Schartz, S: Elfenzeit 19: Kampf um Earrach
geleistet, Gebieterin«, sagte der Getreue mit veränderter, beinahe weicher Stimme. Vielleicht, um sie milde zu stimmen?
Tatsächlich verloren ihre Züge den strengen Ausdruck. »Ich hätte dich in dieser Stunde des Sieges lieber an meiner Seite gehabt.«
Er neigte leicht den Kopf. »Es tut mir leid, meine Königin, aber ich wurde gerufen. Ich weiß, Ihr könnt diesen Krieg ohne mich führen, deswegen kümmere ich mich um alles, was sonst noch anfällt.«
Sofort erwachte wieder das Misstrauen in ihr. »Und was sollte das sein?«
»Nichts, was Euch bekümmern muss«, wich er aus, trat zu ihr und legte seine Arme um sie. Sie ließ es sich gefallen, ein wenig überrumpelt von seiner Annäherung. »Ihr seid nun die Kriegskönigin, und das allein zählt. Euer Marsch auf das Baumschloss ist das erkorene Ziel.«
»Gewiss.« Sie ließ den Kopf in den Nacken sinken, als er sich über sie beugte, um sie zu küssen. »Auch uns wird diese Pause guttun …«
»Darüber bin ich sehr dankbar«, murmelte er an ihren Lippen. »Setzt den Weg erst fort, wenn alle wieder bei vollen Kräften sind, denn nun betreten wir Fanmórs Herrschaftsbereich. Ab jetzt wird es schwieriger.«
»Alles, was du willst …«
»Wartet mit dem nächsten Angriff, bis ich wieder bei Euch bin.«
»Wovon sprichst du?«
Immer noch hielt er sie in seinen Armen und liebkoste sie mit Händen und Lippen, während er ihr seine Worte ins Ohr flüsterte. Ihr Widerstand erwachte, gefolgt von Zorn, aber sie blieb gefügig.
»Ich habe etwas Dringendes zu erledigen, deshalb muss ich Euch noch einmal verlassen. Doch ich werde bald zurück sein, ich verspreche es. Wartet auf mich..«
Damit ging er aus dem Zelt, und Bandorchu blieb sprachlos zurück.
14 Eine zweite Chance
In welchem Film bin ich hier gelandet?
, schoss es Tom durch den Kopf, während er an Cagliostro geklammert in die Tiefe stürzte. Der Fall dauerte lange, und er schien direkt bis in die Hölle hinunterzuführen.
Aufstieg und Fall eines jungen, aufstrebenden Enthüllungsautors
, dachte der junge Mann sarkastisch.
Ihm war, als stürze er durch Schichten der Vergangenheit. Immer wieder blitzten Zerrbilder in seinem Geist auf, die wohl Szenen aus früheren Begebenheiten darstellten, die er aber nicht verstand. Nichts davon hatte mit ihm zu tun. Dann begriff er, dass es Cagliostros Gedankenfetzen waren, die sich auf ihn übertrugen. Es schüttelte ihn vor Grauen, und er wollte die Bilder ausblenden, die Verbindung unterbrechen, aber das konnte er nicht.
Hitze und Kälte durchzuckten ihn gleichermaßen, und es gab keinen Halt, keine Orientierung. Nichts, um den rasenden Fall ins Nirgendwo aufzuhalten.
Dies war nicht das Ende, mit dem er gerechnet hatte. Würde es überhaupt je enden? Gab es wirklich eine Hölle? Die Elfen hatten eine gehabt, das Schattenland. Vielleicht gelangte er gerade zu einem ähnlichen Ort, an den Cagliostro geschickt wurde, und hatte keine Wahl, als ihn zu begleiten, weil er sich immer noch an ihm festkrallte.
Panik ergriff Tom, aber kein Ton drang über seine spröden Lippen. Langsam drehte er sich im Fall, oder drehte sich die Welt um ihn? Er konnte es nicht mehr unterscheiden.
Toms Leben war nicht arm an Momenten der Verzweiflung gewesen. Aber das übertraf alles. Anscheinend hatte sein Vater doch recht gehabt: Er war ein Versager, brachte nichts zustande und machte alles nur falsch. Wenn er sich wenigstens hätte verabschieden können!
Dumm.
Dumm, dumm, dumm.
Was hatte Cagliostro vorhin gesagt?
Du bist ein Träumer und ein Narr
.
Ganz genau. Aber hatte er nicht noch etwas dazu gesagt?
Scaramuccia
.
Wieso erinnerte der ehemalige Conte del Leon sich daran? Hatte er ihn damals tatsächlich so intensiv wahrgenommen? Hatten sie da etwa das erste Band geknüpft?
Möglich wäre alles. Immerhin war Tom dem Getreuen damals zum ersten Mal begegnet, ohne seine wahre Identität zu kennen, und hatte sich in seine Larve als Pantalone verliebt. Seither war alles miteinander verknüpft.
Warum? Hatte er wirklich jemals eine Wahl gehabt, oder war sein Leben trotz aller Bemühungen unaufhaltsam auf diesen finalen Moment zugeeilt? Jedenfalls schloss sich der Kreis soeben, und ganz gewiss war es ein Kreis, keine Sackgasse. Irgendwie … ergaben viele Dinge plötzlich einen Sinn.
Zumindest konnte Tom sich das einreden. Denn eine Antwort auf seine Fragen würde er sicherlich nie mehr erhalten.
Tom sah das Gesicht des Magiers nicht und wusste nicht, ob Cagliostro bei Bewusstsein
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