Schatten der Angst (German Edition)
sie sich an Logan wandte.
Sie gab Logans Hand nicht frei, nachdem sie sie geschüttelt hatte, sondern hielt sie fest, während sie die zwei Verandastufen zum Vorgarten hinunterstieg. »Ich kann mir zwar nicht vorstellen, worüber Sie mit mir sprechen möchten, aber ich wollte sowieso gerade meinen täglichen Spaziergang machen, und Sie können mich gern begleiten.«
»Natürlich, Ma’am.« Logan versuchte vergeblich, die Hand wegzuziehen. Bemüht, seine Erheiterung zu verbergen, hustete Pierce laut, und Logan stieß ihm den Ellenbogen in die Rippen. Wenn Mrs Whitman unbedingt seine Hand halten wollte, dann würde er sich fügen – Hauptsache, sie rückte mit den Informationen heraus, die er brauchte.
Er bot ihr seinen Arm an, was sie mit einem erfreuten Lächeln quittierte.
»Also gut, was möchten die jungen Herren denn von mir wissen?«
»Nun ja, Ma’am …«
»Sie dürfen mich Sadie nennen.«
»Also gut, Sadie, wir sind hergefahren, weil wir ein paar Informationen über eine Familie brauchen, die vor langer Zeit in dieser Stadt gelebt hat. Man hat uns empfohlen, Sie zu fragen.«
»Wer hat Ihnen das gesagt?«
»Der Geschäftsführer des Piggly-Wiggly-Supermarkts.«
Sie verdrehte die Augen. »Mr Simmons. Es wundert mich, dass er es überhaupt schafft, sich morgens allein anzuziehen. Aber da hat er recht. Niemand lebt so lange in Summerville wie ich, und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich Ihnen sagen kann, was Sie wissen wollen.«
»Das wäre sehr freundlich von Ihnen. Unsere Zeit ist knapp bemessen …«
»Na, warum legen Sie dann nicht los?«
Pierce hüstelte wieder, und Logan warf ihm einen bösen Blick zu. »Es geht um die Familie Northwood. Wir interessieren uns besonders für Anna Northwood.«
»Sie sprechen von Kate.«
Logan hielt die Luft an. »Ja, Kate.«
»Wie geht es ihr? Ich habe ewig nichts von der Familie gehört.«
»Es tut mir leid, Ihnen das sagen zu müssen, Sadie. Kate ist vor ein paar Jahren gestorben.«
Sie blieb stehen und blickte zu ihm auf. »Was ist passiert?«
»Sie wurde ermordet.«
»Nun ja, ich kann nicht behaupten, dass mich das überraschen würde. Trotzdem, das ist jammerschade. Sie war ein braves Mädchen. Ein bisschen eigenwillig vielleicht …«
»Warum überrascht Sie das nicht, Sadie?«
»Du meine Güte, Sie haben es ja wirklich eilig. Ich habe jetzt wohl lange genug mit ihnen angegeben.« Sie machte kehrt und ging zurück zum Haus, wobei sie Logan hinter sich herzog, während Pierce einen Schritt hinter ihnen blieb.
Eine plötzlich ungemein agil wirkende Sadie Whitman scheuchte Logan zurück zu ihrer Veranda, er sah sich um und stellte erst in diesem Moment fest, dass er, Pierce und Sadie der Mittelpunkt des öffentlichen Interesses waren. Bewohner aller Altersklassen saßen auf ihren Vorderveranden und taten so, als würden sie nicht zu ihnen herüberstarren. Vermutlich bekam Sadie nicht allzu oft Besuch.
»Das ist wohl ihr Fanklub«, sagte Pierce neckend. Er wich aus, bevor Logan ihm einen weiteren Stoß in die Rippen versetzen konnte.
»Nun? Wollen Sie mir jetzt ein paar Fragen stellen oder nicht, junger Mann? Ich würde Ihnen ja ein Stück Apfelkuchen anbieten, aber da Sie ja so schrecklich in Eile sind …«
Er sah auf und stellte fest, dass sie inzwischen die Stufen zu ihrer Vorderveranda erklommen hatte – ohne dabei irgendwelche Hilfe in Anspruch nehmen zu müssen. Sie stand vor ihrer Haustür und beobachtete ihn aufmerksam.
Er schüttelte den Kopf und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Sadie hatte ihn zum Narren gehalten, als sie ihm die hinfällige alte Frau vorgespielt hatte.
Sie zwinkerte und erwiderte sein Lächeln.
»Sie haben gesagt, dass es Sie nicht überrascht, dass Kate einem Mord zum Opfer gefallen ist. Wie meinen Sie das?«
»Wegen des Jungen, der mit ihr Tür an Tür wohnte. Ich hatte immer die Befürchtung, dass er sich eines Tages noch einmal an sie heranmachen würde.«
»Noch einmal?«
Sie nickte. »Er war lieb zu ihr, und sie tolerierte ihn, weil er der Bruder ihres festen Freundes war. Ich nehme an, er tat ihr leid. Er war nicht ganz richtig im Kopf und wurde deswegen von den anderen Kindern furchtbar gehänselt. Er hatte nicht viele Freunde.«
»Wie hieß er?«
»Tom. Tom Bennett.«
Logan hatte diesen Namen noch nie gehört. Er drehte sich um, um Pierce zu fragen, ob ihm dazu etwas einfiel, doch Pierce war bereits mit dem Handy am Ohr unterwegs zum Auto.
»Sagen Sie mir, Sadie, ist etwas Bestimmtes
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