Scharade der Liebe
gern Mathilda und Maude es haben, wenn Jack sie frisiert, ihre Schuhe putzt und ihnen die Fingernägel feilt. Wir finden sicherlich jemand anderen für dich. Es ist doch äußerst seltsam, dass ein Kammerdiener so gefragt ist.«
Sir Henry hatte so laut mit den Zähnen geknirscht, dass Baron Cliffe - der Bastard - es bestimmt hören konnte. »Ich will Jack zurück, und zwar auf der Stelle. Ich sage Euch, er gehört mir.«
In diesem Augenblick war Gray direkt auf Sir Henry Wallace-Stanford zugegangen und hatte gesagt: »Ihr werdet auf der Stelle mein Haus verlassen. Ihr werdet Jack nirgendwohin mitnehmen. Er bleibt hier, wo er in Sicherheit ist.«
»Nun gut, verdammt. Jack ist ein Mädchen. Sie ist meine Tochter, und sie ist von zu Hause weggelaufen. Ihr habt kein Recht auf sie, nicht das geringste.«
Gray hatte gefragt: »Und warum ist sie von zu Hause weggelaufen?«
»Das geht Euch nichts an.«
Da hatte er gelächelt. »Nun gut, Sir Henry. Ich werde mit Jack reden und die Wahrheit herausfinden. Ich werde auch mit Maude und Mathilda reden. Ihr könnt morgen wiederkommen, und dann werde ich Euch sagen, was geschieht.«
»Ihr arroganter junger Schnösel, Ihr glaubt, Ihr seid stark, aber ich kann Euch brechen, ich kann Euch vernichten, ich kann ...«
Plötzlich, so schnell, dass Gray es kaum gemerkt hatte, hatten Douglas und Colin hinter Sir Henry gestanden. Douglas Sherbrooke hatte leicht die Hand auf Sir Henrys Schulter gelegt. »An Eurer Stelle würde ich auf meine Worte achten«, hatte er ganz ruhig gesagt. »Mein Schwager und ich sind größer als Ihr, Sir Henry. Außerdem sind wir sehr gute Freunde von Gray.«
Sir Henry war zusammengezuckt. »Verflucht sollt Ihr alle sein. Ich komme wieder, und dann bringe ich Männer mit, die die Hexe hier herausholen.« Und damit war er weg gewesen.
Jack war kreidebleich, nachdem Gray ihr die Geschichte erzählt hatte. »Nein«, sagte er. »Ich wollte zwar, dass du genau weißt, was dein Stiefvater gesagt und womit er gedroht hat, weil du ein Recht darauf hast. Aber du brauchst keine Angst zu haben.«
»Er ist ein gefährlicher Mann.«
»Das ist egal«, erwiderte Gray. Er starrte in die dunkle Zimmerecke. »Sag mir, Jack, müssen wir ihn zu unserer Hochzeit einladen?«
11
Jack schoss hoch, warf die Decken zurück und sprang aus dem Bett. Da das Bett so hoch war, geriet sie ins Taumeln und fiel auf alle viere.
»Nein!«, schrie sie ihn an, während sie sich aufrappelte. Er war bereits aufgestanden, um ihr zu helfen.
»Nein! Beweg dich nicht von der Stelle!« Und dann stand sie in ihrem Nachthemd vor ihm und schüttelte drohend die Faust.
Sie funkelte ihn aus ihren hübschen Augen an. Die Frau, stellte Gray fest, war ernstlich durcheinander. Sie beugte sich vor, als habe sie Angst, dass er sie sonst nicht verstehen würde. »Beweg dich nicht und sag keinen Ton mehr. Du brauchst nicht eine Sekunde zu denken, dass du mit mir machen kannst, was du willst.
Es ist völlig absurd, was du gerade gesagt hast. Du bist grausam und überhaupt nicht witzig. Sag kein Wort! Ich möchte nichts von dem hören, was du zu sagen hast. Nichts, verstehst du mich? Was, zum Teufel, hast du überhaupt gemeint?«
»Wie Tante Mathilda, die begnadete Rednerin, sagen würde: Heirat. Mich.«
»Das ist lächerlich.«
»Ach, lächerlich ist das? Nun, vielleicht hast du Recht. Es war kein besonders romantischer Heiratsantrag, nicht wahr? Leg dich wieder hin, Jack. Ich will nicht, dass du wieder krank wirst. Ich habe vier Tage damit zugebracht, dir die Stirn und zahlreiche andere Körperteile abzuwischen. Mein Rücken tut weh. Du hast mich fertig gemacht. Ich möchte nicht, dass du einen Rückfall bekommst.«
Sie setzte sich auf die Bettkante und ließ ihre schmalen, kleinen Füße herunterbaumeln. Er lächelte sie an. Alles in allem war das mit der Heirat leichter, als er gedacht hatte, obwohl es seltsam war, ein Mädchen zu bitten, seine Frau zu werden, dessen Nachnamen er erst seit zehn Minuten kannte. Sie schwieg und starrte auf ihre Hände, die sie im Schoß gefaltet hatte. Er wartete, aber sie sagte nichts.
»Nun gut«, meinte er schließlich, »wenn du mich nicht heiraten willst, sehe ich keine andere Möglichkeit mehr, als dich deinem Stiefvater zurückzugeben. Wie alt bist du?«
»Fast neunzehn.«
»Also achtzehn. Er hat noch Macht über dich, Jack. Es tut mir Leid, dass ich dir das sagen muss, aber auch Lord Burleigh könnte dich noch nicht beschützen. Er ist dein Vormund und
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