehe nur alle Möglichkeiten in Betracht. Und damit die Bezirkstaatsanwaltschaft eine Entscheidung treffen kann, muss ich ihnen die ganze Geschichte vorlegen können. Immerhin geht es hier um die Zukunft eines jungen Mannes, Ms Holly, und das nehme ich sehr ernst.«
Ich stand auf. Soeben hatte er die ganze Angelegenheit ins rechte Licht gerückt. Sie waren nur an der Zukunft eines jungen Mannes interessiert, und der war nicht Velveeta. »Sie reden doch nur Müll, Mr Worthy.«
Er verzog das Gesicht. »Wir sind noch nicht fertig, Ms
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