Schatten der Angst (German Edition)
vorzustellen – es gelang ihm nicht.
Nachdem er sein Jackett geholt und ein paar Aktenordner eingesteckt hatte, machte er sich bereit zum Gehen. In diesem Moment klingelte sein Handy, deshalb hielt er inne und warf einen Blick auf den Namen des Anrufers. Als er sah, dass es seine Schwester Madison war, seufzte er, warf die Akten auf den Schreibtisch und ließ sich in seinen Stuhl fallen.
Der Ehemann seiner kleinen Schwester war in New York bei einem tragischen Unfall ums Leben gekommen. Seitdem reiste sie um die Welt, um ihrem Schmerz zu entkommen. Eines Tages würde ihr klar werden, dass sie sich ihren Problemen stellen musste, um sie hinter sich lassen zu können, doch in der Zwischenzeit rief sie alle paar Monate bei ihm oder ihrer Mutter an, um sie wissen zu lassen, dass sie noch am Leben war.
Er klappte das Handy auf. »Hey, Quälgeist. Wo bist du gerade? Rom? London?«
Dreißig Minuten später klappte er reuevoll grinsend das Handy zu. Niemandem gelang es so gut wie Madison, ihn zu durchschauen, und er hatte mehr von seinen Gefühlen für Amanda preisgegeben, als er vorgehabt hatte. Er hatte ihr absichtlich nichts von dem Serienmörder und dem Fall erzählt, weil er nicht wollte, dass sie sich Sorgen machte, aber er hatte zugegeben, dass er Amanda in Schutzhaft genommen hatte.
Aus dieser Bemerkung hatte seine Schwester geschlossen, dass sie beide ein Paar seien. Sie wollte nach Shadow Falls kommen, um Amanda kennenzulernen, doch er war unerbittlich geblieben, hatte ihr versichert, dass er und Amanda nicht zusammen seien und dass er mit einem wichtigen Fall beschäftigt sei und keine Ablenkungen gebrauchen könne.
Seine Schwester war clever. Sie ließ sich von seinen Beteuerungen, dass seine Gefühle für Amanda nicht ernsthafter Natur wären, nicht täuschen. Zum Glück war sie drei Staaten entfernt, denn sie machte gerade Ferien in Louisiana. Also war er sicher vor ihrer Neugier und ihrer erklärten Lieblingsrolle als Kupplerin.
Nach dem Gespräch mit seiner Schwester verließ er das Büro und fuhr mit dem Fahrstuhl nach unten, doch bevor er die Eingangstür öffnete, blieb er kurz stehen. Hinter einem Pult, das auf dem Treppenabsatz aufgestellt worden war, stand Montgomery. Rechts und links von ihm hatten sich Riley und Pierce aufgebaut.
Logan ging durch den linken Türflügel und achtete darauf, sich nah am Gebäude zu halten, damit er nicht die Aufmerksamkeit der Presse auf sich zog, während er zielstrebig zum Parkplatz marschierte.
Riley sah elend aus. Er schwitzte wie verrückt und strich sich unentwegt das Haar aus dem Gesicht. Pierce hingegen wirkte gelangweilt und schicksalsergeben.
Als der Bürgermeister mit einem Richterhämmerchen auf das Pult schlug, um den Beginn der Pressekonferenz zu signalisieren, eilte Logan gerade die letzten Stufen hinunter.
Sein Auto stand in der Parklücke, die mit dem Schriftzug »Polizeichef« gekennzeichnet war. In der Nähe stand ein Mann in einem ölbefleckten hellbraunen Overall, der sich gegen die Backsteinwand lehnte. Logan wusste nicht, wer er war, aber er erkannte die Uniform der Mechaniker, die sich um die Polizeifahrzeuge kümmerten. Zwischen seinen Lippen hing eine halb gerauchte Zigarette. Er trug eine Baseballkappe, die er sich tief in die Stirn gezogen hatte, und hatte schulterlanges, strähniges Haar. Er hob die Hand zum Gruß, und Logan nickte ihm zu, dann warf er seinen Aktenkoffer in den Mustang und startete den Motor.
Er manövrierte rückwärts aus der Parklücke und fuhr Richtung Ausfahrt, um dann unwillkürlich zu bremsen, anstatt sich in den Straßenverkehr einzufädeln. Der Raucherbereich für die Angestellten befand sich hinter dem Gebäude, nicht seitlich davon. Irgendetwas an dem Mann hatte ihn nervös gemacht. Einer der Reporter blickte in seine Richtung und machte dem Kameramann neben sich aufgeregt Handzeichen. Logan trat das Gaspedal durch und fuhr eilig davon.
14
Als Logan zu Hause ankam, erklomm er die Stufen der Hinterveranda, wo er Karen und Amanda an einem der runden, sonnenbeschirmten Tische sitzend vorfand. Die beiden Frauen beugten sich über ein Brettspiel.
Amanda saß mit dem Rücken zu ihm und hörte ihn nicht kommen. Karen blickte auf, doch Logan schüttelte den Kopf, presste den Zeigefinger gegen die Lippen und gab ihr mit einem Handzeichen zu verstehen, sie solle Amanda nicht verraten, dass er hinter ihr stand.
Sie lächelte und blickte wieder auf das Spielbrett. Logan stellte den Korb, den er bei sich trug,
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