Schatten Blut
mir.«
»Ach, sag bloß, du hast irgendwann Medizin studiert.«
»Nein, ich unterstütze seit Jahren einige soziale Projekte. Mit der Zeit hat sich da einiges angesammelt.«
Ein Vampir mit Prinzipien und Moral! Ich war tief beeindruckt.
»Ich vermute, nun ist wohl eine Entschuldigung von meiner Seite her angebracht«, räumte ich zerknirscht ein. »Ich habe dich verkannt, Darian. Und das tut mir leid.«
Seine Braue war mit jedem meiner Worte ein Stück in die Höhe gerückt. Hatte ich ihn überrascht? Anscheinend, denn er nahm mir den Beutel wieder ab und legte ihn wortlos zurück.
»Wie trinkst du es.« fragte ich neugierig und Darian sah mich abermals verwundert an. »Na, steckst du in den Beutel einfach einen Strohhalm, beißt du rein oder füllst du es um.«
Es schien neu für ihn zu sein, dass solche Fragen gestellt wurden. Dennoch beantwortete er sie mir: »Ich fülle es in ein Glas und stelle es zum Erwärmen kurz in die Mikrowelle.«
Ich nickte verstehend. »Okay. Kann mir gut vorstellen, dass es kalt recht ekelig ist.«
»Man gewöhnt sich daran«, gab er achselzuckend zurück.
In diesem Augenblick war ich froh, dass meine Speisekarte vielfältiger ausfiel.
»Sag mal«, meinte ich und platzierte mich auf der freistehenden Kochinsel mit den hochmodernen Herdplatten, »wer ist eigentlich dieser Naridatha, von dem vorhin gesprochen wurde.«
»Er ist einer der Ältesten des Clans der Tremere. Du kannst es mit dem Innenminister in der Politik vergleichen. Würde es dich stören, wenn …« Er ließ die Worte ausklingen und wies mit dem Daumen über seine Schulter zurück auf den Kühlschrank. Ich brauchte einen Moment, um zu begreifen, dann nickte ich. »Nein, nur zu. Mach ruhig, ich komme damit schon zurecht.«
Unter Schocktherapien verstand ich etwas anderes, so beobachtete ich aufmerksam, wie er die Konserve erneut aus dem Kühlschrank holte. Er füllte den Inhalt in ein hohes Glas und stellte dieses für dreißig Sekunden in, die in der Wand eingelassenen, Mikrowelle.
»So bekommt der Begriff Bloody Mary für mich einen völlig neuen Sinn«, kommentierte ich trocken. »Wohl bekommt’s.«
Darian schien sich an seinem für mich recht ungewöhnlichen Drink fast verschluckt zu haben. Er hustete mehrmals und stellte dann mit einem säuerlichen Blick auf mich das geleerte Glas in die Spüle aus schwarzem Granit.
Seine Stimme klang leicht kratzig, als er sagte: »Ich würde es begrüßen, wenn du in Zukunft solche Bemerkungen unterlassen könntest. Zumindest solange, bis ich fertig bin.«
»Können Vampire denn ersticken.« nahm ich den Faden auf und betrachtete ihn lauernd. »Und sag jetzt bitte nicht, ich solle das ebenfalls diesen ominösen Duncan fragen.«
»Es ist möglich, dass unsere Gattung in einen todähnlichen Zustand fällt, einem Koma ähnlich, falls du das meinst. Allerdings ist die Regenerationsphase wesentlich kürzer als bei Menschen.« Ich machte eine geistige Notiz. Ersticken auf Dauer unwirksam, und hörte Darian leise lachen. Vermutlich hatte ich wieder sehr laut gedacht. Als er nickte, verdrehte ich die Augen. »Muss ich damit rechnen, dass du jeden meiner Gedanken auffängst.«
»Zumindest, wenn ich in deiner Nähe bin«, gab er unumwunden zu.
»Also sollte ich aufpassen, was ich denke.«
»Letztendlich ist es dir überlassen, was du denkst, Faye. Da diese Fähigkeit bei den Älteren meiner Gattung allerdings sehr ausgeprägt ist, wäre es dennoch ratsam, eine gewisse Gedankenkontrolle einzuhalten.«
»Wo du das gerade erwähnst.« Ich sprang von der Arbeitsplatte, nahm aus einem Regal ein Glas und ließ Wasser hineinlaufen. »Wie lange existierst du schon auf diese Weise.«
Zu lange, Faye McNamara, viel zu lange. »Was fängt man mit der Ewigkeit an, Faye, wenn sich alles wiederholt.«
»Es beim nächsten Mal besser machen, Darian.« Ich trank das Glas leer und stellte es zu seinem in die Spüle. Schon komisch, die beiden Gläser nebeneinander stehen zu sehen, das eine rötlich verschmiert, das andere klar und glänzend.
»Ein sehr eindrucksvolles Beispiel von dem, was uns voneinander unterscheidet. Nicht die Hülle, sondern dessen Inhalt«, meinte Darian dicht hinter mir und ich zuckte zusammen. Ich hatte sein Nahen nicht bemerkt. Vor mir die Spüle, hinter mir sein Körper so nah, dass wir einander fast berührten. Sein Atmen streifte mein Haar. Ich würde nur einen Schritt seitlich machen müssen, um entweichen zu können. Und doch blieb ich, wo ich war. Beinahe
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