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Schatten Blut

Schatten Blut

Titel: Schatten Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Abrantes
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genauso unfähig wie ich war, einen passenden Lebenspartner zu finden. Na ja, das lag wohl in der Familie.
    Ich tippte ihm ein paar unverfängliche Sätze zurück und setzte ungefragt einen Gruß von Julie dazu, obwohl ich wusste, dass sie sich einander nie sonderlich grün gewesen waren.
    Dann überlegte ich, ob ich meinem Vater eine Mail schreiben sollte, ließ es aber bleiben. Er hatte schon immer das Talent, zwischen den Zeilen zu lesen und ein Schreiben von mir würde ihn vermutlich nur alarmieren. Da war es mir doch lieber, er saß glücklich und zufrieden in seinem Cottage, gute drei Stunden Fahrzeit von Inverness entfernt, in den Highlands und frönte zusammen mit einigen Tieren seinem Vorruhestand. Vor knapp drei Jahren hatte mein Vater London den Rücken gekehrt und war zurück ins Land unserer Vorfahren gezogen, wo er Rinder und Schafe züchtete. Hin und wieder vermietete er Zimmer an Touristen und zeigte ihnen die Umgebung, unter anderem auch den sagenumwobenen Loch Ness. In dieser Tätigkeit schien er regelrecht aufzugehen. Ich gönnte es ihm und beneidete ihn ab und an um die dort vorherrschende Ruhe.
    Vielleicht sollte ich ein paar Tage bei ihm ausspannen. Eine Überlegung war es zumindest wert und ich nahm mir vor, diesen Gedanken beizubehalten.
    D ie beste Möglichkeit zum ungestörten Nachdenken bot mir schon immer das Laufen. Aber dank des Risses an meinem Bein konnte ich das heute vergessen. Oder anders formuliert: Ich konnte es wohl für die nächsten Tage vergessen! Ob Walken eine Alternative sein konnte? So ganz ohne Bewegung an der frischen Luft, eingesperrt in den stickigen vier Wänden, würde ich eingehen!
    Ich überprüfte den Verband, er saß perfekt und warf mir die Jogginghose über. Die Laufschuhe wechselten die Fensterbank gegen meine Füße ein, noch etwas Geld in die Hosentasche gesteckt, Schlüssel geschnappt, dann ging es los.
    In Höhe des Bäckerladens überlegte ich das erste Mal, ob ich nicht besser umdrehen sollte. Aus dem anfänglich leichten Zwicken war inzwischen ein Zwacken geworden. Auf der Brücke musste ich eine Pause einlegen, inzwischen zwackte es nicht mehr, jetzt brannte es. Und kurz vor dem Park war dann alles aus. Mein übertriebener Ehrgeiz rächte sich, indem frisches Blut durch den Verband sickerte und wenige Augenblicke später auch meine hellgraue Jogginghose durchtränkte. Und da sich alles gegen mich verschworen zu haben schien, klatschte mir zusätzlich der erste Regentropfen auf die Nase.
    Na perfekt! So hin und wieder mal einen Blick auf die Wettervorhersage zu werfen, wäre durchaus von Vorteil. Irgendwo tief in meinem Hinterstübchen regte sich die Erinnerung daran, dass sie in den Nachrichten für diesen Tag Regen vorhergesagt hatten. Diese Prognose schien wohl zu stimmen.
    Als würde ein himmlisches Wesen mich auf dieses Versäumnis aufmerksam machen wollen, zogen erstaunlich schnell dunkle Wolken auf und es klatschten immer mehr und zudem recht dicke Tropfen auf die Erde. Und auf mich!
    Es nutzte kaum etwas, dass ich in Windeseile zum Park humpelte, um dort unter dem erstbesten Baum Schutz zu suchen. Und auch das Wissen, dass der meiste Regen an mir vorbeifällt, brachte mir keinerlei Trost. Binnen Sekunden war ich nass bis auf die Knochen.
    Das Blätterdach des Baumes gab nur unzureichend Schutz. Ein Blick auf die dunkle Wolkendecke ließ mich vermuten, dass es erst angefangen hatte und vermutlich noch geraume Zeit weiterregnen würde. Ein Taxi war weit und breit nicht zu erspähen. Mein Handy lag zuhause. Wirklich sehr sinnvoll! Schicksalsergeben zuckte ich mit den Schultern und machte mich auf den Heimweg.
    Wissen Sie, wie unangenehm es ist, wenn einem das kalte Wasser am Rücken entlang läuft, in die Unterwäsche hinein, an den Beinen hinunter bis in die Schuhe, um sich dort in einem bei jeder Bewegung quietschenden See anzusammeln? Wenn ja, dann haben Sie nun eine gewisse Ahnung davon, wie es mir erging.
    Ich war froh, als das Appartement in Sicht kam, selig, als ich endlich den Schlüssel aus der triefenden Hosentasche herausgezogen hatte und dann im trockenen Flur stand. Pfützen auf den Stufen hinterlassend, humpelte ich die Treppe hinauf, hatte den Schlüssel schon halb im Schloss, als die Tür plötzlich aufgerissen wurde.
    »Sag mal, piept es bei dir.« fuhr Julie mich ohne Einleitung wütend an. Ihre blauen Augen schienen regelrecht zu glühen.
    »Ich hoffe auch, dass du einen schönen Tag hattest«, gab ich lakonisch zurück und schob

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