Schartz, S: Elfenzeit 19: Kampf um Earrach
ich war es. Was ist, hast du Angst vor einer Frau?«
»Kennst du Anne?«
»Nun geh schon!«
Die Tür war nicht einmal verriegelt. Robert trat einfach ein und verharrte staunend.
Vor dem Fenster saß ein Wesen, das ihm wie das klassische Abziehbild einer Elfe vorkam: zarte Flügel, eine feingliedrige Gestalt mit üppigen weiblichen Attributen, phantasievolle Kleidung und lange, herrliche Haare. Ein liebliches Gesicht wandte sich ihm zu, und Erstaunen trat in die großen Augen.
»Noch ein Vampir?«, hauchte die edle Lady.
»Wie? Oh, Verzeihung …« Robert war sich nicht bewusst gewesen, dass er immer noch angriffslustig die Raffzähne fletschte. Hastig stülpte er die Lippen darüber und sorgte dafür, dass sich der Fang zurückbildete und er wieder ein manierliches Aussehen annahm. »Äh, ja, Vampir, aber ich bin einer von den Guten – ehrlich!«, beteuerte er. »Ich hole … ich meine,
wir
holen Euch hier raus!«
»So?« Misstrauisch hob Bethlana die Brauen. Ihre langgliedrigen Finger verknoteten sich nahezu ineinander, ein sicherer Ausdruck ihrer Nervosität.
»Nun, ähm, zieht bitte keine voreiligen Schlüsse«, bat Robert und gab den Blick auf den Eingang frei, und dort, vor der Schwelle, stand Catan.
Die Königin von Llundain stieß einen spitzen Schrei aus und schien nahe daran, in Ohnmacht zu fallen. Ihre Stirn umwölkte sich, und Robert sah seltsame kleine Schattenrisse darum herumflattern.
»Also, ob Ihr’s glaubt oder nicht: Er gehört jetzt auch zu den Guten«, fuhr Robert hastig mit seiner Erklärung fort. Als Catan fauchte, milderte er etwas ab: »Zumindest in der Hinsicht, dass er Sinenomen die Gefolgschaft aufgekündigt hat und die alte Ordnung wiederherstellen will.«
Die Königin hielt abwehrend die Hände vor sich. »Das ist ein Trick. In Wahrheit will er sich endlich meiner bemächtigen …«
»Ich weiß, wie das alles aussieht, Hoheit, und ich wünschte, ich hätte alle Zeit der Welt, um Euch zu beweisen, dass wir Eures Vertrauens würdig sind. Aber das geht nicht. Denn Anne wird gerade vor Sinenomen geführt und …«
»Anne?«, unterbrach ihn Bethlana. Ihr Blick drang tief in Roberts Gedanken ein, er konnte es nicht verhindern, und dann klärte sich ihre Miene. »Lan-an-Schie«, flüsterte sie. »Ist sie etwa gekommen, um
mich
zu retten?«
»Euch, Llundain, Middleark … die ganze verdammte Welt, Königin«, antwortete Robert. »Deshalb müssen wir uns beeilen. Ihr Vater wird bald wissen, dass sie sich gegen ihn gestellt hat, und dann sieht es nicht gut für sie aus.«
Die Fee wurde noch eine Spur blasser. »Sinenomen …
Er
ist ihr Vater? Aber natürlich. Ich hätte es wissen müssen. Sie hat nur wenig über ihn gesprochen, nannte ihn den Mörder ihrer Mutter, wenngleich ohne seine Identität zu verraten …« Ein entschlossener Ausdruck trat auf ihr Gesicht, und sie raffte die Röcke. »Also gut, mein Freund Vampir …«
»Ach natürlich, Verzeihung, ich heiße Robert. Ich fürchte, ich habe meine Manieren irgendwo verlegt.«
»Mein Freund Robert, ich glaube Euch. Ihr könnt mich hinsichtlich Lan-an-Schie nicht belügen. Zudem vermag kein feindlich gesinnter Mann diesen Raum zu betreten. Also dann, ich danke für Eure Rettung, und nun schreiten wir zur selbigen für Lan-an-Schie!« Energisch trat sie über die Schwelle, mit einem misstrauischen Blick auf den Pantherelfen, der ihr Platz machte und sich leicht verneigte. »Braves Kätzchen«, murmelte sie und wäre beinahe über einen am Boden liegenden Körper gestolpert. Mehrere derartige Hindernisse versperrten ihr den Weg, und sie musste notgedrungen über sie steigen. »Was ist denn mit denen?«
»Nur ein kleines Schläfchen, Hoheit.« Catan schnurrte beinahe.
Bethlana zog ein Schnupftüchlein aus dem Ärmel und wedelte damit hektisch durch die Luft. »Besser, ich frage nichts, nein, gar nichts. Das macht nur meine Moodys nervös. Führt mich zum Thronsaal!« Sie winkte den beiden Wachen zu, die sich sofort mit strahlenden Mienen an ihre Seite stellten.
Catan eilte voran, ebenso geschmeidig wie lautlos. Robert blieb hinter der Königin, gefolgt von den Wachen.
»Kennt Ihr einen Geheimgang, Majestät?«, fragte der Pantherelf, als sie die Treppe des Turms erreichten.
»Natürlich!«, antwortete Bethlana und klang regelrecht empört darüber, dass er an ihrer Ortskenntnis gezweifelt hatte. Dann glitt ihr Blick aus dem Fenster, und sie seufzte. »Aber der liegt dort unten im Graben, zusammen mit allen anderen
Weitere Kostenlose Bücher