Schatten der Liebe
blockiert hatte.
Aber das war ja inzwischen erledigt. Irgendwie mußte sie ihn dazu bringen, ihr zuzuhören. Sie würde ihm klar machen, daß er seine Schlacht gewonnen hatte und daß ihr Vater klein beigab. Matt brauchte nichts weiter zu tun, als seine Pläne dem Ausschuß noch einmal vorzulegen! Da Stuart momentan nicht erreichbar war, tat Meredith das Nächstliegende: Sie marschierte zu ihrem Schreibtisch und wählte Matts Büronummer.
Als seine Sekretärin antwortete, verstellte Meredith ihre Stimme: »Hier spricht - Phyllis Tishler«, log sie, den Namen ihrer Sekretärin benutzend. »Ist Mr. Farrell da?«
»Mr. Farrell ist nach Hause gegangen. Er kommt erst Montag nachmittag wieder ins Büro.«
Meredith blickte auf ihre Uhr und war überrascht, daß es bereits fünf war. »Ich habe nicht bemerkt, daß es schon so spät ist. Ich habe seine Privatnummer im Moment nicht bei mir, könnten Sie sie mir bitte geben?«
»Ich bin nicht befugt, Mr. Farrells Privatnummer herauszugeben«, sagte sie. »Das sind Mr. Farrells Anweisungen.«
Meredith legte auf. Sie konnte nicht bis Montag warten. Und selbst dann war es fraglich, ob seine Sekretärin sie trotz falschem Namen durchstellen würde, ohne zu fragen, worum es ging. Und wenn sie selbst in sein Büro kam, lief sie Gefahr, hinausgeworfen zu werden. Eigentlich war es wesentlich günstiger, wenn sie ihn zu Hause erreichte. Sie wählte die Auskunft, mußte aber erwartungsgemäß erfahren, daß Matt eine Geheimnummer hatte.
Doch Meredith ließ sich nicht so leicht entmutigen. Wenn es darum ging, einen einmal gefaßten Entschluß in die Tat umzusetzen, hatte sie einen eisernen Willen, der in auffälligem Kontrast zu ihrem zarten Wesen und ihrer sanften Stimme stand. Sie zermarterte sich das Hirn, ob ihr nicht jemand einfiel, der Matts Privatnummer hatte und bereit war, sie ihr zu geben. Umsonst.
Dann biß sie sich auf die Lippen. Gut, ihr blieb nichts übrig, als zu Matts Wohnung zu fahren. Die Aussicht, einem zornigen Matthew Farrell gegenüberzustehen, und das auch noch auf seinem eigenen Grund und Boden, jagte ihr zwar Furcht ein, aber Selbstmitleid würde ihr Problem nicht lösen. Also öffnetet sie die Augen und wappnete sich für das, was zu tun war. Sie wußte genau, wo Matt wohnte. Jeder Leser der Chicago Tribune wußte das. In der letzten Sonntagsbeilage waren vier Farbseiten der Wohnung gewidmet gewesen, die sich Chicagos jüngster und reichster Unternehmer gekauft und eingerichtet hatte - in den Berkeley Towers am Lake Shore Drive.
28
Der Verkehr am Lake Shore Drive war um diese Tageszeit so dicht, daß Meredith nur langsam vorankam. Sie hoffte, daß das Wetter, das Zusehens schlechter wurde, kein schlechter Vorbote für ihr Vorhaben war. Graupelschauer hatten den Regen abgelöst, als sie aus dem Parkhaus kam, und der eisige Wind heulte gespenstisch. Vor sich sah sie nur eine lange Schlange roter Bremslichter.
In der Wärme ihres Autos versuchte Meredith sich darauf zu konzentrieren, was sie Matt als erstes sagen wollte - es mußte etwas sein, das seine Wut besänftigen und ihn dazu bringen würde, sie anzuhören. Etwas Diplomatisches. Sehr Diplomatisches. Ihr Sinn für Humor, der in letzter Zeit viel zu kurz gekommen war, setzte sich durch, und einen Augenblick lang sah sie sich an seine Tür klopfen, ein weißes Taschentuch in der Hand, das sie als Friedenszeichen vor seinem Gesicht schwenken würde, sobald er öffnete.
Diese Vorstellung war so absurd, daß sie lächeln mußte, aber ihr nächster Gedanke ließ sie laut seufzen: Bevor sie Gelegenheit haben würde, an seine Tür zu klopfen, würde sie an der unvermeidlichen Sicherheitskontrolle vorbei müssen, mit der alle Luxusapartmenthäuser zum Schutz ihrer Bewohner ausgestattet waren. Wenn ihr Name nicht auf einer Liste erwarteter Gäste stand, würde das Wachpersonal sie bestimmt nicht durchlassen.
Als sie zwanzig Minuten später ihren Wagen vor Matts Apartmenthaus zum Stehen brachte, hatte sie einen Plan entworfen, von dem sie allerdings nicht mit Sicherheit sagen konnte, ob er funktionieren würde.
Der Pförtner kam ihr mit einem großen Regenschirm entgegen, und sie übergab ihm die Autoschlüssel. Dann nahm sie einen großen, dicken Umschlag aus ihrem Aktenkoffer, der Post für ihren Vater enthielt.
In dem Augenblick, in dem sie die luxuriöse Lobby betrat und an den Empfang trat, wußte sie, daß ihre Befürchtungen nicht unbegründet gewesen waren. Der uniformierte Wachmann fragte sie
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