Schartz, S: Elfenzeit 20: Der Atem der Unsterblichkeit
– dich selbst zu unterwerfen? Und gerade jetzt?«
Nadja nickte, wich seinem Blick nicht aus. Wenn es keinen anderen Weg mehr gab, dann eben diesen. Sie meinte es völlig ernst, ohne Wenn und Aber. »Sieh es als Handel an«, flüsterte sie. Es war ein guter Vorschlag; sie spürte die enge Verbindung, die sie mit dem Getreuen hatte. Die gegenseitige Anziehung, die sie beide ständig unter Spannung hielt, sobald sie sich begegneten. Das erste Treffen mit Bandorchu stand ihr vor Augen, damals in Irland. Eine anbetungswürdige Königin, schön und grausam. Nadja konnte dem finsteren Paar, Bandorchu ebenso wie dem Getreuen, mit ihren Fähigkeiten und dem Erbe ihrer Eltern von erheblichem Nutzen sein. Wenn das die Stabilisierung der Grenzen brachte, sollte es ihr recht sein.
»Nadja, ich will nichts anderes, als es zu beenden«, sagte der Getreue ruhig. »Deshalb musst du jetzt gehen. Ich habe keine Zeit mehr und kann dich hier nicht brauchen. Warte mit Dafydd in eurem Lager; ich hole euch nachher ab und bringe euch nach Hause. Ihr könnt hier nichts mehr tun.« Damit ließ er sie los, schlug die Kapuze über und streckte den Arm aus, mit nach vorn gerichteter Handfläche. Sein Umhang bauschte sich auf, und Kälte brach aus ihm hervor.
»Nein!«, bettelte Nadja. »Bitte, bitte, nein …« Doch da fühlte sie schon den Sog, der sie mitriss und zwischen den Grenzen hindurch zurückbeförderte, so schnell, dass sie fast das Bewusstsein verlor.
Mit einem dumpfen Aufprall kehrte Nadja in die Wirklichkeit zurück und richtete sich benommen auf. Dann brach sie in Tränen aus.
»Nadja!« David lief auf sie zu, gefolgt von Pirx und Grog. »Was ist passiert? Auf einmal warst du weg! Wir haben schon alles abgesucht, aber da war nicht einmal ein Fußabdruck von dir!« Er kniete sich neben sie und schloss sie in die Arme. »Bei den sieben Himmeln, hast du mir einen Schrecken eingejagt!«
»Ich war bei
ihm
«, schluchzte sie. »Irgendwie bin ich zwischen den Grenzen hindurchgelaufen, und dann war ich achtzig Kilometer entfernt … Dort ist der richtige Knotenpunkt!«
Davids Gesicht verlor jeglichen Ausdruck. »Wovon sprichst du?«
»Davon, dass der Getreue uns reingelegt hat!«, rief sie, nestelte nach einem Taschentuch und putzte sich geräuschvoll die Nase. Sie trocknete die Tränen und fasste sich. Dann erzählte sie die Geschichte in Stichpunkten.
David ließ sich kraftlos neben Nadja aufs Gesäß fallen. »Ich hätte es mir denken sollen, dass er uns wieder einen Schritt voraus ist«, sagte er bitter. »Immerhin hat er uns zugetraut, dass wir seine Ziele herausfinden.« Er ließ kurz den Kopf hängen, atmete tief durch und sah schließlich die beiden Kobolde an.
»Grog, Pirx, bringt Nadja sofort Wasser und heißen Tee zu trinken und eine Heilsalbe aus ihrem Beutel.« Sanft streichelte er Nadjas Schulter. »Zuerst müssen wir dich wieder auf die Beine bringen, du bist ja völlig entkräftet. Als ob du tagelang durch die Wüste gestolpert wärst …«
»So fühle ich mich auch.« Sie lehnte sich dankbar an ihn. »Aber das war noch nicht alles … Er hat verlangt, dass wir beide hier auf ihn warten, und dann will er uns nach Hause bringen. Verstehst du das?«
Der Prinz schüttelte den Kopf. »Ich verstehe überhaupt nichts mehr. Außer, dass wir wie die Volltrottel dastehen.«
»Ich schäme mich so.« Nadja trank gierig und ließ sich von Pirx mit der Salbe versorgen.
»Werdet Ihr das tun, Herr?«, erklang Aoibhes Stimme hinter dem Prinzen. »Auf den Getreuen warten?«
»Keinesfalls, und er wird das sicher nicht ernsthaft annehmen.« David sah Nadja eindringlich an. »Haben wir eine Chance, dir durch die Grenzlücken dorthin zu folgen?«
Sie verneinte. »Er hat den Zugang abgeriegelt. Ich konnte es spüren, während ich durchgerissen wurde. Wahrscheinlich würde ich den Weg ohnehin nicht mehr finden, ich bin ja völlig blindlings gelaufen. Den achten Knotenpunkt müssen wir verloren geben wie alle anderen.«
David seufzte. »Warum überrascht mich das nicht?« Er stand auf. »Also schön, wir warten nicht, bis er den Stab gesetzt hat. Brecht sofort das Lager ab! Aoibhe, setz dich mit Leyth in Verbindung. Er muss uns nach Siwa bringen, dort werden wir das Spiel wiederholen. Ein zweites Mal kann der Getreue uns nicht täuschen und vor allem nicht am Ursprung der Magie!«
Nadja hatte sich einigermaßen erholt und stellte sich auf die Beine. »Es tut mir leid, David. Ich habe es versucht …«
»Du hast uns immerhin
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