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Schatten Blut

Schatten Blut

Titel: Schatten Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Abrantes
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Minuten später saß ich im Schneidersitz auf dem Boden, die Augen geschlossen und die Federn in den Händen. Und ich schickte meinen Geist auf Reise. Nur sehen, nicht gehen!
    Und ich sah. Dunkle Gänge, Geräusche von tropfendem Wasser, Gerüche von Verfall und Schimmel. Etwas huschte an den Wänden entlang. Ein Schatten, verschwommen, kaum zu erkennen. Konnte das Darian sein? Verhüllt, getarnt? Ich vernahm keinerlei Schrittgeräusche. Konzentriert nahm ich die Verfolgung auf, glitt wie ein unsichtbarer Vogel hinter dem Schatten her, folgte ihm durch die Gänge, eine schmale Treppe hinauf. Dort verharrte er einen Moment, ehe eine Tür vorsichtig geöffnet wurde, durch die der Schatten nach kurzem Zögern glitt. Schnell huschte ich hinterher. Und zuckte zusammen.
    Verflixt! Den Gang kannte ich zur Genüge! Dort drüben lag der große Saal, in dem Lagat meine Schwester infiziert hatte. Was machte Darian hier? Wollte er riskieren, dass – Ein harter Schlag, Lichtblitze wirbelten vor meinen Augen, ich verlor das Gefühl für oben und unten, dann fiel ich um.
    Als ich die Augen aufschlug, lag ich seitlich auf dem Bett. Die Federn waren meinen Händen entglitten und mein Gesicht fühlte sich rechts leicht geschwollen an. Irritiert tastete ich es ab und erschrak, als ich Blut an meinen Fingerspitzen erblickte.
    Wie war das möglich? Ich eilte ins Bad und schaute in den Spiegel. Das sich mir bietende Konterfei ließ mich erbleichen. Meine komplette rechte Gesichthälfte schillerte knallrot und ein dünnes Rinnsal Blut rann aus meinem Mundwinkel, tropfte ins Waschbecken und hinterließ einen breitrandigen, großen Fleck. Ein böses Omen?
    Ärgerlich wischte ich es fort, tupfte behutsam das Blut an meiner Lippe ab und legte einen kalten Waschlappen auf mein Gesicht. Was war geschehen? Und was noch wichtiger war, was hatte ich falsch gemacht?
    Mühsam versuchte ich mich zu erinnern. Der Gang, die Geräusche, der Schatten vor mir, die Tür, und das Erkennen des Gebäudes, in dem ich gewesen war. Wer oder was hatte mich getroffen? Und wieso wurde ich überhaupt getroffen? Es hätte doch gar nicht möglich sein dürfen!
    Und doch war dem so. Die schmerzhaften Empfindungen sprachen als Beweise eine deutliche Sprache.
    Erneut wallte Ärger in mir auf. Das war doch die Höhe! Mein Ego bäumte sich genauso in mir auf wie mein Ehrgeiz. Ich sollte etwas nicht sehen? Na warte! Nun erst recht!
    Der Waschlappen flog im hohen Bogen Richtung Bad und klatschte gegen die Tür, woran er mit einem schmierigen Geräusch herunterrutschte. Dessen ungeachtet hockte ich mich auf das Bett, nahm die Federn auf und wagte einen zweiten Versuch.
    Ich kam nicht weit. Kaum dass ich die Grenze überschritten hatte, rannte ich gegen eine unsichtbare Wand. Dreimal noch startete ich den Versuch, scheiterte jedoch fortlaufend an eben dieser Wand. Es war wie verhext. Schließlich musste ich einsehen, dass kein Durchkommen möglich war. Jemand hatte mir diesen Weg versperrt. Und ich vermutete, dass dieser gewisse Jemand Darian war. Aber warum? Es konnte nicht nur der Gedanke an meine Sicherheit sein. Was aber dann?
    Inzwischen hatte ich mehr Fragen als Antworten im Kopf. Ein Zustand, der keinesfalls befriedigend ist, wie Sie sich sicherlich vorstellen können.
    Also packte ich die Federn zurück in die Truhe, verbot meinem Magen weitere Übelkeiten und marschierte entschlossen aus dem Zimmer. Wenn der Prophet nicht zum Berg kam, musste der Berg eben zum Propheten. Und was lag anhand dieser Worte näher, als das himmlische Telefon zu nutzen.
    Ich räume ein, dass ich an dessen Existenz durchaus Zweifel hegte, aber was tut man nicht alles, wenn es der letzte Strohhalm ist.

– Kapitel Fünfzig –
    A uf dem Weg zu erwähnter Telefonzelle, versickerte mein Mut langsam wie Wasser in der Wüste des Glaubens unter den Respekt einflößenden Sonnenstrahlen erlernter Dogmen.
    Mein Herz raste vor Aufregung und das Blut rauschte in meinen Ohren. Ich hatte nicht die geringste Ahnung, ob mein Vorhaben von Erfolgt gekrönt sein würde. Diese Unsicherheit machte mir enorm zu schaffen. Daher kam es, dass ich fast wie ein Dieb auf Zehenspitzen den Gang entlang schlich, bis ich mein Ziel erreicht hatte.
    Das Knarren der Tür klang für meine Ohren viel zu laut. Schnell huschte ich durch den schmalen Spalt in die Kapelle. Wie schon zuvor, brannten direkt neben dem Altar zwei dicke Kerzen und tauchten den Raum in flackerndes, unwirkliches Licht. Nur noch schemenhaft kämpften

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