Scharfe Pranken
alles deine Schuld.«
»Wie kannst du dich nur selbst aushalten?«
»Das kann ich dir entweder beim Abendessen erklären, oder wir diskutieren dieses verdammte Thema in den nächsten zehntausend Stunden aus, während dein gesamtes Team uns durch die Tür zuhört. Entscheide selbst, was schlimmer ist.«
»Schön. Abendessen, und du bringst mich nach Hause. Und dann rede ich nie wieder mit dir.«
»Verschiebe diese Drohung bis nach der Meisterschaft, Blayne!«, brüllte Gwen durch die Tür.
»Halt die Klappe!«
Bo wuchtete sich auf den Fahrersitz, knallte die Tür zu und stellte den Motor seines Wagens an. Er schaltete die Heizung ein und versuchte, nicht zu verlegen zu wirken, als sie mit einem Röcheln zum Leben erwachte. Er benutzte sie eben nie, nicht mal mitten im kältesten Winter. Blayne war jedoch viel zu sehr damit beschäftigt, ihn verärgert anzufunkeln, um es zu bemerken oder sich dafür zu interessieren.
In den letzten Wochen hatte Bo viel über Blayne gelernt, und wenn er inzwischen eines wusste, dann, dass es kinderleicht war, sie von fast allem abzulenken. Normalerweise trieb ihn diese spezielle Charaktereigenschaft fast in den Wahnsinn, aber nun kam sie ihm gelegen.
Er griff auf die Rückbank seines Wagens und holte eine kleine Tüte hervor.
»Ich habe dir was gekauft«, sagte er. Er nahm die Schachtel aus der Tüte und legte sie auf ihren Schoß. Blayne würdigte sie keines Blickes, also öffnete Bo die Schachtel für sie – und wartete.
Es dauerte etwa dreißig Sekunden, bis ihre Neugier die Oberhand gewann und sie auf die Schachtel hinunterschaute. Zwei Sekunden später durchbohrten ihn ihre wütende braune Augen.
»Eine Uhr?«, fragte sie. »Du hast mir eine Uhr gekauft?«
»Sei nicht gleich sauer«, erwiderte er. »Sie soll dir nur dabei helfen, dein Zeitmanagement zu verbessern, bevor du mich noch zum Alkoholiker machst.«
»Weil ich öfter mal auf deine Uhr schaue, wenn ich wissen will, wie spät es ist, oder weil ich hin und wieder ein paar Minuten zu spät gekommen bin?«
» Fünfzehn Minuten zu spät. Fünfzehn ist eine Menge.« Er hob den Zeigefinger. »Wage es nicht, sie zu werfen.« Er schnappte sich die Schachtel und holte die Uhr heraus. »Lass uns doch mal schauen, wie sie dir steht.«
»Ich kann diese Uhr nicht annehmen.«
»Warum denn nicht?« Er zog die alberne, nutzlose Uhr von ihrem Handgelenk, schleuderte sie in die hinterste Ecke seines Wagens, ignorierte, wie Blayne wütend nach Luft schnappte, und legte ihr die neue Uhr an, die er erst an diesem Abend bei einem Bären-Juwelier ein paar Blocks vom Sportzentrum entfernt gekauft hatte.
»Bo, die ist zu teuer.«
»Wie kommst du darauf?«
»Willst du mir weismachen, dass du die bei irgendeinem Straßenhändler gekauft hast?« Anstatt ihr zu antworten, starrte er sie nur an, bis sie schließlich blinzelte und auf die Uhr hinunterschaute. »Du hast sie bei einem Straßenhändler gekauft?« Er starrte sie weiter an, schließlich hatte das auch beim ersten Mal funktioniert. »Für wie viel?«
»Fünfzig.«
»Fünfzig? Dafür?« Sie schnaubte leise. »Ich hätte ihn auf höchstens fünfunddreißig runtergehandelt. Die ist ja noch nicht mal ein Imitat von einer großen Marke. Meirston? Was soll das denn für ein Wortspiel sein?«
»Ich hab keine Ahnung.« Tatsächlich war es der Markenname einer sehr alten, sehr mächtigen Bärendynastie, die bereits seit Moses’ Zeiten Schmuck herstellte und verkaufte. Zumindest behaupteten sie das in ihrem Werbematerial. »Aber sie ist doch hübsch, oder?«
»Ja.«
»Die hält einiges aus.«
Sie schürzte die Lippen. »Was genau soll das nun wieder heißen?«
»Willst du wirklich, dass ich dir deine Tollpatschigkeit im Detail auseinandersetze?«
»Nein. Das wird nicht nötig sein.«
»Gut.« Er legte seine Hand auf den Schalthebel. »Bist du noch sauer?«
»Stinkwütend.« Sie lächelte ihn an. »Aber ich glaube, ich komme drüber hinweg, wenn das Essen gut ist.«
»Es wird großartig«, erwiderte er und fuhr aus seinem Parkplatz. »Versprochen.«
»Da ist sie ja«, sagte der Junge neben ihm und deutete auf den ausparkenden Wagen. »Sie ist mit …«
»Mir egal.« Er klopfte dem Fahrer auf die Schulter. »Bleib dicht dran, aber schreck sie nicht auf.« Der Lieferwagen folgte dem Pärchen, und er gesellte sich wieder zum Rest seines Teams. Er machte diesen Job erst seit sechs Monaten, aber er war besser bezahlt als das, womit er sich in den letzten zwanzig Jahren
Weitere Kostenlose Bücher