Schartz, S: Elfenzeit 20: Der Atem der Unsterblichkeit
schon von frühen Kindertagen an gelernt hatte. Sein Vater hatte ihn von den Besten ausbilden lassen. David war schnell wie der Wind und stark wie ein Fels. Er wirbelte um den Getreuen herum und versetzte ihm einige schnelle Schwerthiebe, die ihn eigentlich außer Gefecht setzen, wenn nicht sogar töten müssten.
Doch der Verhüllte wirkte nicht einmal angekratzt. Es war, als hätte sein Umhang alles aufgefangen und die tödliche Energie irgendwo ins Leere gelenkt. David konnte den Körper nicht treffen; da war nur nachgiebiger Stoff, der sich nicht zerschneiden ließ.
Tränen der Frustration rollten über Davids Wangen. »Das ist unmöglich!«, stieß er hervor. »Wir haben vorhin dein Blut gesehen, du lagst im Sterben! Wie kannst du mir jetzt widerstehen?«
»So wie du mir«, gab der Getreue zurück, dann schoss seine Hand vor und packte zu. Gleichzeitig hebelte er David mit einem Fuß aus. »Du bist mit deinem Baum verbunden, ich mit dem Knoten.«
Der Prinz landete ächzend auf dem Rücken, und der Getreue beugte sich über ihn, die Hand um seine Kehle geschlossen.
»Beende es doch endlich!« David stöhnte. Seine Rechte hielt das Schwert umklammert, doch er konnte den Arm nicht heben. »Töte mich, dann ist es vorbei, und ich habe meinen Frieden.«
Kein Lichtstrahl fiel in das tiefe Dunkel der Kapuze, in dem nur zwei eiskalte ferne Sterne glühten. »Wie könnte ich dich töten, törichter Knabe«, sagte der Getreue rau. »Du bist
ihr
Kind, und nur
ihretwegen
habe ich all das getan.«
David würgte und röchelte, und der Griff um seine Kehle lockerte sich etwas. »Du … du weißt, wer meine Mutter ist?«, stammelte der Prinz fassungslos.
»Dummkopf«, sagte der Getreue. »Nichts ist zu Ende, begreife das doch endlich! Es gibt
noch
einen Knotenpunkt – und der bist
du!
Du bist der Baum, Dafydd! Weshalb sonst sieht man ihn in deinen Augen? Verschwende hier nicht länger deine Zeit, sonst ist es wahrhaftig zu spät und der Untergang da! Geh nach Crain und rette dein Volk!«
»Aber …«
»Halte Bandorchu auf«, fuhr der Getreue fort. »Sie wird den Baum bald erobern, doch sie darf nichts verändern! Beschäftige sie mit dem Schwert, mit Magie oder beidem, bis ich zurück bin. Aber höre meine Worte, Prinz: Bandorchu darf unter keinen Umständen zu Schaden kommen! Ihr
darf nichts geschehen
, darauf musst du achten! Es ist deine Verantwortung!«
»D… du verrätst deine Königin?«
»Ich rette sie! Und dich, dein Volk, deine Frau und dein Kind, die ganzen verdammten Welten, wenn ihr mich endlich nicht mehr aufhaltet! Die Zeit ist sehr knapp geworden, nichts kann den Untergang mehr stoppen, sofern ich mich jetzt nicht beeile.«
David verstand überhaupt nichts mehr, doch er bekam keine Gelegenheit, weitere Fragen zu stellen. Er konnte spüren, dass der Getreue mehr als nervös war, um nicht zu sagen hektisch. Weshalb sollte Bandorchu aufgehalten, aber nicht getötet werden? Und was hatte der Getreue über Davids Mutter gesagt? Ergab das alles noch irgendeinen Sinn?
»Tu einfach, was ich sage, und alle Fragen werden beantwortet – schon bald«, sagte der Getreue und hob die freie Hand. »Wo war doch gleich das Portal? Ah, da ist es ja.«
Erneut flimmerte der Übergang in die Anderswelt auf, und bevor David etwas sagen konnte, riss der Getreue ihn am Hals hoch, mühelos mit nur einer Hand, und schleuderte ihn schwungvoll durch das Portal.
David schrie noch, als er schon hindurch war und im Thronsaal gegen seinen Vater prallte.
»Gerade im rechten Moment«, brummte Fanmór.
Mitten am Tag wurde es finster, und die Sonne färbte sich schwarz. Im Äther wurden seltsame Bilder sichtbar, von anderen Welten, die geisterhaft oder bizarr wirkten.
Auf der ganzen Welt mussten alle Flugzeuge notlanden, Züge hielten mitten auf den Gleisen an, Schiffe trieben auf den Ozeanen dahin, Automotoren erstarben. Weltweit fiel der Strom aus; lediglich die Notstromaggregate in den Krankenhäusern und anderen wichtigen Einrichtungen versahen noch ihren Dienst. Doch die Menschen merkten es nicht. Wie sie gerade standen und gingen, saßen oder lagen, verloren sie das Bewusstsein.
Und dann erstarrte alles. Als ob jemand Zeit und Bewegung angehalten hätte.
Die Swartson entflohen dem Chaos am neunten Knoten, ebenso die Crain. Aoibhe öffnete ein drittes Mal das Portal, dessen Verbindung anscheinend durch David aufrechterhalten wurde, und die Garde stürmte hindurch. Und dann, in einem kurzen Impuls, packte der Kau den
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