Scharade der Liebe
wissen muss, das ihm nützt. Aber für später habe ich einige Beobachtungen gemacht, die dir sicher dienlich sein könnten. Ich erzähle sie dir, wenn der Tag deines Untergangs naht. Herzlichen Glückwunsch, Gray.«
13
Gray saß über seinen Schreibtisch gebeugt und schrieb die Heiratsanzeige für die London Gazette. Beim Namen der Braut schrieb er >Jack<. Grinsend strich er ihn wieder aus. Winifrede. Entsetzlich, aber das spielte keine Rolle. Winifrede Levering. Na ja, Graciella fand er auch nicht viel besser.
Es war fast Mitternacht. Mr. Harpole Genner und Lord Bricker hatten ihn abends besucht und ihm mitgeteilt, er solle ruhig mit den Hochzeitsvorbereitungen fortfahren. Er habe zwar die Tugend der jungen Dame nicht verletzt, aber da das in den Augen der Gesellschaft keine Rolle spielte, würde sie zweifellos eine hervorragende Ehefrau für ihn abgeben.
Dann hatten sie miteinander einen Brandy getrunken.
Er schrieb die Anzeige fertig und blickte auf, als es an der Tür klopfte.
»Herein.«
Es war Jack, die blass, verängstigt und albern aussah in Mathildas schwarzem Morgenmantel, der ihr viel zu lang war. Sie musste unbedingt einen neuen haben.
»Nur noch einen Augenblick«, sagte Gray. Er stand auf und trat zum Kamin, vor dem Eleanor schlief. Er hob sie hoch, wartete, bis sie sich gestreckt und ihre Krallen in seine Schulter geschlagen hatte, und sagte dann: »Eleanor, das ist Jack. Sie zieht bei uns ein. Begrüß sie, denn nach Freitag wird sie bei uns im Bett schlafen.«
Bei ihm im Bett schlafen? Jack legte sich die Katze über die Schulter und streichelte sie. Dabei sagte sie: »Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht, Gray. Wir werden alle zusammen im selben Bett schlafen?«
»Das ist so, Jack. Das hat nichts mit Verführung oder sonst etwas Interessantem zu tun. Nein, wir drei werden nebeneinander liegen, schnarchen und träumen und uns vielleicht gegenseitig kraulen.«
Jack streichelte immer noch die anscheinend knochenlose Eleanor und erwiderte: »Das waren die seltsamsten zwei Wochen meines Lebens. Meine Mutter hat immer zu mir gesagt, ich besäße die Fantasie von mindestens sechs Kindern. Aber dass dies alles geschehen könnte, hätte ich mir nie vorstellen können.«
»Mir ist es auch noch nie zuvor passiert, dass eine Ehefrau namens Jack in mein Leben getreten ist. Ich könnte fast meinen, ich hätte ein zu ruhiges, geordnetes Leben geführt. Vielleicht war es an der Zeit, dass ich in die Wirklichkeit zurückkehre. Und wenn ich es so bedenke, bist du sicher keine schlimme Wirklichkeit, Jack. Meine Eleanor jedenfalls scheint dich zu mögen. Natürlich ist sie müde, weil sie heute drei Stunden hinter einer Maus her gejagt ist. Vielleicht liegt es ja daran. Sie würde wahrscheinlich jeden mögen, der sie nur sanft genug streichelt.«
Plötzlich sah er seine eigenen Hände auf ihr. Sie waren zwar schon einige Male auf ihr gewesen, aber nicht mehr in der letzten Zeit; in den vergangenen drei Tagen war er ihr überhaupt nicht mehr nahe gekommen. Es juckte ihm in den Fingern. Ihr Haar war zu einem Zopf geflochten, der vom Schlafen schon wieder ganz aufgelöst war. Er liebte die losen Strähnen, die sich um ihr Gesicht ringelten. Ein hübsches Gesicht, dachte er. Ja, sie hatte ein sehr hübsches Gesicht, voller Charakter und Humor.
Sie würde seine Frau werden.
Am Freitag. O Gott.
»Gray?«
Er blinzelte, damit der Schleier vor seinen Augen verging, derselbe Schleier übrigens, der sich auf seinen Verstand gelegt hatte. »Ja, Jack? Ist dir Eleanor zu schwer? Tut dir die Schulter weh? Bist du immer noch müde?«
»Nein. Ich habe mich gefragt, wo mein Stiefvater wohl war. Er wollte doch heute wieder kommen, nicht wahr?«
»Ja.« Er nahm Eleanor und legte sie auf ein Kissen vor dem Kamin. »Setz dich, Jack, bevor du auf dem Teppich zusammenbrichst. Du siehst ein bisschen weiß um die Nase aus. Du kannst Eleanor ja auf den Schoß nehmen.«
»Sag mir«, erwiderte sie und machte es sich mit der Katze gemütlich, »was hat er vor?«
Gray betrachtete die beiden lächelnd. Eleanor legte sich gerade auf Jacks Schenkeln zurecht.
»Er sagte, ohne jegliche höfliche Einleitung, dass er gekommen sei, um dich nach Hause zu holen, dass er das Haus nicht verlassen würde, bevor du ihm nicht übergeben würdest, und dass er dich notfalls mit Hilfe des Magistrats hier herausholen lassen würde. An diesem Punkt bot ich ihm einen Brandy an, stieß mit ihm an und sagte kühn >Schwiegerpapa< zu
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