Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schatten Blut

Schatten Blut

Titel: Schatten Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Abrantes
Vom Netzwerk:
sich einige Lichtstrahlen des ersterbenden Tages durch die Fenster der Kapelle und ließen erahnen, dass es binnen Kürze stockdunkel sein würde.
    Leise wagte ich mich den Mittelgang entlang, schaute mich aufmerksam um, jederzeit zur Flucht bereit. Und auch wenn ich hoffte, hier jemandem zu begegnen, hätte mich dessen Anwesenheit gerade jetzt sicherlich zu Tode erschreckt. Da aber niemand außer mir hier war, blieb mir ein Schock dieser Art erspart.
    Schließlich erreichte ich mit weichen Knien die vordere Bank und ließ mich darauf nieder. Erst als meine Knie sich beruhigt hatten, bemerkte ich, dass ich meine Hände gefaltet und den Blick starr auf das Kreuz über dem Altar gerichtet hatte. Es war schon erstaunlich, inwieweit mich innere Not in genau die Region meines Ichs führte, die ich bewusst immer abgelehnt hatte. Dennoch saß ich hier und bat oder betete für jemanden, der mir wichtig war.
    Ertappt riss ich mich zusammen, schaute in eine der flackernden Kerzenflammen und fragte leise und für meine eigene Empfindung doch recht unterwürfig: »Michael?«
    Dann wartete ich. Nichts geschah. Kein Luftzug wehte durch die Kapelle, nicht einmal eine Kerze flackerte mehr als zuvor. Doch was hatte ich erwartet? Schließlich ging ich ja auch nicht immer ans Telefon, wenn ich die Nummer des Anrufers nicht kannte. Möglicherweise verhielten sich Engel ebenso und ihnen musste nur gesagt werden, wer genau der Anrufer war.
    Ein wenig mutiger, hob ich die Stimme an: »Hallo, Michael. Hast du einen Moment Zeit? Faye ist hier. Ich muss dich dringend sprechen.«
    Weiterhin geschah nichts. Ich blickte mich um, ließ meine Sinne die Umgebung abtasten. Nichts. Kalter Stein, warme Kerzen, Holzbänke, Ende. Irgendwie empfand ich das Verhalten dieses Engels allmählich etwas merkwürdig. Waren sie nicht geschaffen worden, um dem Menschen dienten? Wenn dem so war, gehörte Ignoranz eines Hilferufes nicht in Richtung Frevel? Zumindest meinte ich das noch als Restfragment meines Religionsunterrichts in Erinnerung zu haben. Ein minimales Zeichen wäre ein Akt der Höflichkeit mir gegenüber, wenn ich mich schon auf dieses mir unbekannte Terrain wagte.
    Inzwischen leicht angesäuert, knirschte ich mit den Zähnen und versuchte es erneut: »Hallo! Ich rufe den Engel Michael, denn ich habe ein klitzekleines Problem mit einem von seinen Schützlingen. Falls er so was für ihn ist.«
    Ich wartete, bis mein Ruf in dem alten Gemäuer verhallt war und lauschte angestrengt. Doch wie schon zuvor, geschah wieder nichts. Leider hatte ich Darian nicht gefragt, wie er Kontakt aufnahm und mich im Schlaf nochmals zu verirren, erschien mir wenig ratsam. War mein Anliegen nicht wichtig genug, um erhört zu werden?
    Ergeben zuckte ich mit den Schultern. »Bitte. Dann soll es nicht sein.«
    Ich stand auf, trat einen Schritt vor, prallte gegen ein Hindernis und plumpste mit einem leisen Schrei zurück auf mein Hinterteil. Und sofort durfte ich, wegen des Halogenstrahls direkt in mein Gesicht, die Augen zukneifen. »Was zum –«
    Du hast mich gerufen, Faye McNamara. Was ist dein Begehr? dröhnte es in meinen Kopf, schepperte durch meinen gesamten Leib und ebbte schließlich an den Füßen aus.
    »Wieso? Was …?« stotterte ich verblüfft und schirmte meine Augen mit der anderen Hand gegen das grelle Licht vor mir ab. Hörte ich da ein leises Lachen, oder spielte mir meine Fantasie einen Streich? Bevor ich Luft holen und meinen aufwallenden Ärger herauslassen konnte, wurde mir sogleich der Wind aus den Segeln genommen.
    Eine Bitte bewirkt mehr als ein Befehl es jemals könnte, mein Kind.
    »Aber ich habe doch gar –« Ich brach ab, blinzelte und senkte verlegen den Kopf. »Nicht wirklich gebeten. Entschuldige.«
    Dann sah ich wieder auf und blinzelte unter meiner Hand hindurch in die gleißende Helligkeit. Gab es im Himmel keine Jalousien oder Ähnliches?
    Er hatte meine Gedanken vernommen, denn das Licht nahm an Intensität soweit ab, dass ich langsam und mit sehr ungläubiger Miene die Hand von den Augen nehmen konnte. Erneut ein leises Lachen, dann die mich wie ein sanfter Windhauch einhüllende Bemerkung: Ist es für dich so angenehmer?
    »Ja. Danke.« Irritiert versuchte ich, in dem leicht bläulichen Schimmern eine Gestalt zu erkennen. Es war nicht einfach, da meine Fantasie mir dabei fortwährend einen Streich spielen wollte. Zumindest glaubte ich das. Hatten Engel nicht eigentlich Flügel?
    Nicht immer, erklang es belustigt. Aber wenn du Wert

Weitere Kostenlose Bücher