Schartz, S: Elfenzeit 19: Kampf um Earrach
Flächenbrand auszulösen. Sommerflieder, auf denen tödliche Schmettervipern lebten. Und viele mehr.
Der wie eine Glocke über den Baum und seine Wächter gestülpte Schutzbann schimmerte sanft und silbriggolden; weithin sichtbar gab er jedem das deutliche Signal, nicht mehr weiterzugehen. Ein solcher Bann galt als unüberwindlich.
Zumindest bisher.
Nadja achtete nicht auf das, was draußen geschah. Sie konnte nicht stehen bleiben und beobachten, ohne selbst etwas zu tun.
Es klopfte schüchtern an die Tür. David, der seinen Sohn im Arm hielt, erhob sich aus dem mit dicken Kissen belegten Weidensessel und öffnete. Draußen standen Pirx, Grog und Rian. Wortlos ließ er sie ein und schloss die Tür nach einem kurzen Blick auf den Gang.
Rian ließ sich in den zweiten Sessel fallen, und sofort kam ein geflügeltes Dienerchen und brachte ihr Nektar, Zuckerveilchenschoten und andere Leckereien. Während sie naschte, spielte sie gedankenverloren mit ihrem Cairdeas am Handgelenk, das Nadja ihr von Robert übergeben hatte.
Grog gesellte sich zu David, der sich auf seinem vorherigen Platz niedergelassen hatte, und schäkerte leise mit Talamh. Der Sohn des Frühlingszwielichts ließ kleine Gänseblümchen auf der Kartoffelnase des Kobolds wachsen.
Lediglich Pirx beobachtete Nadja mit immer größeren Augen. Schließlich trippelte er neben sie und sah zu ihr auf. »Hallo«, sagte er schüchtern.
»Lass mich in Ruhe«, gab Nadja ungehalten zurück. »Damit muss ich allein fertig werden.«
David runzelte die Stirn, sagte jedoch nichts.
»Womit?«, fragte Rian.
»Egal.«
»Na sicher.« Die Prinzessin zuckte die Achseln. »Wen sollte es interessieren?«
Nadja blieb stehen, drehte sich zu ihr um. Erst in diesem Moment schien ihr bewusst zu werden, wen sie da vor den Kopf stieß. Mit einer müden und zugleich wütenden Geste strich sie das Haar aus ihrer Stirn. »Ach verflixt. Es tut mir leid.« Sie stieß heftig den Atem aus, während sie sich auf die Bettkante plumpsen ließ. Ihr war anzusehen, dass sie mit den Tränen kämpfte.
»Es ist so weit, versteht ihr?«, stieß sie erstickt hervor. »Jetzt ist es passiert.«
Rian stand auf, rückte den Sessel näher zu ihr, setzte sich wieder und legte eine Hand auf Nadjas Knie. »Raus damit.«
Nadja warf einen Blick zu David, der sie ruhig beobachtete, während er den inzwischen eingeschlafenen Talamh sacht wiegte. Sie spürte, wie eine Träne sich den Weg frei kämpfte, und wischte sie mit steifen Fingern ab.
Dann brach es endlich aus ihr hervor. »Meine Verbindung zur Menschenwelt … ist gekappt. Endgültig. Es gibt dort nichts mehr, was mich hält. Tom war mein letzter Anker, und … er ist auch gegangen.«
»Aber er ist doch wieder in der Menschenwelt«, widersprach Rian.
»Schon.« Nadja schniefte. »Doch mit Marco hat er einen neuen Weg betreten, die Vergangenheit ist für ihn abgeschlossen. Seine einzige Verbindung zu unserem gemeinsamen Abenteuer ist sein erstes Buch, aber bereits sein zweites Werk wird in seinem neuen Leben wurzeln. Ich weiß nicht, wohin die beiden gehen werden, aber ihr Weg ist auf jeden Fall von meinem getrennt.« Nadja räusperte sich und atmete mit einem Stoßseufzer aus.
»Robert und Anne«, fuhr sie fort. »Mein Freund Robert ist unerreichbar fern. Er wird mit Anne ein magisches Reich neu aufbauen und dort … herrschen oder was auch immer. Er hat eine neue Heimat gefunden, und das ist gut so, da er schließlich eine neue Existenzform angenommen hat. Als Mensch wäre er nicht mehr lange durchgegangen.« Sie schüttelte leicht den Kopf. »Ich vermisse sie alle. Es ist genauso, als wären sie tot. Ich habe sie verloren, für immer. Damit … muss ich erst mal fertig werden.«
Pirx ergriff ihre Hand und streichelte sie. »Aber du hast deine eigene kleine Familie«, piepste er. »David und Talamh. Und wir sind deine Freunde.«
»Das ist nicht so einfach«, erwiderte Nadja. »Ihr … seid in eure Heimat zurückgekehrt. Ich habe meine verlassen.«
»Weil du jetzt zu uns gehörst«, sagte Grog mit seiner brummigen, sanften Stimme. »Auch du bist zurückgekehrt.«
»Vielleicht, mag sein.« Nadja stand auf und trat ans Fenster. »Aber wohin denn? In ein zerrüttetes Reich, das vom Krieg gezeichnet ist. Ich weiß gar nicht, ob ich jemals Gelegenheit bekomme, mich hier einzuleben. Das Land stirbt, und wer weiß … wie alles ausgeht.« Sie lehnte sich an einen von Lianen umflochtenen Ast. »So viele Opfer haben wir schon zu beklagen«, sagte
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