Schatten Der Erinnerung
Ohne Regina eines Blickes zu würdigen, stürmte er aus dem Zimmer. Regina erkannte, wie zornig er war.
Rick und Regina blieben allein zurück. Regina war fassungslos und bestürzt. Was hatte Slade so verärgert? Warum brachte es ihn so auf, dass sie Gast in seinem Zuhause sein würde? Eigentlich hatte sie gedacht, er wäre ihr ein Freund. Zu seinem Vater aufblickend, fragte sie: »Was habe ich getan?«
Rick kam um den Tisch -und tätschelte ihr beruhigend die Schulter. »Das hat nichts mit Ihnen zu tun, glauben Sie mir. Sie sind so hübsch und reizend, dass ein Mann blind sein müsste, wenn er das nicht bemerkte. Es liegt an mir.
Wir kommen nicht miteinander aus, das war noch nie anders. Wenn ich etwas möchte, dann muss er mit mir streiten. So war er schon immer, ein dickköpfiger Rebell wie seine Mutter.«
Regina blickte zu dem älteren Mann hoch. Aus seiner Stimme hörte sie Bedauern heraus - und Liebe. Eine Liebe, die er vor seinem Sohn gut zu verbergen wusste.
Kapitel 5
Einige Meilen hinter Templeton gelangten sie zu einer Wegkreuzung, an der sie nach Westen abbogen. Sie kamen an einem weißen Schild vorbei, auf dem in handgemalten schwarzen Lettern MIRAMAR stand. Die drei anderen Schilder waren Wegweiser für den Verkehr: fünf Meilen nach Paso Robles im Norden, 112 Meilen nach Fresno im Osten und zwei zurück nach Templeton im Süden. Nachdem sie abgebogen waren, konnten sie die nach Norden und Süden verlaufenden Eisenbahnschienen nicht mehr sehen. Unendlich viele goldfarbene Hügel umgaben sie, dunkle, mit Kiefern bedeckte Berge stiegen hinter ihnen auf, Habichte kreisten über ihnen und glitten dann hoch hinauf in den leuchtendblauen Himmel. Regina wäre beim Betrachten der Landschaft in ehrfürchtiges Staunen geraten, hätte sie sich nicht in einer solchen Anspannung befunden.
Denn Slade saß neben ihr auf dem Vordersitz eines altmodischen Buggys, der von zwei temperamentvollen braunen Pferden gezogen wurde. Ihr halbes Dutzend Koffer war auf dem Rücksitz hinter ihnen aufgetürmt. Er hatte kein Wort mit ihr gewechselt seit er in ihr Hotelzimmer gekommen war, um das Gepäck hinunterzutragen. Auch hatte er ihr nur ein paar flüchtige Blicke zugeworfen. Deutlicher konnte er sein Mißfallen an ihr nicht zum Ausdruck bringen.
Das Hinweisschild nach Miramar hatte nichts über die Entfernung ausgesagt. Doch auch wenn es nur Minuten von ihnen entfernt wäre, dieses Schweigen konnte sie einfach nicht länger ertragen. »Ihr Vater ist wirklich überaus großzügig«, leitete sie ihren Versuch ein, Konversation zu machen.
Slade erwiderte nichts darauf.
»Ich bin ihm sehr dankbar.« Sie konnte nicht glauben, dass er nicht einmal mit ihr sprechen wollte.
»Das kann ich mir vorstellen.«
Seine Stimme klang höflich, allerdings wenig begeistert. Dennoch atmete sie erleichtert auf. »Er hätte mir seine Gastfreundschaft nicht anzubieten brauchen«, sagte sie.
»Das stimmt. Rick macht nichts, was er nicht will.« Dieses Mal blickte Slade sie mit einem harten Ausdruck an.
»Das klingt fast so, als wollten Sie mich warnen.«
»Vielleicht.«
»Er ist doch Ihr Vater.«
»Als ob ich das nicht wüsste.«
Regina setzte gerade an, ihm zu sagen, dass Rick ihn liebe, ließ es dann aber bleiben. Damit würde sie zu weit gehen. Dieses Thema war viel zu persönlich, um es anzuschneiden. »Ich weiß, dass Sie verärgert sind«, sagte sie sehr sanft. »Es tut mir leid.«
Wieder blickte er sie an. In seinen Augen lag tatsächlich Ärger, aber nicht diese unbeherrschte Wut die sie im Hotelzimmer am selben Morgen bemerkt hatte, unmittelbar bevor er hinausgestürmt war.
»Es tut mir leid«, wiederholte sie bestürzt. »Sie zu verärgern ist das letzte, was ich möchte - nachdem Sie mich gerettet haben.«
Sein Griff um die Zügel wurde noch fester. »Hören Sie auf, so zu reden. Ich habe Sie nicht gerettet, sondern Sie
gefunden und in die Stadt gebracht das ist alles. Wenn ich Sie nicht gefunden hätte, dann ein anderer.«
»Meinen Sie? Vielleicht wäre ich aber auch aufgewacht und herumgelaufen, bis ich umgefallen, möglicherweise sogar gestorben wäre.«
Er spießte sie förmlich mit seinem Blick auf »Ich will Ihre Dankbarkeit nicht.«
»Sie gehört Ihnen bereits.«
Slade starrte geradeaus vor sich hin, über die Köpfe der Pferde hinweg zum blassblauen Horizont. »Verdammt«, sagte er sehr ruhig.
Bestürzt rief Regina impulsiv: »Drehen Sie um! Bringen Sie mich zurück nach Templeton! Das ist schon in Ordnung.
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