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Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger)

Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger)

Titel: Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Norda
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eines eisblau, eines
schwarz wie die Nacht. Ihr schlanker graziler Körper war in ein wallendes,
graues, bodenlanges Kleid gehüllt. Ihr strenger, aufmerksamer Blick wanderte
zwischen Richard und mir hin und her, als würde sie in unsere tiefste Seele
blicken.
    Richard machte einen tiefen Knicks
bis seine Knie den Boden berührten. Die darunter befindlichen Grashalme wurden
umgeknickt und bereiten sich wie ein großer Fächer aus.
    »Seid gegrüßt Beobachterin«, sagte er
mit ehrfürchtiger Stimme.
    Ein kühles Lächeln zeichnete sich auf
ihrem Gesicht ab. Der Anblick, der sich ihr bot, schien sie zutiefst zu
befriedigen.
    »Ach Richard«, seufzte sie. Ihre
Stimme war schneidend, klang fast gespenstisch. Kein Funken Menschlichkeit fand
sich darin. Sie hatte etwas Diktierendes und zerschnitt die Luft wie ein Schwert.
»Ich dachte es würde genügen, wenn wir uns einmal in deinem Leben sehen. Die
Ehre einer zweiten Begegnung übersteht nicht jeder.«
    Ihr Blick, der eben noch fest auf
Richard geheftet war, schwenkte zur mir hinüber. Sie betrachtete mich mit ihren
gespaltenen Augen und ich wusste nicht, wohin ich blicken sollte.
    »Und wer ist euer Freund?«
    Ihre Stimme ließ meinen gesamten
Körper erzittern. Ich spürte, wie sich meine Nackenhaare aufstellten und eine
Gänsehaut meine gesamte Haut befiel.
    »Er ist mein Schützling. Er hat
nichts mit der Sache zu tun!« Die Worte schienen nur mühsam Richards Kehle
verlassen zu können. Er hatte offensichtlich große Schwierigkeiten, genügend
Luft zu bekommen. Immer wieder griff er sich an den Hals, als würde er
versuchen, einen imaginären Krawattenknoten zu lockern.
    »Du scheinst ja genau zu wissen,
warum ich hier bin.« Ein grausiges Lachen entfuhr ihrer Kehle und ließ die
Fensterscheiben des Hauses vibrierten. Ich hoffte inständig, dass die anderen
beiden blieben wo sie waren, denn das diese Situation Gefahr bedeutete, war
nicht zu übersehen.
    »Nun denn Jüngling, auch wenn du neu
bist in der unseren Welt, gebietet sich doch ein gewisser Anstand«, sprach sie
und ihre Stimme dröhnte nicht nur durch den Garten sondern auch durch meinen
Körper.
    Ich spürte, wie ihre Worte, der Klang
ihrer Stimme, Besitz von mir ergriff. Tonnenschwere Gewichte schienen auf
meinen Schultern zu lasten. Meine Knie wurden weich. Ich versuchte meinen
Körper zu verkrampfen und dem Druck nicht nachzugeben.
    Mit starrem Blick sah sie mich an.
Schweißperlen bildeten sich auf meiner Stirn und sammelten sich tropfend an
meiner Nasenspitze. Jeder Muskelstrang war zum Zerbersten gespannt. Mit jeder
Sekunde, die sie mich anstarrte, wurde der Druck, das Gewicht immer größer bis
schließlich meine Beine nachgaben und ich laut schnaufend auf den Knien
landete, direkt neben Richard.
    Ich versuchte sie anzusehen, den
Blickkontakt aufrecht zu erhalten. Sie konnte mich in die Knie zwingen, aber
meinen Willen würde sie nicht brechen.
    Die zehn Begleiter die sie
mitgebracht hatte, verzogen bei dem gesamten Schauspiel keine Miene. Wie
Statuen standen sie um uns herum und vom Boden aus betrachtet wirkten ihre
Erscheinungen noch bedrohlicher. Ein Gericht, dessen Urteil bereits gefällt
war.
    Was hatte ich nur getan? Ich hatte
uns nicht nur in Gefahr gebracht, ich hatte uns ans offene Messer geliefert.
Ich hatte damit gerechnet, dass mein Handeln Konsequenzen nach sich ziehen
würde. Dass es allerdings so schnell und mit dieser Gewalt über uns
hereinbrechen würde, damit hatte ich nicht gerechnet.
    »Habe ich mich nicht klar genug ausgedrückt?
Ich sprach von gebührendem Anstand.« Ihre Stimme war so schrill, so
dominant, dass ich das Gefühl hatte, mein Kopf würde zerspringen.
    Das Gewicht auf meinen Schultern
breite sich immer weiter aus und nun war auch mein Nacken beladen, als würde ein
Zentner auf ihm thronen. Mit unüberwindlicher Kraft drückte es meinen Kopf nach
unten und alles was ich sah, war das plattgedrückte Gras auf dem Boden.
    Demütig und gebrochen knieten wir vor
den Fremden. Ich konnte das Gesicht, den Ausdruck der Frau nicht mehr erkennen,
aber ihre Haltung ließ keinen Zweifel daran, dass ihr das, was sie sah, gefiel.
    »Es gibt keine Entschuldigung für
das, was du getan hast, Richard. Du bist eine Gefährdung für das Gleichgewicht.«
Es klang nicht wie eine Anklage, sondern bereits wie das Urteil. »Du hast über
jene gerichtet, deren Zeit noch nicht gekommen war. Du hast jene beschützt,
deren Ende festgeschrieben stand.«
    Sie setzte sich in Bewegung,

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