Schartz, S: Elfenzeit 19: Kampf um Earrach
umnebelten Gedanken drang ein ferner Schrei.
Anne!
Robert
, dachte sie halb betäubt. Konnte er sie spüren? War ihre Verbindung so innig?
Gib nicht auf! Wehr dich gegen ihn, du kannst es! Ich bin gleich bei dir!
Robert
…
Sie erstarrte, und Widerstand regte sich in ihr. Sie wich zur Seite, und die Zähne, die soeben zuschlagen wollten, glitten von ihrem Hals ab. »Nein!«, wiederholte sie. Dann stemmte sie die Füße in den Boden; ihre Arme zerrissen die Fesseln und ruckten abwehrend hoch, in einer Kampftechnik, die sie von Miyamoto Musashi gelernt hatte, dessen Muse sie einst gewesen war. Es gelang ihr, ihren Vater zurückzuschleudern.
Mit einem überraschten Aufschrei flog er durch die Halle und prallte schwer gegen die Thronstufen, in die er ein Loch schlug.
Die dunklen Haare hingen Anne ins Gesicht, als sie ihm folgte – in geduckter Haltung, wie ein lauerndes Raubtier, mit vorgerecktem und leicht geneigtem Kopf. Ihre tief liegenden Augen glühten in einem dunklen Licht, ihr Gesicht war zur Grimasse verzerrt.
»Du Schwein!«, stieß sie hervor. »Ich allein entscheide über mich!«
Sinenomen erhob sich und schüttelte sich wie eine Katze. »Du kannst mir keinen Widerstand leisten!«
»Oh doch, und weißt du, warum? Weil ich dir überlegen bin!«, schrie sie. »Ich habe bereits getan, was du gerade vorhattest – ein Geschöpf zu erschaffen, das so ist wie ich! Aber anders, als du es dir jemals vorstellen könntest, und es besitzt immer noch einen freien Willen. Ich bin nicht allein! Und du hast keine Macht mehr über mich!«
»Das werden wir sehen«, sagte er grollend und ging langsam auf sie zu.
In diesem Moment flogen die Tore auf.
»Du kennst dich recht gut aus«, stellte Robert fest, während er Catan durch das Heckengewirr folgte.
»Diese verrückte Trollin Adelaide hat mich geführt«, antwortete der Pantherelf und nahm seine Katzengestalt an. Sein schwarzes Fell glänzte im Nebelgrau, und seine gelbblauen Augen glühten wild. »Folge mir einfach, die anderen erkennen dich als Vampir. Sie haben keine Ahnung, was vor sich geht, und das nutzen wir aus!«
»Hört sich wie ein guter Plan an«, sagte Robert und gab sich das furchterregendste Aussehen, zu dem er fähig war. Hoffentlich blieb das nicht. Anne mochte es in gewissen Situationen vielleicht ganz sexy finden, aber sicher nicht im Alltag.
Sie durchquerten einen Gang, der direkt in den Hof und zu Bethlanas Turm führte. Niemand wunderte sich über ihre Anwesenheit oder ihre Eile. Schließlich liefen sie hinein, nicht hinaus, ohne Waffen in der Hand beziehungsweise Pfote. Außerdem kannte jeder Catan als Sinenomens unmittelbaren Vertrauten, der nach ihm die höchste Befehlsgewalt hatte.
Unangefochten passierten sie die Wachen am Eingang zum Turm und rannten die gewundene Treppe hinauf.
Ein Glück, dass ich nicht mehr außer Atem geraten kann
, dachte Robert. Bedingt durch seine Vampirkräfte, konnte er auch mit Catan Schritt halten.
Oben sahen sie sich zehn Wachen gegenüber, die sie einigermaßen verdutzt anschauten.
»Diese beiden.« Catan deutete auf zwei Elfenkrieger links und rechts der Tür. »Sie gehören zu Bethlana. Die anderen zu … äh … uns. Sollen wir reden oder gleich zuschlagen?«
»Reden wird total überbewertet«, antwortete Robert. »Schlagkräftige Argumente sind viel überzeugender. Kurz, knapp und präzise.«
Catans Augen blitzten auf, und er fletschte die Zähne zu einem Grinsen. »Guter Mann.«
Gleichzeitig stürzten sie sich auf die acht Wachtposten. Jeder nahm sich vier vor, das fand Robert nur gerecht. Die beiden zu Bethlana gehörigen Krieger rührten keinen Finger. Ihre Mienen drückten aus, dass sie Hoffnung hatten, die Aktion diene ihrer Königin, sich aber nicht ganz sicher waren.
Robert ließ das Tier in sich heraus, denn er wollte Catan nicht nachstehen. Mit wilder Freude stellte er fest, wie groß seine Kräfte inzwischen waren. Nach wenigen Minuten lagen alle acht Wachen reglos auf dem Boden.
»Ihr beide stellt euch an die Treppe und achtet darauf, dass keiner raufkommt«, sagte Catan zu Bethlanas Kriegern. »Sinenomens Befehl ist hiermit aufgehoben. Verteidigt eure Königin!«
»Muss ich das verstehen?«, fragte der eine.
»Nein«, antwortete Robert. »Tut es einfach.«
Der andere zuckte die Achseln, und sie stellten sich mit gezückten Waffen an die Treppe.
Catan wies auf die Tür. »Ich kann nicht hinein, aber du schon. Du bist nicht feindlich gesinnt.«
»Du ebenfalls nicht.«
»Aber
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