Scharade der Liebe
los? O Gott, ist Sinjun etwa krank?«
»Nein«, erwiderte Colin gebrochen.
»Warum glaubst du dann, dass ihr Leben in Gefahr ist?«, fragte Gray mit hochgezogenen Augenbrauen. »Hat dir der Arzt es gesagt?«
Colin, der mit gesenktem Kopf mitten im Arbeitszimmer stand, meinte: »Ihr versteht das nicht. Wir sind jetzt fast vier Jahre verheiratet, und sie ist noch nie schwanger geworden. Ich glaubte schon, wir würden eben keine Kinder bekommen, aber weil ich ein geiler Bastard bin, habe ich sie immer wieder dazu gezwungen, meinen Samen zu empfangen, und ihr gefällt das ja auch. Schließlich stürzt sie sich im Schlafzimmer immer auf mich, oder sie zieht mich hinter die Treppe. Ja, und jetzt ist es eben passiert.«
»O Gott«, rief Douglas. »Du geiler Bastard! Ich hätte es wissen sollen! Aber ich ahnte es ja, schon in der Minute, als du Sinjun vor vier Jahren in der Eingangshalle meines eigenen Hauses geküsst hast - du hast damals kaum ihren Namen gekannt, aber gleich deine verdammten Hände auf ihren Hintern gelegt und ihr die Zunge in den Mund gesteckt. Bei Gott, du elender schottischer Mistkerl, du hast sie gezwungen?«
Douglas sprang auf Colin zu und legte ihm die Hände um den Hals. Sofort wälzten sich die beiden Männer auf dem Boden, wobei eine von Grays kostbaren chinesischen Vasen, die gerade erst vor einem halben Jahr aus Macao geliefert worden war, in ernsthafte Gefahr geriet.
Die Tür wurde aufgerissen, und Sinjun stürmte ins Arbeitszimmer. »Hört auf, ihr beiden! Hört sofort auf, habt ihr verstanden?«
Aber außer Grunzlauten und saftigen Flüchen erreichte sie nichts.
Entschlossen packte sie Grays Vase und warf sie auf Douglas' Rücken.
Grays chinesische Vase aus Macao zerbarst. Fassungslos starrte er auf die Scherben. Douglas und Colin standen langsam auf, schwer atmend wie Männer, die den ganzen Weg von Bath nach London gerannt waren.
»Ihr verdammten Kerle!«, schrie Sinjun sie an. »Hört mir zu. Ich werde nicht sterben. Können eure kleinen Gehirne das verstehen? Ich habe nicht die Absicht zu sterben. Hör mir zu, Colin: Ich werde nicht sterben!«
Gray befahl Quincy, der sich an die Wand neben der Tür drückte: »Quincy, hol bitte noch Brandy. Ich habe bloß eine halbe Flasche hier.« Dann wandte er sich wieder an Sinjun. »Und während sich Quincy jetzt langsam außer Hörweite begibt, sagst du mir, wo Philip und Dahling sind.«
»Sie sind in Douglas' Stadthaus. Oh, ich verstehe.« Sinjun wartete, bis Quincy die Tür zum Arbeitszimmer hinter sich geschlossen hatte. Rasch wandte sie sich wieder ihrem Bruder und ihrem Mann zu, die einander mit einer Mischung aus Verlegenheit und Feindseligkeit anstarrten. Über die Schulter sagte sie: »Gray, hör bitte weg, da dies nicht dein Problem ist. So ist es gut. Trink deinen Brandy -du kannst ihn brauchen, vor allem, da die beiden Herren hier ein solches Melodrama aufgeführt haben. Nun, Douglas, Colin, ich habe nicht die Absicht, bei der Geburt unseres Sohnes oder unserer Tochter zu sterben. Ich bin gesünder, als ich je in meinem Leben gewesen bin.«
Colin öffnete den Mund, aber Sinjun hob die Hand und brachte ihn zum Schweigen. »Du hältst den Mund. Gut, ich werde euch jetzt die Wahrheit erzählen. Ich bin ganz einfach deshalb nicht schwanger geworden, weil ich noch nicht bereit dazu war, Colin. Aber vor drei Monaten beschloss ich, dass Philip und Dahling ein Geschwisterchen brauchen. Sie sind zu mir gekommen und haben mich gebeten, darüber nachzudenken. Das habe ich getan. Und als ich dazu bereit war, wurde ich schwanger. Mehr ist dazu nicht zu sagen.«
»Eine Frau beschließt doch nicht, ob sie schwanger werden will oder nicht«, schrie Douglas sie an. »Bist du blöde?«
»Lass sie in Ruhe, Douglas. Sie ist meine Frau. Ich rede mit ihr. Also was, zum Teufel, soll dieser Unsinn? Du hast es beschlossen?«
Sinjun trat zu ihrem Ehemann, legte ihm die Hand auf die Wange und lächelte ihn an. »Ich werde dir einen wunderschönen Sohn oder eine Tochter schenken. Ich habe die Absicht, Mutter zu werden. Und dann werde ich Großmutter. Du und ich, wir werden zusammen exzentrische alte Käuze werden. Wir werden gemeinsam unsere Zähne verlieren. Wir werden einander jeden Abend die Treppe hinauf helfen. Keinem von uns wird etwas passieren, Colin. In Ordnung?«
Er konnte nichts erwidern. Er starrte sie nur an.
»Ich lüge nicht, Colin. Bestimmt nicht.«
Colin nickte, dann zog er sie ganz langsam und äußerst vorsichtig in die Arme. Er
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