Schatten Blut
nur mit einer dünnen Decke bedeckt. Wie spät mochte es sein? Draußen war es noch dunkel. Nur der volle Mond tauchte den ganzen Raum in silbriges Licht.
Verwirrt warf ich die Decke beiseite und stand auf. Mein Blick irrte durch das Zimmer, fand meine Schuhe neben meinem Bett. Mitten im Raum entdeckte ich ein abgedecktes Hindernis. Vorher war es nicht da gewesen. Ich trat hinzu und zog das Tuch herunter. Fast hätte ich einen Jubelschrei ausgestoßen, riss mich aber rechtzeitig zusammen. Ein Diaprojektor! Und darauf lag das Ladekabel für mein Handy.
Oh Darian, du bist ein Schatz! Ich musste mich bei ihm bedanken, am besten sofort! Ich war schon an der Tür, da stoppte ich. Ich konnte doch unmöglich mitten in der Nacht durch das halbe Haus laufen und ihn aus dem Bett werfen. Falls er überhaupt darin lag!
Zum erneuten Einschlafen war ich viel zu aufgekratzt. Mitten in der Nacht die Dias betrachten wollte ich aber auch nicht. Alles zog mich zu Darian.
Ein Lächeln huschte über meine Lippen, als ich mich meiner beiden Talismane erinnerte. Eilig holte ich sie aus meiner Tasche, schob den Projektor beiseite und wollte mich im Schneidersitz auf dem Teppich niederlassen. Wohl gemerkt, ich wollte!
Dieses traumhafte Kleid war sicherlich etwas für viele Gelegenheiten, jedoch definitiv nichts für Yoga. Es schnürte die Oberschenkel zusammen. Also zog ich es aus und ein T-Shirt über. Vom Kleid befreit ließ ich mich nun mitten auf dem Teppich nieder, meine beiden Federn in den Händen.
Zeigt mir Darian, raunte ich ihnen zu. Nur sehen, nicht gehen.
Sogleich bekam ich das Gefühl zu schweben. Dann rasten Lichter an mir vorbei. Ich erblickte kurz die Bibliothek, Darian stand darin. Er sah auf, dann sah ich plötzlich den Keller. Es war wie im Zeitraffertempo. Er lief einen dunklen Gang entlang. Wieder ein anderes Bild, Darian stand im Garten, er sprach mit einer Person, die ich nicht erkennen konnte. Sie trennten sich. Darian ging wieder in die Bibliothek. Er trat auf den Sekretär zu, schloss eine der unteren Laden auf und nahm etwas heraus. Ich konnte nicht erkennen, was es war. Dann sah ich ihn in der Kapelle. Er kniete vor dem Altar. Nein, nicht knien, er hockte davor, hatte etwas in der Hand und legte es in eine Auskerbung im Fuß des Altars. Er stand auf, der Altar schwang beiseite, eine Treppe wurde sichtbar. Sie führte hinab in die Dunkelheit. Die Krypta?
Ich brach ab und kehrte willentlich zurück. Ich kam mir wie ein Spion vor und hatte genug gesehen. Darian hatte Geheimnisse und sollte sie auch behalten. Energisch stand ich auf und legte die Federn zurück in die Tasche. Nein, ich würde mich da raushalten. Der Reißverschluss wurde geschlossen. Ich war zwar neugierig, aber so neugierig nun auch wieder nicht! Und ich würde ganz bestimmt nicht wissen wollen, was er da unten unter dem Altar tat! Nein, das wollte ich bestimmt nicht wissen!
»Hallo Darian«, sagte ich keine fünf Minuten später.
Ich lehnte am Eingang der kleinen Kapelle und hatte gewartet, bis das Schleifen der aufeinander reibenden Steine verklungen war. Darian war wohl zu sehr mit dem beschäftigt, was er tat, als dass er mich bemerkt hatte. Nun aber verharrte er mitten in der Bewegung und sah erstaunt in meine Richtung.
Ich stieß mich vom Türrahmen ab und trat langsam den Mittelgang entlang auf ihn zu. »Nettes Versteck, für was auch immer.« Lächelnd blieb ich vor ihm stehen. »Ich möchte mich nur für den Projektor bedanken.« Ich stellte mich auf die Zehenspitzen und küsste ihm auf die rechte Wange. »Und der ist für den wunderschönen Abend.« Ein Kuss auf seine Lippen folgte. Dann wandte ich mich um und ging zurück zum Ausgang. »Gute Nacht, Darian.«
»Warte!« Eben noch hinter mir, versperrte er mir nun den Weg.
»Wie hast du … Ich meine, woher …« Wirkte er verwirrt oder war er es wirklich? Er fuhr sich mit einer Hand durchs blonde Haar und sah mich einen Moment lang fragend an. Ich erwiderte seinen Blick wortlos. Dann hatte er sich gefasst und gab mir lächelnd den Weg frei. »Gern geschehen, Faye.«
Nickend trat ich an ihm vorbei, da stand er abermals vor mir. »Faye …«
»Ja?«
»Wie hast du das gemacht?«
Ich schürzte Unwissen vor. »Was genau meinst du?«
»Du hast mich beobachtet und ich habe es nicht bemerkt. Das ist fast unmöglich!« Seine Hände lagen inzwischen auf meinen Oberarmen und nur an deren festen Griff war zu erkennen, wie aufgewühlt Darian tatsächlich war. »Wie hast du das
Weitere Kostenlose Bücher