Schatten Der Erinnerung
ihrem Schmuck und allem Wertvollen, das sie besaß, ergab, dass nichts außer einem kleinen,' wertlosen Medaillon fehlte. Im Medaillon war eine alte und verblichene Fotografie einer jungen Frau gewesen, aber Regina hatte sie nicht erkannt. Die eingravierten Initialen RS ließen Regina vermuten, dass irgendein Mitglied ihrer Familie es ihr geschenkt hatte.
Sie war verärgert und auch erschreckt. Obwohl sie nichts über das Medaillon wusste, war es doch das persönlichste von all ihren Besitztümern, und deshalb empfand sie den Verlust als schmerzhaft. Offenbar hatte das Medaillon einen Wert für sie gehabt, denn sonst wäre es nicht unter ihren Sachen gewesen. Langsam erhob sie sich, ging zu einem Stuhl und sank darauf nieder.
Welchen Grund konnte jemand dafür haben, ihre Sachen zu durchsuchen, wenn er nichts stehlen wollte? Und warum hatte dieser Jemand das Medaillon genommen statt der Armbänder und der Halskette? Es ergab keinen Sinn. Und wer war der Übeltäter?
Victoria hatte nicht am Dinner teilgenommen. Aber Regina konnte sich nicht vorstellen, dass sie herumschnüffeln und stehlen würde. Lucinda mochte sie nicht aber hätte ein Dienstmädchen nicht etwas Wertvolleres entwendet?
Vielleicht war der Dieb jemand, den sie zwar nicht kannte, der aber sie kannte.
Sie schauderte. Jemand war in ihrem Zimmer gewesen, hatte ihre Sachen durchwühlt und damit ihre Privatsphäre verletzt. jemand hatte das Medaillon gestohlen. Sie vermutete, dass dieser Jemand an ihrer Person und nicht an ihren Habseligkeiten interessiert war. Eindringlicher konnte sie gar nicht daran erinnert werden, dass es in ihrem Leben einen wunden Punkt gab. Sie verspürte Angst vor der inneren Dunkelheit in die sie die Amnesie gestoßen hatte.
Regina merkte, dass sie ihre Türen offengelassen hatte und die Lichter im Schlafzimmer brannten. jeder konnte sie aus der Nachtfinsternis draußen beobachten. Mit klopfendem Herzen, durchquerte sie das Zimmer und schloss die Türen. Sie versuchte, sich einzureden, dass sie eine alberne Närrin sei, dass niemand sie beobachte und ihre Einbildung wegen des kleinen Diebstahls verrücktspiele. Aber das nervöse Gefühl in ihrer Brust ließ nicht nach.
Instinktiv wollte sie zu Slade laufen. Er hatte versprochen, sie zu beschützen, und er hatte es ehrlich gemeint. Daß jemand gewagt hatte, sie in seinem Heim zu bestehlen, würde ihn mit Sicherheit verärgern. Seine Stärke käme ihr gerade jetzt von Herzen willkommen. Aber sie würde sich hüten, ihn in seinem Schlafzimmer aufzusuchen. Nicht nachdem er sie gerade so aufgebracht verlassen hatte. Sie führte sich vor Augen, dass derjenige, der herumgeschnüffelt hatte, ihr offenbar nichts antun wollte. Beruhigt war sie deshalb nicht. Morgen würde sie Slade erzählen, was geschehen war.
Slade konnte es nicht länger aushalten, und so sprang er mit einem Satz aus dem Bett. Reglos stand er da, den Kopf zum Hof gewandt. Die Türen waren offen, aber die Fliegengitter aus Gewohnheit geschlossen. Im Zimmer verbreitete eine kleine Lampe schwaches Licht. Draußen herrschte stockdunkle Nacht.
Er war schweißgebadet vor Hitze, aber das lag nicht am Klima. Draußen breitete sich der mitternächtliche Nebel aus. Da sie so nah am Ozean lebten, war das nichts Ungewöhnliches. Die Nacht war kühl, neblig und voller Süße.
Er trug nur kurze Baumwollunterhosen, seine nackte Brust glänzte vor Schweiß. Drei Monate ohne eine Frau, das war mehr Selbstverleugnung, als er ertragen konnte. Vor allem jetzt.
Er schloss die Augen. Jedes Mal, wenn er es geschafft hatte, ihr Bild aus seinen Gedanken zu verdrängen, schob es sich erneut in seine Sinne. Aber dieses Mal dachte er nicht an ihre Augen oder ihr Haar, an ihre Dankbarkeit oder ihre Anmut. Er erinnerte sich daran, wie sie sich an ihn geklammert und ihre Hände um seinen Hals geschlungen, wie sie seinen Kuss mit geöffnetem Mund erwartungsvoll, unerfahren und leidenschaftlich erwidert hatte. Nach einer so langen Zeit der Enthaltsamkeit erregte ihn das Bild sofort. Er konnte diese Vorstellung nicht ertragen.
Auf einmal hörte er ein leichtes Klopfen an seiner Tür und erstarrte, denn er wusste, wer es war - Elizabeth.
Er wünschte, sie ginge weg, und gleichzeitig, dass sie bliebe. Er traute sich nicht eine Bewegung zu machen.
Wieder klopfte es, diesmal hartnäckiger. Zögernd wandte er sich zu den Fliegentüren um. Seine Augen weiteten sich, als er statt Elizabeth Lucinda dort stehen sah.
Lucinda hatte die Fliegentüren
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