Schatten Der Erinnerung
der Stadt werden sehr enttäuscht sein.«
Gegen ihren Willen fühlte Regina, wie ihr Herz schwer wurde. »Wirklich?«
»Ich glaube, die Hälfte der Frauen in der Stadt interessiert sich für ihn, weil ihn etwas Geheimnisvolles umgibt. Er ist ein gutaussehender Mann, aber bisher Junggeselle geblieben.« Als sie Reginas fest zusammengepresste Lippen bemerkte, versicherte sie ihrer Nichte rasch: »Er hat niemals einer Dame, die ich kenne, den Hof gemacht. Ich glaube eher, dass er den Damen überhaupt keine Beachtung schenkt. Wenn ich ihn sehe, ist er immer in ernsthafte Gespräche mit Mann und anderen Herren vertieft. Er ist kein Frauenheld, meine Liebe.«
»Das spielt wirklich keine Rolle«, murmelte Regina.
»Regina«, fragte ihre Tante und trat vor sie. »Was ist los?«
Regina nahm einen tiefen Atemzug. »Es spielt keine Rolle«, wiederholte sie entschlossen. »Ich ... ich lasse mich von ihm scheiden.«
In der Bibliothek herrschte Schweigen.
Hastig fuhr Regina fort: »Ich brauche dringend eure Hilfe. Ich muss so schnell wie möglich meine Scheidungsunterlagen bekommen.«
Storm drückte ihren Arm.
Brett fragte unheilverkündend: »Wie bitte?«
Ach lasse mich von ihm scheiden.«
»Habe ich richtig verstanden, dass du gerade erst vor zwei Tagen geheiratet hast?«
»Das war ein Fehler.«
»Regina, was, zum Teufel, geht hier vor?« verlangte Brett zu wissen.
»Das ist eine lange Geschichte.« Sie schluckte. »Ich werde mich scheiden lassen, Brett. Ich dachte, ich könnte auf dich zählen. Ich hatte es zumindest gehofft. Wenn du mir aber nicht helfen willst, dann werde ich mir die Papiere eben selbst beschaffen. Mit meinem Namen, da bin ich mir sicher, werde ich sie fast so schnell bekommen wie du.«
Brett sah sie grollend an. »Ich habe nicht gesagt, dass ich dir nicht helfe.«
Rasch nahm Storm ihn am Arm und führte ihn zur Tür. »Lass du uns reden, Liebling«, redete sie ihm gut zu. »Von Frau zu Frau. Überlass das mir.«
»Du weißt dein Bruder Nick wird wegen dieser Heirat fuchsteufelswild sein, von einer Scheidung ganz zu schweigen«, sagte er streng. Er sprach von Reginas Vater. »Du musst der Sache auf den Grund gehen, Storm.« Mit einem letzten Blick auf Regina verließ er den Raum.
Regina hatte seine Worte gehört. Sie plante keineswegs, alles zu erzählen, und an ihren Vater wollte sie auch nicht denken. Er würde sehr zornig sein, dass sie ohne seine Einwilligung geheiratet hatte, doch wie er auf eine Scheidung reagieren würde, konnte sie sich beim besten Willen nicht vorstellen. Sie liebte ihren Vater, aber gerade jetzt war er der letzte Mensch, dem sie begegnen wollte.
Für einen Moment schloss sie die Augen, als Tante Storm ihre Hand nahm. Es war unglaublich, dass sie in einer derart kritischen Lage steckte. Nach einer Scheidung würde es unmöglich sein, ihren guten Ruf wiederherzustellen.
Die meisten Frauen hatten keine Chance auf eine Wiederverheiratung, und wenn überhaupt, dann nur unter ihrem Stand. Doch der Earl of Dragmore würde dafür sorgen, dass sie wieder heiratete, und zwar umgehend. Den Tränen nahe, ließ sich Regina auf ein großes rotes Sofa fallen. Wenn sie darüber nachdachte, würde sie das letzte Fünkchen Selbstbeherrschung verlieren. »Du musst ihn dazu bringen, mir zu helfen. Andernfalls werde ich durch die ganze Stadt laufen und mir selbst einen Rechtsanwalt suchen, der natürlich aus meiner Naivität in diesen Dingen großen Nutzen zöge. Aber er wird die Papiere gern ausstellen, auch wenn ich zur Zeit ohne einen Penny dastehe.«
»Du stehst nicht ohne einen Penny da, meine Liebe.« Storm setzte sich neben sie. »Du weißt, du brauchst nur etwas zu sagen. Handelt es sich um einen Streit unter Liebenden?«
»Nein.«
»Habt ihr die Ehe vollzogen?«
Sie zögerte. »Ja.«
»Hat er dich verführt, Regina? Hast du ihn deshalb so überstürzt geheiratet?«
»Nein.«
Storm blickte sie verwundert an. »Ich kenne dich nun schon dein ganzes Leben lang, meine Liebe. Das hier hätte ich deiner Schwester Nicole zugetraut, aber nicht dir. Obwohl du gewusst hast, wer du bist, hast du ihn geheiratet.
Ich kann mir nur vorstellen, dass du dich in ihn verliebt hast«, meinte Storm behutsam.
»Nein!« Weinend schüttelte Regina heftig den Kopf. »Er sieht so umwerfend aus, dass er mir einfach den Kopf verdreht hat.« Mit feuchten Augen sah. sie von ihren Händen auf. Ihr Vorsatz, nicht mehr zu lügen, machte eine Erklärung schwierig. Der Amnesie konnte sie keine Schuld
Weitere Kostenlose Bücher