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Schatten Blut

Schatten Blut

Titel: Schatten Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Abrantes
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schritt voran, ich folgte an zweiter Stelle, hinter mir mein Vater. Schon aus der Ferne konnten wir lautes Wutgeschrei vernehmen, welches sich in den Takt unserer Schritte auf dem harten Steinboden mischte.
    »Ist das etwa Julie?« wagte ich die ungläubige Frage und erhielt von Darian ein knappes Nicken. »Die Verwandlung ist nahezu abgeschlossen. Der Durst hat eingesetzt.«
    Ich weiß nicht, was ich erwartet hatte. Jedenfalls war es nicht das, was mich hinter der dicken, massiven Eichentür begrüßte. Jason stand dienstbereit mit einer Laterne in der Hand neben der Tür und öffnete sie auf Darians Geheiß hin. Der Anblick erschütterte mich bis ins Mark.
    Dieses wilde, an der Wand angekettete Wesen hatte kaum mehr etwas mit dem penibel gepflegten Erscheinungsbild meiner Schwester gemein. Das blonde Haar hing ihr in schmutzigen Strähnen wirr vom Kopf. Das Gesicht war zu einer wütenden Fratze verzogen. Die unruhig rollenden Augen wirkten vielfach heller und stechender, Speichel lief ihr aus dem Mundwinkel. Ihre einstmals sehr gepflegten, manikürten Hände waren schmutzig, die Nägel abgebrochen und eingerissen, die Haut dünn und rissig. Allgemein sah ihre ehemals sonnengebräunte Haut nun fahl und ungesund aus, dünn wie Pergament.
    Als sie uns bemerkte, sprang sie fauchend auf uns zu, wurde jedoch sofort von den Ketten an den Handgelenken zurückgerissen. Zorn entbrannt schrie sie auf.
    »Wie du dich nun selbst davon überzeugen kannst, ist von der bekannten Julie nicht mehr viel übrig«, meinte Darian in geschäftsmäßig nüchternem Ton.
    »Musstest du sie anketten?« Ich sah sie traurig an, dann zu Darian hin.
    »Es ging nicht anders«, mischte Dad sich ein und legte eine Hand auf meine Schulter. »Sie ist inzwischen eine Gefahr für jeden hier im Haus, Faye.«
    »Mach mich los, Schwester« hörte ich da ihre leise Stimme. »Bitte, es tut weh.«
    Gepeinigt sah ich Darian an, er schüttelte kaum merklich den Kopf. Sie versucht dich zu manipulieren, Faye.
    »Das kann ich nicht tun, Julie.« Meine Antwort besaß eine Festigkeit, die ich nicht verspürte.
    »Bitte« jammerte sie weiter und warf einen Blick auf Darian. »Sieh, was er mit mir gemacht hat. Er will mich vernichten! Das kannst du doch nicht zulassen. Faye, Schwester, ich habe Angst! Bitte hilf mir!«
    Ich fühlte mich hin und her gerissen, wollte ihr helfen und wusste doch, dass ich es nicht durfte. Plötzlich war mir, als ob etwas nach mir zu greifen versuchte. Instinktiv wehrte ich es ab. Es war wie ein Hauch, der über mich strich, sich jedoch sofort zurückzog, als ich sie fest ansah und ihr gedanklich eine deutliche Warnung schickte. Dennoch gab sie nicht auf.
    Ihr Fokus richtete sich nun auf meinen Vater, der noch immer seine Hand auf meiner Schulter hatte.
    »Daddy«, sprach sie weinerlich. »Guter, alter Daddy. Lass mich nicht alleine. Lass mich nicht sterben. Ich bin doch deine Tochter. Du liebst mich doch! Lass nicht zu, was sie mir antun wollen.«
    »Halt den Mund!« fuhr er sie an und seine Hand griff fester in meine Schulter. »Versprüh dein Gift nicht weiter! Deine Tricks sind unwirksam!«
    Schlagartig änderte sie ihre Taktik, sprang fauchend vor und wurde abermals zurückgerissen.
    »Was seid ihr nur für eine erbärmliche Bande Sterblicher!« brüllte sie zornig und ihre Augen schienen mit einem Male regelrecht zu glühen. »Ihr wisst nichts! Haltet euch für die Lieblinge Gottes!« Sie lachte schrill und unwirklich auf. »Wo ist denn eure Macht, die Allmacht eures Herrn? Anketten müsst ihr mich, wie eine Horde Feiglinge! Wo ist denn eure angebliche Nächstenliebe? Noch nicht einmal für euer eigen Fleisch und Blut habt ihr ein Quäntchen davon übrig!«
    »Halt – endlich – dein – blödes – großes – Maul!« schrie ich sie nieder und schlagartig war sie ruhig. Verblüffung? Möglich, zumindest erfüllte mein Schrei seinen Zweck. Ich trat etwas näher an sie heran, blieb außerhalb ihrer Reichweite stehen und betrachtete sie abschätzig. »Du bist nicht meine Schwester!«
    »Oh, Faye, mein Schätzchen«, säuselte sie falsch, »ist dir ein Lichtlein aufgegangen? Hat dein kleines Spatzenhirn endlich begriffen, dass deine kleine, blöde und naive Schwester ihren Platz gegeben hat für etwas Großes und Einmaliges? Ihr Körper ist einmalig, findest du nicht? Aber sie war so unendlich dumm, dass –«
    Meine Faust traf direkt die Nase und beendete den Redefluss abrupt. Zornig starrte ich auf sie nieder. »Beleidige mich

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